Liebes Olten, Was würdest du sagen: Wie viel Potenzial, das in dir steckt, lebst du gerade?
Ich weiss nicht, wie es dir geht. Aber mich macht das «volle Potenzial leben» nachdenklich. Volles Potenzial heisst für mich nicht «höher, weiter, besser». Das Potenzial ist so individuell wie ich selber.
Wie wir wissen, aktivieren wir uns, wenn der Leidensdruck zu gross wird; oder wenn die Sehnsucht nach Veränderung uns mehr zieht, als dass uns altbekannten Gewohnheiten und Lebensumstände zurückhalten.
Oft werden wir dazu aufgefordert, «grösser» zu denken. Im Sinne von weltweit erfolgreich zu werden statt im Kleinen Veränderungen zu bewirken. Ähnlich wie mit dem Fischer, der Mittags in der Sonne liegt und den Tag geniesst, weil er seine Familie mit seinen Fängen ernähren kann. Der dann jedoch aufgefordert wird, mehr aufzubauen und mehr zu tun, erfolgreicher zu sein, damit er dann wiederum später ein entspanntes Leben hat, was er aber eigentlich jetzt schon hat.
Wie siehst du das?
Reichen dir der Kreuzungspunkt der Bahnlinien, der Treffpunkt «Bahnhofbuffet», der Schweizer Schriftstellerweg, mit seinen rund 70 Hörstationen, der historische Altstadtkern (da geht definitiv noch mehr), die diversen Museen, die aktive Musik- und die äusserst vielfältige Kultur- und Kleinkunstszene, die Jurawände und Steinbrüche etc. aus? Oder hast du Lust, dein Potenzial noch mehr auszuschöpfen?
Vielleicht hilft hier der Vergleich des Blicks von aussen? Es lohnt sich dort genauer hinzusehen, wo es unterschiedliche Wahrnehmungen gibt. Zum Beispiel wirst du trotz deiner, für eine Mittelstadt überdurchschnittlichen Anzahl an kulinarischen Angeboten, in der Aussenwahrnehmung noch nicht als Kulinarik Stadt gesehen. Zu nahe liegen Aarau und Solothurn mit ihrer ausgeprägten Apérokultur. Zu fern das Bewusstsein, dass du als Kultur- und Freizeitstadt sehr wohl deine Reize zu bieten und ein qualitativ hochwertiges und vielfältiges kulinarisches Angebot aufzuweisen hast.
Lebe das, was in dir steckt – aber eben auf deine Weise Ich bin überzeugt, mein Olten, dass in dir viel mehr steckt als du jetzt vielleicht denkst. So viele verborgene Talente, vielschichtige Erfahrungen, viele Macherinnen und Macher, die du für dich nutzen kannst. Und ich glaube auch: Wenn du das alles für dich nutzt, wird dir noch viel mehr möglich als du denkst. Ich glaube, wie man eine Stadt erlebt und welche Schwächen, Stärken und Potenziale man ihr zuschreibt, hängt damit zusammen, wie und zu welcher Zeit man die Stadt nutzt, welche Orte für das persönliche Leben prägend waren und sind, welchen Beruf man ausübt, wie man sich in der Stadt fortbewegt.
small ist beautiful
Die lebenswerten Vorteile einer Mittelstadt gegenüber einer Metropole sind Nahbarkeit, kurze Wege, persönliche Kontakte, kurze Kommunikationswege, einfache Vernetzung alles Vorteile, die du mit dir trägst. Dadurch hast du, mein Olten, das grosse Potenzial zu einer Stadt mit Vorbildcharakter zu werden.
Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es allerdings viel Engagement der Oltner:innen und den Willen, aktiv am eigenen Lebensraum mit zu gestalten. Wir sind es, die eine Stadt prägen und ihr vielfältige Identität und Zukunft geben. Wenn du dein Stadtleben von deinem heutigen Standpunkt betrachtest:
1. Worauf bist du neugierig und was würdest du einfach gern mal ausprobieren?
2. Wie kannst du dich diesem, worauf du neugierig bist, in einem ersten Schritt nähern?
Nimm deine Sehnsüchte war, führe Gespräche mit deinen Bewohner:innen und probiere aus. Du wirst erkennen, was noch in dir steckt. Finde deine eigene Definition davon, was «Potenzial leben» für dich heisst. Dazu, mein Olten, möchte ich dich heute ermutigen.