Ich bin ein Oltner. – Fragt mich jemand, woher ich komme, antworte ich mit Freude: «Vo Oute.» Und erwarte mit Spannung die Reaktion des Gegenübers, die nicht selten mit einem etwas mitleidigen oder ungläubigen Unterton einhergeht. «Olten, wirklich? Immerhin habt ihr ein berühmtes Bahnhofbuffet.»
Als Oltnerin oder Oltner kennen Sie das bestimmt, oder? Ich denke dann für mich: immerhin das Bahnhofbuffet. Und habe Mitleid mit meinem Gegenüber, weil es die herzige Altstadt, die lebensfrohe Kirchgasse oder die coole Badi höchstens vom Hören her kennt.
Ich bin eben ein Oltner! – Und das hätte ich auch nicht hinterfragt, wäre da nicht die Anfrage des «OT» als Kolumnist für «Mein Olten» gekommen.
Plötzlich hege ich Zweifel. Bin ich Oltner genug, um hier schreiben zu dürfen? Was macht mich überhaupt zum Oltner? Gibt es Regeln, Vorgaben, ein Rezept? Oder fungiere ich hier vielleicht bloss als Zugezogener, den nur der Wohnsitz zum Oltner macht?
Sie haben mich erwischt! Ich bin ein Zugezogener. Ich bin zwar im Oltner Kantonsspital geboren, aber im Gäu aufgewachsen. In Kestenholz. Und das ist von Bedeutung, warum es mich nach Olten verschlagen hat. Die Buslinie 505, die heute bis nach Oensingen führt, endete damals in Kestenholz. Zum Abendverkauf und Lädele zog es meine Familie deshalb nach Olten statt nach Solothurn.
Als Kind war ein Schnipo im Selbstbedienungsrestaurant im Nordmann ein Highlight. Und doch war mir Olten damals fremd, weit weg, irgendwie angsteinflössend. Dass die Leute nur selten zurückgrüssten, wenn ich ihnen ein «Grüessech» zuwarf, fand ich seltsam. Und wer in Olten die Kanti besucht, muss zwangsläufig im Drogensumpf enden, dachte ich zumindest.
Und nun – ein paar Jahrzehnte später – sinniere ich darüber nach, ob ich wirklich ein Oltner bin. Gut, in und um Olten leben die meisten meiner Freunde. Mit meinem besten Freund habe ich vier Jahre in einer WG gewohnt – mal rechts, mal links der Aare. In den Ausgang ging es ins «Metro», in die Schützi, ins «Vario», in die Hammer-Bar. Zu meinen Lieblingsbeizen gehörte Hubis Mühli und meine Lieblingspizza geniesse ich bei Bruno im Gäubähnli.
In Olten habe ich vor langer Zeit das Lehrerseminar besucht. Beim «OT» habe ich als freier Mitarbeiter in die Tasten gegriffen. Habe über Konzerte, Ausstellungen und Politanlässe geschrieben. Nach einem Abstecher nach Solothurn wohne ich mit meiner Familie seit mittlerweile 15 Jahren im Schürmatt-Quartier.
Ein herrlicher Flecken. Meine Tochter ist hier aufgewachsen und besucht hier die Schule. In der Badi ziehe ich meine Längen und im Gheid mache ich meine Runden. Bloss, ich bin kein Eisenbahner, kein Vereinsmeier und auch kein Fasnächtler. Viel zu selten bin ich an den Kabarett-Tagen, in den hiesigen Museen oder in der Aare. Und mein Bürgerort ist einzig Kestenholz.
Bin ich also ein Oltner? Während ich noch nach der Antwort grüble, erlöst mich meine Tochter von meinen Zweifeln. «Ausgerechnet du, Papi, kein Oltner?», prustet sie los. Und schiebt grölend ein «Hopp Oute!» hinterher. Natürlich, der EHCO. In den letzten 26 Jahren habe ich möglichst kein Heimspiel verpasst. Und noch mehr Spass macht es, seit auch meine Tochter bei den Grün-Weissen mitfant und mitfiebert.
Was also macht uns – macht Sie – zum Oltner, zur Oltnerin? Für mich habe ich die Antwort gefunden: Es gibt keine Regeln, keine Vorgaben, kein Rezept. Es ist eine Herzensangelegenheit, ein Bauchgefühl, ein Bekenntnis. Es sind die Menschen und Freunde. Ich lebe einfach gern in Olten. Hier fühle ich mich wohl. Deshalb bekenne ich: Ich bin ein Oltner!