Mein Olten
In Basel geht das Grauen um: Bald das neue Olten?

Thomas Knapp
Thomas Knapp
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Treuer Herbstbegleiter und deswegen immer wieder im Gespräch: der Nebel.

Treuer Herbstbegleiter und deswegen immer wieder im Gespräch: der Nebel.

OLT

Aufregung in Basel. Die Leserbriefspalten in der BaZ haben in letzter Zeit nur ein Thema: den Nebel. Die Menschen sind tief besorgt, weil an manchen Tagen die Elisabethenkirche nur noch schemenhaft zu erkennen ist. Eine Leserin schreibt: «Nebelschwaden wie in einem Edgar-Wallace-Film. Nebel, als wären wir in London. Oder, noch schlimmer: in Olten.»

Und eine BaZ-Headline drückt sprichwörtlich das Grauen vieler Baslerinnen und Basler aus: «Wird Basel das neue Olten?»

Der fehlende Fricktaler Wind sei schuld am vielen Nebel. Der «Nebelfresser» scheint gesättigt. Er bläst viel zu schwach und wohl auch in die falsche Richtung.

Schadenfreude bleibt aus

Wir empfinden keine Schadenfreude, liebe Baslerinnen und Basler. Wir lieben nämlich unseren Nebel. Auch wenn er sich in den vergangenen Jahren augenscheinlich verzogen hat. Das geht aus den Aufzeichnungen von Karl Frey hervor. Fast zeitlebens und täglich hat der Oltner Wetterpapst – der 2017 im Alter von hundert Jahren verstorben ist – seine Beobachtungen akribisch auf Papier festgehalten. Seine fundierten meteorologischen Kenntnisse sind regelmässig im «Oltner Tagblatt» erschienen. Keiner kannte die Witterungslage im und ums Städtchen besser.

Alex Capus kennt den Nebel von Kindesbeinen an. Im Bändchen «Der König von Olten» widmet er ihm eine Geschichte. «Von Oktober bis November liegt er oft dicht wie Watte über der Aare und in den Gassen der Altstadt – so dicht, dass die Menschen nicht die Hand vor den Augen sehen und sogar die Tauben zu Fuss nach Hause gehen.»

Ein schönes Bild. Wir verehren diesen geheimnisvollen Schleier, auch wenn er nicht mehr so schwermütig auf der Oltner Seele lastet wie früher. Und dem spärlichen Hochnebel, der sich gelegentlich zwischen Froburg, Born, Engelberg und Säli ausbreitet, sehen wir gelassen entgegen.

Aufkommende Homochlophobie

Nicht so in Basel. Dort scheint man seit Wochen wegen des bisschen Nebels und des gesättigten «Nebelfressers» im Fricktal an Homichlophobie zu leiden. Die übertriebene Angst vor Nebel hatten die Basler schon vor rund hundertsechzig Jahren, als die Schweizerische Centralbahn von Olten aus dem Tunnel Richtung Basel bohrte. Jenseits des Juras glaubten die Leute allen Ernstes, der Oltner Nebel würde nun durch den Tunnel ins sonnige Baselbiet abfliessen.

Bekanntlich ist das nie passiert – und wird auch nie passieren. Wir haben inzwischen so wenig Nebel, da wollen wir ihn nicht nach Basel exportieren. Wir sehen heute meist immer die Hand vor Augen und die Tauben fliegen auch an nebligen Tagen wieder. Nur ganz selten liegt er dicht wie Watte in den Gassen. In diesen Momenten breitet sich ein merkwürdiger, unnatürlicher Nebel vom See respektive von der Aare her übers Städtchen aus, wie im Horrorfilm «The Fog – Nebel des Grauens».

Im Nebel des Filmklassikers befinden sich die Geister von ermordeten Seeleuten, die Rache für die an ihnen begangenen Schandtaten nehmen wollen. In Olten gibt es aber keine Seeleute – und damit auch keine Schandtaten an ihnen.

Sollte Basel aber tatsächlich Olten als «grösstes Nebelloch» (Zitat aus der Restschweiz) ablösen, hätten wir ein Problem. Dann müsste ich Kino-Koni fragen, ob er im Oktober und November in Endlosschleife «The Fog» zeigen würde. Ein LEBEN ganz ohne NEBEL ist in Olten nicht vorstellbar! Man kann es drehen und wenden, wie man will.

PS. Eigentlich wollte ich übers Budget 2022 der Stadt Olten schreiben. Das Stimmvolk darf sich am 13. Februar für oder gegen eine Steuererhöhung aussprechen. Noch scheint der Ausgang der Abstimmung nebulös. Wie so vieles im Städtchen.