Am Mittwoch hatte ich meinen ersten Tag als Kulturredaktorin. Ich arbeite nun für das Oltner Tagblatt, die Solothurner Zeitung und das Grenchner Tagblatt – auf den Redaktionen in Olten und Solothurn. Für mich eine grosse Verantwortung in Zeiten, in welcher die Kultur auf verschiedenen Ebenen Umbrüche erfährt, sich neu zu positionieren versucht und sich immer noch nicht wirklich vom Corona-Crash erholt hat.
Aber Kultur ist Mensch und Mensch ist Kultur – ich bin überzeugt davon, dass sie immer wieder neue Wege finden wird. Kunst ist für mich Ort der Transformation und muss dies trotz monetärer Interessen, die überall mitschwingen, unbedingt bleiben. Und atmen lassen sollten wir sie.
Vor sehr langer Zeit habe ich als blutjunge Frau – und bereits schon Mutter eines Mädchens – das «Obersemi», also die letzten beiden Ausbildungsjahre des Lehrerseminars, in Solothurn besucht. Eine wunderbare Zeit war das, an die ich voller Dankbarkeit zurückdenke. Ich hatte die denkbar besten Lehrpersonen und selbst ich als turnerische Null liebte es, bei «Chrigu» in den Sportunterricht zu gehen – ich habe sogar das Freifach «Trendsport» gewählt.
Nie im Leben hätte ich gedacht, dass ich mich traue, im Kanu die Aare zu befahren – die richtige Lehrperson kann wirklich Erstaunliches bewirken. Mein Entwicklungspsychologielehrer stand mir als junge unerfahrene Mutter in Erziehungsfragen stets zur Seite, wenn ich einen Rat brauchte.
An warmen Sommernachmittagen an der Aare sitzen mit meinen Semikolleginnen und -kollegen – einfach legendär. Zugegebenermassen gefiel mir das Obersemi in Solothurn gar etwas besser als das Untersemi in Olten. Ich glaube aber, dass das vor allem etwas damit zu tun hatte, dass wir alle insgesamt älter waren und von den Dozierenden nun definitiv als erwachsene Gegenüber behandelt wurden.
Durch diese guten Erlebnisse geprägt, mochte ich Solothurn als Stadt und auch die Menschen dort sehr schnell sehr gerne, es wurde für mich ein wenig zu einer zweiten Heimat. Wohl auch, weil ich rund vier Jahre lang dort wohnte und meine ersten Versuche als Bühnenkünstlerin dort stattfanden. Mit Damian Meiers «Music Company» hatte ich die Chance, Teil einer coolen Crew zu sein und mich als Sängerin und Tänzerin auszuprobieren.
Irgendwann kam jedoch die Zeit, wieder nach Olten zurückzukehren. Das mit der Bühnenkunst war mir wichtig geworden und ich versuchte mich fast in ganz Helvetien als Künstlerin, reiste von Avenches, wo ich im Amphitheater als Tänzerin in La Traviata fungierte, nach Winterthur, um dort im Casinotheater die ziemlich aufgebrachte Ehefrau «Eva» im experimentellen Stück «die Preisverleihung» zu spielen. Das Leben war schön, aber auch anstrengend.
Am Ende des Tages reiste ich nicht selten nach Olten zurück, manchmal blieb ich auch in der – oft viel zu lauten – Künstlerwohnung. Schliesslich verliess ich mit ungefähr dreissig den Pfad des Theaters. Nicht sehr freiwillig, aber manchmal stehen krumme Wege auf dem Lebensprogramm, die man sich so nicht ausgesucht hätte.
Das kreative Wirken jedoch ist geblieben, bis heute, zehn Jahre später. Nun, bald zwanzig Jahre nach dem Obersemi, ist es mir also vergönnt, wieder regelmässig in die schöne Solothurner Hauptstadt zu reisen. Ich freue mich darüber, als Oltnerin auch dem oberen Kantonsteil wieder etwas näher zu sein und auch dessen kulturelles Leben besser kennen zu lernen.
Und abends, nach getaner Arbeit, lasse ich mich selbstverständlich sehr gerne von der SBB wieder in die Dreitannenstadt zurückfahren.