Wir sollten ihnen danken. Das sollten wir jetzt unbedingt tun. Nicht bloss applaudieren wie dem Pflegepersonal. Applaus hallt nicht lange nach. Wir sollten ihnen ein Denkmal setzen. Angemessen wäre eine Skulptur, zum Beispiel auf der wieder eingezäunten Wiese hinter der Schützi, die derzeit nur Badigästen offensteht. (Das muss halt wieder mal gesagt werden, auch wenn’s in der heutigen Kolumne gar kein Thema ist).
Reden wir über Kunst: Das Projekt «Dere schöne Aare naa» präsentiert noch bis zum Nationalfeiertag Kunstwerke im öffentlichen Raum. Mit Kunst soll man zu den Menschen gehen. Eine gute Gelegenheit, um sie zu motivieren, auch wieder mal das Kunstmuseum zu besuchen. «Remonte!» von Otto Charles Bänninger wurde am 25. Mai 1961 am westlichen Ende der Bahnhofbrücke aufgerichtet. Das Kunstwerk ist so alt wie ich – deshalb habe ich wohl eine spezielle Beziehung zu Ross und Reiter. Derzeit trägt der Jüngling einen altmodischen roten Badeanzug. Die Künstlerin Marion Strunk liess sich von «Tadzio» in Viscontis Film «Der Tod in Venedig» leidenschaftlich inspirieren. Dank des roten Gwändli erhält «Remonte!» schweizweit fast mehr mediale Aufmerksamkeit als in den sechzig Jahren zuvor. Kunst soll Debatten auslösen und zum Nachdenken anregen, auch wenn manche Leute dabei rotsehen.
Vorausdenken ist auch nicht verboten. Suva-konform seien sie, die beiden orangefarbenen Ein- und Ausstiege im Chessiloch von Markus Weiss. Weiss Weiss, der Künstler, dass es gerade dort – an diesen wirbligen Stellen – keine gute Idee ist, in die Aare einzusteigen? Zum Glück gibt’s ein Warnschild und eine rot-weiss geringelte Plastikkette, die allerdings kein Hindernis darstellt. Ein Vater war jüngst mit seinem Buben im Chessiloch. Der Dreijährige kann nicht lesen, aber klettern. Der Vater erzählte mir mit sorgenvoller Miene, dass er seinen Buben leider kurz aus den Augen verloren habe, weil sein Blick zum versunkenen «Franzos» schweifte. Der Knirps kletterte in diesem unbeaufsichtigten Moment flink über die orangefarbenen Sprossen. Mit seinem linken Füsschen habe er bereits den Wasserspiegel berührt. Kunst kann gefährlich sein, wenn sie als solche nicht gleich erkannt wird.
An schönen Abenden betrinken sich grössere Buben an vielen Orten im Städtchen gern mit Wodka aus PET-Flaschen und Billigbier. Zerschlagene Gläser, zerquetschter Plastik und manch braune Tüte des Fast-Food-Riesen landen auf Wiesen, im Gebüsch, auf Strassen und Plätzen. Ja, wir sollten ihnen wirklich danken. Das sollten wir jetzt unbedingt tun. Deshalb fordere ich für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Werkhofs ein Denkmal auf der wieder eingezäunten Wiese hinter der Schützi. Eine Skulptur aus Abfällen soll’s sein, kunstvoll in Szene gesetzt. Als Auftragsarbeit des Stadtrats gestalten Kunstschaffende durchs ganze Jahr hindurch dieses Littering-Denkmal. Und die grossen Buben und Mädchen, die Wodka aus PET-Flaschen saufen, das Glas des Billigbiers zertrümmern, die braunen Tüten mit Pommes-Resten und halb vollen Ketchup-Verpackungen zurücklassen, sie können mit ihrem Abfall, unter Anleitung der Kunstschaffenden, zum Kunstwerk beitragen. Selbst Kondome, Schutzmasken und Binden der noch grösseren Buben und Mädchen dürfen – natürlich unter Einhaltung strikter Hygieneregeln – kunstvoll entsorgt werden.
Wenn die Abfallsünder sich dieser Kunst öffnen, dann bleibt so manch anderer Ort im Städtchen von allerlei Unrat verschont. Kunst macht eben vieles möglich! Nur für die menschlichen Fäkalien, die neben dem Kulturzentrum manchmal liegen bleiben, gibt’s keine Verwendung im Littering-Kunstprojekt. Der Stuhlaustritt erfüllt nämlich nicht mal die Mindestanforderungen für Scheisskunst. Gibt’s jetzt noch Fragen, weshalb wir den Werkhof-Leuten endlich danken sollten?