Mitten in den wohligen Winterritualen erscheint eine neue Oltner-Erkenntnis: Schreibt man weihnachtlichen Bräuchen eine grosse Bedeutung zu, wäre Olten die Weihnachtsstadt schlechthin.
Warum gibt es in der Dreitannenstadt keine zentral gepflanzten Tannen? Pünktlich zum ersten Dezember kam mir diese Frage, zusammen mit dem alljährlichen Erschrecken, wie schnell das Jahr vorbeigerast ist. Der Sommer ist in unerreichbarer Distanz – der letzte und nächste gleichermassen.
Solche Gedanken tauchen auf, sobald die Zeit der Lichter und warmen Tassen beginnt, Nasenspitzen kalt und Gesichter gerötet werden, sobald Decken über Beine oder Schultern gelegt, Hände an Feuerstellen oder warmen Getränken gewärmt werden und der Lebkuchen im Ofen die Küche in einen herrlichen Duft hüllt. Mitten in den wohligen Winterritualen erscheint eine neue Oltner-Erkenntnis: Schreibt man weihnachtlichen Bräuchen eine grosse Bedeutung zu, wäre Olten die Weihnachtsstadt schlechthin.
Nach und nach wurden in den letzten Jahren in Olten ganz eigene Weihnachtstraditionen etabliert und zelebriert. Wer zuhause keinen Schokoladenadventskalender hat, kann das tägliche Zückerchen (oder eben Schöggeli) mit den 23 Sternschnuppen kompensieren. Ab heute werden Abend für Abend in der Schützi oder Stadtkirche kulturelle Überraschungen geboten. So werden kleine Happen Kunst, Musik, Literatur und Spass in den letzten Monat des Jahres eingebettet.
Wir finden Raum, um zu geniessen, und einen Moment, um uns verzaubern zu lassen. Wer die kalten Abende nicht zuhause verbringen möchte, trifft sich (vielleicht anschliessend an die Sternschnuppen) auf der Kirchgasse, wo sich das Adventsdorf nun zum zweiten Mal ausbreitet. Hier füllt man sich Bauch mit warmen Getränken, Herz mit Begegnungen und erfreut sich an Kitsch und Klang, Krimskrams und Karussell.
Nebst diesen beiden Anlässen, die Seele und Herz erwärmen, findet kommendes Wochenende schon zum 6. Mal die eisigste Veranstaltung des Jahres statt: Der St. Nikolausschwumm geht definitiv über das Gemütliche der Vorweihnachtszeit hinaus, wenn sich Wagemutige bei tiefen Temperaturen in die kalte Aare wagen. Aus all dem schliesse ich, dass Oltnerinnen und Oltner ganz besonders fasziniert sind vom vorweihnachtlichen Treiben.
Faszination für diese sonderbare Zeit ist absolut verständlich: Die Wochen im Dezember beinhalten das Balancieren von letzten Abgaben, Prüfungen und grossem Stress in der schwer ertragbaren Dunkelheit – und sollen irgendwie vereinbart werden mit gemütlichem Keksebacken und abendlichem Glühwein.
Kerzenschein und warme Socken machen den Stress erträglich und die Verpflichtungen sorgen umgekehrt dafür, dass wir uns nicht im Rausch der kindlichen Freude an Weihnachtsmärkten und deren Dekorationen vergessen.
Aber zurück zum ursprünglichen Gedanken: Olten wird als die Dreitannenstadt bezeichnet. Doch dafür sind Tannen sehr unterrepräsentiert – ausser eben an Weihnachten. Schon bald füllen Tannenbäume Vorplätze von Lebensmittelgeschäften und werden in Wohnzimmern reichlich geschmückt.
Zudem gibt es nun einen riesigen Tannenbaum in der Kirchgasse. Menschen kaufen sich ein abgeschnittenes Bäumchen, um sich einige Tage daran zu freuen. Allerdings haben wir keine richtige Stadttanne – geschweige denn drei davon.
Und wie cool wäre es einfach, wenn wir in der Stadt drei Tannen hätten. Sie würden das ganze Jahr hindurch grün leuchten, würden im Sommer Schatten bieten, Gutes zum Stadtklima beitragen und in der Adventszeit könnten wir sie gemeinsam schön schmücken. So bräuchte man die Bäume nicht abzusägen, sondern könnte sich an den eigenen Stadttannen erfreuen. Wenn das zu einer Stadt passen würde, dann doch zu der weihnachtsbegeisterten Dreitannenstadt.