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Olten
Der einheimische Künstler Jörg Binz stellt erstmals im Kantonsspital Olten aus. Sein Freund, der Mundartautor Pedro Lenz, hielt die Vernissage-Rede.
Liebe Jörg Binz,
sehr geehrti Damen und Herre,
liebi Aawäsendi,
liebi Kunschtfründinnen und Kunschtfründe,
härzlech gueten Oobe mitenang
und härzlech wüukomme do im Spitau Oute
wüukomme zu dere Vernissage,
wo ne breiten und vüufäutigen Iiblick git
i ds Wärk vom Outner Kunschtmoler Jörg Binz.
Für e Jörg Binz
isch ds Spitau ke frömden Ort,
är kennt das Huus nid nume
aus Usstelligsort,
aber es isch nim zwiifulos lieber,
dass er hütt und dohie
sini Büuder cha usstöue,
aus wenn er wäge körperleche Bräschte
im Spitau müesst verwiile.
Es Spitau isch e guete Platz
zum Kunscht usstöue
und zum Kunscht aaluge.
Und am Jörg Binz sini Kunscht
isch immer e guete Grund
zum e Vernissage bsueche.
Eigetlech müesst i hütt am Oobe
mindeschtens drü Rede haute,
eini, für die, wo der Jörg-Binz kenne,
eini für die, wo der Jörg Binz nid kenne
und eini für die, wo meine,
si kenni der Jörg Binz.
Der Binz isch drum e Künschtler,
wo mäng eine meint z kenne,
wöu er vilecht mit nim
irgendnöimen ir Stadt,
irgendeinisch ire Nacht,
es Glas Wi het dörfe ha.
Mäng eine meint,
är kenni der Binz,
wöu me nen aube
uf der Stross gseht
oder im Hammer-Migros
oder im Café Ring,
wo ner übrigens gägewärtig sogar
ar einte Wang hanget
portraitiert vo sim Outner Molerkolleg,
em Vincenzo Cosentino.
Mäng eine meint,
är kenni der Binz,
wöu der Binz ne vilecht
meischtens grüesst ir Stadt,
aber grüesse heisst no nüt,
z Oute grüesse vüu,
z Oute grüesse fasch aui,
z Oute grüessen eim ou die,
wo me nid kennt.
Drum sägenis jo:
der Jörg Binz gseh,
wi ner immer elegant
und immer ufrächt
dür Oute flaniert -
oder der Jörg Binz kenne,
das si zwöi paar Schueh.
Wär der Binz e chli wott kenne,
darf nid nume d Figur Binz kenne,
nid nume der Dandy gseh,
nid nume der Philosoph,
nid nume der Flaneur,
nid nume der Gniesser
und Charmeur und Bohèmien,
vor Ouge ha, nei,
wär der Binz wott kenne,
muess i sine Büuder läse.
Wär der Binz e chli wott kenne,
muess dri ine luege,
töif ine luege
i d Zerbrächlechkeit vo sine Büuder,
i d Melancholie, i truurig Humor
wo us mängem vo sine Büuder schiint,
wär der Binz wott kenne,
muess ine luege,
i d Zärtlechkeit vo sine Büuder
und i d Verletzlechkeit,
wo düre schiint,
dür aues won er macht.
Wär der Binz e chli wott kenne,
muess genau häreluege zum gseh,
wi der Binz zum Bischpüu
e Struusse-Vogu moolet
und de uf dä Struuss ueche
no ne Riterin mit Peitsche,
wi wenn er mit dere Ritere
nume wett ablänke vo däm Blick
vo däm iidringleche Blick vom Struuss,
wo der Betrachter fixiert,
und wo ne no meh verwirrt
aus di Riterin uf sim Rügge.
Immer wieder begägne mer
bim Binz sine Büuder
söttigne Verwirrige,
Eigenartigkeite, Details,
Verschiebige vor Norm,
Abgründ, Doppudütigkeite.
Und gliichzitig heimers jederzit
mit Büuder z tüe,
wo guet zuegänglech si,
wo jede cha verstoh,
wo Spontanität, Emotione
und Inschtinkt usdrücke.
Der Binz isch drum
ke berächnende Künschtler,
är isch nid e mou
e rächnende Künschtler,
wenn me bi ihm im Atelier,
es Büud gseht, wo eim gfaut
und frogt, was es choschtet,
cha eim der Binz meischtens
ke Priis für das Büud säge:
«I weiss doch nid!» seit er de,
so dass me grad merkt,
dass er sech no gar nid überleit het,
was er für das beträffende Büud
ungefähr chönnt verlange.
Är molet, wöu er muess,
nid wöu er öppis wott erreiche,
nid wöu er süsch nid wüsst was mache,
nei, är molet wöus ne tribt,
wöu er öppis gseht
oder öppis ahnet,
oder öppis gspürt,
wo ne zwingt,
en Usdruck z sueche.
Ohni jetz i d Details
vom Jörg Binz sire Chindheit
und sire Jugend wöue z go,
cha me säge, dass är zwifulos
zu dene Künschtler ghört,
wo scho ir Chindheit gwüsst hei,
dass es für si nume dä Wäg git.
En angere Pruef aus Kunscht,
wär für e Jörg nie i Frog cho.
Und ou wenn der Binz
en umgängleche Mönsch isch,
wo gärn lachet und gärn
mit sinen Arme kreistet bim rede,
isch er nie so emotionau,
so begeischteret oder so enttüüscht,
so glücklech oder so verärgeret,
wi wenn er über Kunscht redt.
Nie isch er so emotionau,
wi wenns um Kunscht geit.
I ha scho erläbt,
wi ner richtig verruckt isch worde,
zornig und hässig wöu öpper,
wo ke molerischi Begabig het,
einisch bi üs am Beizetisch
isch cho säubergmooleti Büuder
zum Verchouf aabiete.
«Fürchterlech!»,
het de der Binz gseit,
«ganz, ganz schlimm,
gang wägg mit däm Glump!»
«Lo doch dä!»,
han i denn dörte,
der Binz versuecht z beruhige,
«dä darf doch
mit sire Kunscht husiere,
das tuet doch niemerem weh!»
«Mou, mir, mir tuets weh!!
Lueg doch das aa,
das isch aus zäme lausig!
So öppis isch schlimm,
öpper muess doch däm säge,
dass er nid cha mole,
süsch molet dä no lang!»
Und genau eso,
wi der Moler Jörg Binz
wäge schlächter Kunscht
sehr emotionau cha wärde,
genau eso,
cha nen ou gueti Kunscht
sofort emotionau bewege.
Är wird de meischtens
ou bi Sache wo nim gfaue,
sehr schnäu sehr lut und seit
so Sache wi: «Irrrsinnnig!»
«Das isch eifach irrrrrrsinnnig!!»
Und wenn er vore Reis zrügg chunnt,
de redt der Binz nid wi angeri
über ds Wätter,
über ds Ässe,
über d Bierpriisen oder
über d Landschaft.
Nei, der Binz verzöut
vo den Usstellige,
vo de Galeriie,
vor Architektur
und vo de Musee,
won er isch go luege,
lot sech d Näme
vo de grosse Moler
uf der Zunge lo vergo
und seit immer wieder:
«Irrsinnig dä Bacon!
Irrsinnig dä Balthus!
Irrsinnig dä Velazquez!»
Är het grosse Reschpäkt
vor der Kunschtgschicht
und vor de grosse Moler,
aber gliichzitig gschpürt er ou,
dass sini eigeti Kunscht
nid wit wägg isch vo dere,
wo ne derewä ufwüeuht.
Der Jörg Binz weiss um sini Begabig,
töif im Innerschte weiss er,
dass er sehr guet isch
und är haderet trotzdäm
immer wieder mit em Schicksau.
Di chliini Differänz
zwüsche däm, won er sech vornimmt
und däm, won er uf d Liinwang bringt,
isch si ständig Motor.
Wär einisch ds Privileg het gha,
sech vom Binz dörfe lo z portraitiere,
het no öppis angers chönne feschtstöue:
Der Binz isch fasch nie zfride,
är ringt ständig mit sech säuber,
wi di meischte grosse Künschtler,
isch er ou vou vo Säubschtzwiifu und
ständig tribe vom Gedanke,
är müesstis eigetlech besser chönne.
Derbi, und das gseht jede säuber,
wo do dür di Usstellig louft
liebi Vernissage-Bsuecher,
derbi isch i dene Büuder aues
wo Kunscht usmacht,
Ästhetik, Form, Ärnschthaftigkeit,
Zwiifu, Ironie, Humor, Töiifi
Gheimnis und Schönheit - oder -
zums ir Sproch vom Jörg Binz säge:
Är isch eifach irrrsinnig!
Pedro Lenz
«Är molet, wöu er muess / nid wöu er öppis wott erreiche / nid wöu er süsch nid wüsst was mache / nei, är molet wöus ne tribt / wöu er öppis gseht / oder öppis ahnet / oder öppis gspürt / wo ne zwingt / en Usdruck z sueche.» So charakterisiert Mundartautor Pedro Lenz seinen Freund und Kunstmaler Jörg Binz in seiner Vernissage-Rede, die er gestern Abend vor rund 150 Gästen im Restaurant des Kantonsspitals Olten hielt. «Ich bin viel in seinem Atelier», sagt Lenz und bezeichnet ihn als einen der «interessantesten Maler», weil er auch das Abgründige darstellt.
Das macht Binz etwa in seinem Bild mit dem Titel «Die Geheimnisse des Mister X», auf dem er einen bekleideten Männeroberkörper mit einem nackten Frauenunterleib zeigt (auf dem Foto ganz links) und so den Interpretationen des Betrachters freien Lauf lässt. In seiner ersten Ausstellung im Kantonsspital Olten, die frei zugänglich ist und bis zum 14. Dezember dauert, gibt es einen Querschnitt aus seinem Schaffen zu sehen: 80 Bilder aus den 1970er-Jahren bis heute mit Techniken wie Aquarell, Bleistift oder Öl können in den Gängen und im Restaurant angeschaut werden. Darunter gibt es Aktbilder, Selbstporträts, aber auch ein Bild von seinem Freund Pedro Lenz.
Sie seien sich «auf Anhieb sympathisch» gewesen, sagt der 74-jährige Binz über den 21 Jahre jüngeren Künstlerfreund. Sie hätten einfach einen «guten Draht» miteinander, erwidert Lenz. Auch Letzterer hat ihn schon in einem Werk verewigt: Im Mundartroman «Di schöni Fanny» ist eine der beiden Maler-Hauptfiguren von Binz inspiriert.