Diese Momente brachte der Rummel ans Tageslicht. Die besten Eindrücke der vergangenen Tage.
Die Oltner Chilbi feiert nach zweijähriger Absenz ein gelungenes Comeback. Obwohl das eigentliche Highlight fehlte, amüsierten sich die Chilbibesuchenden zu Tausenden bei Spiel, Spass, Speise und Trank.
Der Name: harmlos. Die Wirkung: überraschend nachhaltig. Gleich in zweierlei Hinsicht. Zum Ersten bringt mich Swing up, so heisst die Bahn nämlich, ins Schwitzen. Obwohl ich während der Fahrt nichts anderes zu tun habe als meine kürzlich verspeiste Glace und die Marzipanorange irgendwie im inneren Gleichgewicht zu behalten. Und zum Zweiten habe ich beim Aussteigen etwas Mühe, das eine Bein kontrolliert vor das andere zu setzen.
Denn was von aussen so harmlos wirkt, ist es offenkundig nicht. Die Bahn variiert Tempo und Höhe. Und während der erste Lichtmast noch an meiner Gondel vorbei kegelt, kracht schon der nächste vermeintlich über mich herein. Nach einer knappen Minute ist mein Verstand endlich soweit vorgedrungen, dass ich mir sagen kann: «Du krachst nicht in die Lichtermasten. Das sind nur Täuschungen.» Ich atme auf, bleibe aber von Rückfällen nicht verschont.
Die Holperfahrt dauert eine gefühlte Ewigkeit, in Wirklichkeit vielleicht drei, vier Minuten. Schon befürchte ich, der Mann am Schalter finde den Halteknopf nicht mehr, der mich erlösen könnte. Da passierts. «Swing up» macht auf «swing down» und hält schier unvermittelt. Ich prüfe, ob ich mein Schreibgerät noch in der Brusttasche und der Hausschlüssel noch in der Hosentasche steckt.
Dass ich jetzt vier Franken leichter bin: geschenkt. Ich hab wieder sicheren Boden unter den Füssen. Das ist deutlich mehr wert.
Wir haben Lucia Schürmann auf der Mühlegasse getroffen. Die Oltnerin sprach von ihrer langjährigen Chilbi-Erfahrung.
Glace in Chügeli-Form: Etwas, dass es in Olten, aber auch in der Schweiz noch nicht lange gibt. «Wir sind die Ersten in der Schweiz, die Chügeli-Glace verkaufen», erklärt die Verkäuferin des Allschwiler Unternehmens «Ice'n'go Schweiz». Erfunden wurde sie in Ungarn.
Die schockgefrorenen Kügelchen gibt es in diversen Geschmacksrichtungen. Besonders beliebt sei Kaugummi oder Zuckerwatte. Doch verkauft werden auch herkömmliche Sorten wie Vanille oder Erdbeere. Im Geschmack ist die Glace mit Zuckerwattengeschmack etwas künstlich. Gut ist sie trotzdem.
René Biacchi hat gut lachen. Seit genau vier Jahrzehnten besucht er mit Mandeln und Marzipanspezialitäten der Confiserie Biacchi aus Zürich die Oltner Chilbi. Sein Fazit: «Für mich ist die Chilbi hier eigentlich immer gleich, gleich positiv», meint er. Am besten verkaufen sich Mandelprodukte, gefolgt vom Klassiker einer Chilbi schlechthin: dem Magenbrot. Biacchi sagt, Magenbrot von heute sei nicht mehr mit demjenigen von früher zu vergleichen.
Warum? Zum einen etwa sei das Mehl von heute nicht mehr das Gleiche. «Meine Grossmutter verstand noch, Magenbrot zu machen, welches sich eine Woche lang feucht hielt», sagt Biacchi. Heute fast undenkbar.
Und zum andern hatte Magenbrot früher die Aufgabe, den Magen zu beruhigen und ihm gutzutun. Das weiss Biacchi aus der Geschichte des Gebäcks und einer Rezeptur dafür aus dem frühen 19. Jahrhundert. Früher nämlich hiess das Magenbrot Kräuterbrot. Das Lebkuchengebäck enthält Gewürznelken, Sternanis, und Zimt sowie je nach Hersteller noch andere Zutaten.
Biacchi und seine Mitarbeitenden in Olten sind übrigens Schwerarbeiter im Süsswarenbereich. Am Sonntagmorgen um 02 Uhr räumten sie sämtliche Ware in ihr Fahrzeug und fuhren damit nach Zürich. Und um 10 Uhr bestückten sie ihren Stand in Olten wieder, um ab 11 Uhr loslegen zu können.
Der «Burner» ist an dieser Chilbi besonders beliebt. Die Wartezeiten für eine Fahrt ist am Abend beachtlich. Doch nicht alle würden ein zweites Mal auf die Überkopfbahn gehen.
Wir haben den Familienvater auf dem Klosterplatz angetroffen. Er war am Warten. Der Rest der Familie weilte nämlich auf dem Riesenrad.
Verschiedene Wetterberichte prognostizieren ab 19:00 Uhr in Olten vereinzelte, leichte Regenschauer.
Hier eine Auswahl an Samstagsbildern, bevor wir in den Sonntag starten. Ob «Riesenrad», «Burner» oder «Polyp»: Die Bahnen zogen die Massen in ihren Bann. In manchen Gassen wurde es nach 23 Uhr so richtig eng. Oltner Chilbi-Atmosphäre eben. Und jetzt: Auf in den Sonntag!
Der ereignisreicher Chilbi-Samstag neigt sich langsam, aber sicher dem Ende zu. Am heutigen Abend tummelten sich viele Leute in der Oltner Innenstadt und waren auf der Suche nach dem Adrenalinkick. Noch bis 02:00 Uhr sind die Bahnen heute geöffnet.
Frühaufsteher können sich sie bereits auf den morgigen Sonntag, an dem die Bahnen um 11:00 Uhr öffnen, freuen. Dieser Chilbitag ist insbesondere bei Familien beliebt.
Es sei für eine Veranstaltung dieser Grösse ein ruhiger Tag gewesen. Mehr will Andreas Brönnimann vom privaten und in der Rötzmatt stationierten Rettungsdienst SRS Medical nicht verraten. Er bestätigt aber noch, dass «keine schlimmen Sachen» vorgekommen seien.
Gar nichts zu etwaigen aussergewöhnlichen Vorkommnissen sagen wollte die Polizei. Ganz allgemein aber lässt sich festhalten, dass auch der zweite Chilbitag friedlich und ruhig verlief.
Mit vier Mann ist auch der städtischen Werkhof vor Ort. Das Quartett sorgt für die allgemeine Ordnung, Toilettendienst und etwa die Abfallentsorgung während des Chilbibetriebs. «Wie wir feststellen, werden die grossen Abfallbehälter schlecht als solche erkannt», erklärt Sascha Baumann. Die Leute werfen ihren Abfall demnach eher in die ihnen vertrauten Eimer.
Das führt dann zu überquellenden Eimern. Der abschliessende Toilettendienst erfolgt dann ab 02 Uhr, wenn die Bahnen ihren Betrieb einstellen. «Das heisst aber noch lange nicht, dass sich das Duo auch an die Arbeit machen kann», fährt Baumann fort. Bis sich die meisten der Chilbibesuchenden verzogen haben, dauert's dann noch eine Weile. Baumann nickt.
Bereits von Weitem ist die Musik der Bahnen und Bars in der Schützenmatte zu hören. Auf dem umgenutzten Parkplatz drängen sich viele Junge Leute. Während sich einige in den Bars tummeln, eilen andere von der einen Bahn zur anderen. Sie dürsten nach dem nächsten Adrenalinkick.
Am Samstagnachmittag waren hauptsächliche Kinder mit ihren Eltern in der Oltner Innenstadt unterwegs. Doch dies ändert sich nun zusehend. Immer mehr junge Erwachsene stossen dazu. Zunehmend stehen die Chilbigäste dicht gedrängt in der Kirchgasse.
Die Warteschlange: mässig lang. Die potenziellen Mitfahrenden: gut gelaunt. Olten von oben anzusehen: das Ziel. Nach knapp 5 Minuten Wartezeit ist es so weit. Wir können aufsteigen. Aufs Riesenrad. Und niemand verleiht unserer Gondel beim Start den schwindelheischenden Dreh. Zum Glück. Nach 5 Minuten endet die vollkommen ereignislose Fahrt. Schön war's trotzdem.
Seit ein paar Jahren wirtet die Sörchle Gugge aus Trimbach an der Chilbi unter dem Vordach des Warenhauses Coop City. Ein Umstand, der bislang gar nicht so sehr aufgefallen ist. Aber jetzt hat die Beiz, in der Bratwürste, Salsiccie und Schnitzelbrot spezial verkauft werden, ihren ganz besonderen Reiz. Jener einer Baustelle nämlich. Und das stört jetzt wirklich gar niemanden.
«Zusätzlich im Angebot haben wir heuer erstmals auch Mio-Pilzschnitten», sagt OK-Mitglied Tanja Lehmann. Diese Offerte fusst auf eine Kooperation mit dem örtlichen Pilzverein. Das ist eigentlich die grösste Änderung zur letzten Chilbi 2019, sieht man mal vom Schnitzelbrot spezial ab, welches mit Toastbrot und Fleischkäse serviert wird. «Die Preise haben wir unverändert belassen», so Tanja Lehmann.
Die Sörchle Gugge rechnet heuer mit rund 600 Portionen, die über den Tresen gehen. Mit den Pfandbechern tut man sich derweil noch ein bisschen schwer. Vor allem auch, weil die Gugge drei verschiedene Grössen verwalten muss. Die Idee mit den Pfandbehältnissen sei zwar eine gute, meint Tanja Lehmann. Aber eben etwas kompliziert. Doch für ein Resümee sei's noch zu früh. «Das ziehen wir dann am Ende der Chilbi», lacht sie.
Die 497 verkauften Felchenfilets vom Freitagabend zeigen: Die Chilbibeiz der Guggi Zunft, die als einzige Beiz frittierte Felchenfilets verkauft, ist beliebt. Die 22 Tische im Oberen Graben sind während der Essenszeiten hoch begehrt.
Zunftmeister Sascha Niggli rechnet heuer mit rund 3000 Felchenfilet-Portionen, die über den Tresen gehen. Doch bei der Guggi Zunft werden seit diesem Jahr nicht nur Fisch und Pommes serviert. «Neuerdings haben wir auch Samosa im Angebot», so Niggli. Dies sind frittierte Teigtaschen, die an einer scharfen Sauce serviert werden.
Die Chilbibeiz der Guggi Zunft hat eine lange Tradition. «Seit über 40 Jahren servieren wir frittierte Felchenfilets», erklärt Niggli. Doch nicht nur ihr Essen habe eine lange Tradition, sondern auch der Standort im Oberen Graben. «Solange ich mich zurückerinnern kann, sind wir hier.»
«Gut warm», sagt einer an der Chilbi und meint damit wohl 30 Grad und mehr. Da ist es günstig, sich im Schatten und am Brunnen in der Schützi hinzusetzen und zu wissen: Im Hintergrund wartet noch die Geister-Villa. Die kann auch noch später für Remmidemmi sorgen.
Am Samstagnachmittag zieht die Chilbi viele Familien an. Besonders begeistert sind die Kinder von den vielen Bahnen, die auf dem Munzingerplatz und der Schützenmatt stehen. Einer der Schausteller ist der Genfer Mike Bourquine, der mit seiner Bahn «Waterball» bereits zum dritten Mal in Olten gastiert. Darauf toben sich an diesem warmen Sommernachmittag viele Kinder aus.
Bourquine wuchs in einer Schaustellerfamilie auf, weshalb er das «Chilbi-Geschäft» von klein auf kennt. Das Unternehmen ist bereits in der vierten Generation in Familienbesitz. Zurzeit reist der Genfer in der Deutschschweiz von Chilbi zu Chilbi. Mit dem bisherigen Verlauf in Olten ist Bourquine sehr zufrieden. «Der Start hier verlief bestens». Zudem sei das Wetter das ganze Wochenende sehr schön.
Sämtliche 10 Schiessstände kontrolliert Heinz Eng an der Chilbi. Erstmals übrigens, weil die beiden vorausgegangenen Ausgaben bekanntlich entfielen. Er prüft bei den Standbetreibern unter anderem Versicherung, Waffen und deren Kaliber, Absperrungen und den Sicherheitsbereich oder den Ablaufcheck in Alarmierungsfragen bei Unfällen. Seine Bilanz: «Es gibt nichts zu beanstanden an der Chilbi.»
Er liess die Katze am Apéro aus dem Sack: Für den Oltner Chilbichef Christoph Koch ist's die letzte Ausgabe. Der 60-jährige wandert mit seiner Gemahlin aus. «Nach Ungarn», wie er zu verstehen gibt. Unweit des Plattensees kauft der Mann ein Bauernhaus.
Prost: auf eine geglückte Chilbi 2022! Das Motto des traditionellen Chilbi-Apéros. Viele Gäste, darunter Regierungsrätin Susanne Schaffner, Alex Summermatter als Tätschmeister der Oltner Kabarett-Tage, Stadtpräsident Thomas Marbet oder etwa Schausteller Andreas Bauer waren dabei.
Letzerer zeigt sich mit dem Verlauf des Freitagabends sehr zufrieden. «Die Leute haben Nachholbedarf», sagt er, «sind freundlich und zeigen ihre gute Stimmung auch.» Um 14 Uhr legt der Chilbisamstag dann offiziell los.
Chilbistart
«Wir rechnen dieses Jahr mit einem Rekord an Besuchenden», erzählt Christoph Koch mit einem Blick auf die Wetter-App auf seinem Handy und einem zufriedenen Lächeln im Gesicht. Er ist Bereichsleiter Gewerbe der Stadt Olten und der «Tätschmeister» der Oltner Chilbi.