Literatur
Franz Hohler tritt in Olten auf und sagt zum Ukraine-Krieg: «Die Schweiz muss mehr tun»

Der in Olten aufgewachsene Franz Hohler unterhält das Publikum im einheimischen Lokal Literatur & Bühne und äussert sich auch zum Ukraine-Krieg.

Susanne Hofer
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Franz Hohler las aus seinem Buch «Der Enkeltrick» vor.

Franz Hohler las aus seinem Buch «Der Enkeltrick» vor.

zvg

Der Altmeister der Geschichten mit den überraschenden Wendungen war zu Gast im Lokal Literatur & Bühne. Franz Hohler, der in Olten aufgewachsen ist und heute in Zürich-Oerlikon lebt, schenkte dem vollen Saal eine Stunde voller Lachen, Staunen, Schmunzeln und auch Nachdenklichkeit. Das Publikum zeigte sich sehr berührt von der Lesung von drei Geschichten, erschienen 2021 im neusten Band «Der Enkeltrick».

Die eine Geschichte geht so: Die Seniorin Amalie wird mit dem Enkeltrick reingelegt, aber in letzter Sekunde gerettet, ohne dass sie es merkt, da sie etwas dement ist. Dank der Betrügerin erlebt sie endlich – Jahre, nachdem ihr Mann schon verstorben ist – ihre Hochzeitsreise nach Rom.

In der Sixtinischen Kapelle, unter dem gewaltigen Fresko, scheint es, als «strecke Gott den Finger nach ihr, Amalie Ott, aus.» Wehmut über die Vergänglichkeit schwingt mit, aber auch der leise Humor, der so gut tut.

Dann gibt es den etwas kauzigen Pensionierten, der plötzlich aus Langeweile die Geburtstage entdeckt und damit unverhofft seiner Ehe neuen Schwung verleiht. Gekrönt wurde der Abend mit ein paar Versen aus dem Kinderbuch «Am liebsten ass der Hamster Hugo Spaghetti mit Tomatensugo». Das ging so: «In Olten gab es einen Biber, der hatte Häuser immer lieber. Doch fehlte ihm zu seinem Glück so etwas wie ein Meisterstück. Da nagte er den Kirchturm an und rannte auf die Eisenbahn.»

Franz Hohler schreibt nicht nur gut, er ist als Schauspieler auch ein guter Vorleser. Das Publikum hatte seine Freude, die Stimmung war gut. «Ich unterschreibe auch fremde Bücher», meinte Hohler schmunzelnd zur anschliessenden Signierrunde und wünschte dann allen einen «guten Frühling, Sommer, Herbst und Winter… und überhaupt ein gutes Leben.»

Hohler schreibt bereits an einem neuen Buch

Gefragt, wie er seine Geschichte findet, sagte Franz Hohler: «Wenn man gern Geschichten erfindet, ist man immer auf der Suche. Ich hole meine Inspiration aus vielen kleinen Beobachtungen, rede mit Menschen oder lese Dinge in der Presse, zum Beispiel über den Enkeltrick», sagte Franz Hohler im Gespräch.

Der 79-Jährige im hellen Cordanzug mit dem charakteristischen Haarkranz und den buschigen Augenbrauen strahlt Freude aus. «Dann beginnt das Spiel mit den Ideen. Der Hintergrund ist real, aber ich suche eine andere Farbe, eine unerwartete Wendung. Die Geschichte mit der Nachtigall habe ich auf einer Chinareise gefunden. Ich war absolut erstaunt, dass so etwas wie in dieser Geschichte möglich ist.»

Er schaue sich seine Texte sehr genau an beim Arbeiten, «sodass ich am Schluss jedes Wort persönlich kenne». Der Humor in den Geschichten sei sein Lebenselixier. «Er gibt auch Distanz zur Wirklichkeit, man kann sich damit etwas wehren.» Hohler schreibt bereits an einem neuen Werk. Seit zwei Jahren wandert er von Schaffhausen aus in Etappen immer wieder den Quellen des Rheins entgegen und schreibt über seine Erlebnisse.

Am Schluss äusserte sich Hohler noch kurz zum russischen Angriff auf die Ukraine: «Die Schweiz muss mehr tun», sagte er. Deshalb habe er den zivilgesellschaftlichen Aufruf von 100 Schweizer Kulturschaffenden mitunterschrieben.