Galatea Quartett spielte im Oltner Konzertsaal vor begeistertem Minipublikum Werke von Beethoven und Górecki.
Der erste Musikabend im November war ein exklusives Vergnügen für ein kleines Publikum: Im Oltner Konzertsaal, wo sonst mehrere hundert Personen Platz finden, waren genau 30 Stühle verteilt. Mit gegen- seitigem Abstand und mit Maske durfte ein kleiner Kreis von Musikinteressierten ein wunderbares Kammermusikkonzert miterleben. Die neue Reihe «KulturTupfer» sei eine Möglichkeit, trotz der massiven Einschränkungen der Corona-Krise «den grauen Alltag von allen etwas bunter zu gestalten», sagte Edith Scott, die Geschäftsführerin des Stadttheaters. Und gerade Streichquartette seien die menschlichste Art des Musizierens und gäben deshalb besonders viel seelische Kraft, meinte später Hugo Bollschweiler vom Zürcher Galatea Quartett.
Das Quartett besteht seit 15 Jahren. Neben Hugo Bollschweiler (Viola) spielen die Violinistin Yuka Tsuboi und die Geschwister Sarah (Violine) und Julien Kilchenmann (Violincello). Die vier jungen Musiker sind bekannt für ihre hervorragenden Interpretationen zeitgenössischer Musik. Aus ihrem grossen Repertoire an modernen Werken wählten sie denn auch als Mittelteil ihres Oltner Konzerts ein besonders eindrückliches, technisch anspruchsvolles und faszinierendes Stück aus: Das halbstündige 2. Streichquartett von Henryk Mikolaj Górecki.
«Quasi una fantasia» nannte der vor zehn Jahren verstorbene polnische Komponist sein gewaltiges, ungestümes Streichquartett op. 64. Das Cello spielt fast den ganzen ersten Satz hindurch rhythmisch densel- ben Ton, während die Viola langsam eine romantisch klingende Halbtonmelodie variiert, bevor die beiden Violinen dazustossen. Anklänge an Minimal Music sind auszumachen, um dann im energischen zweiten Satz polnische Volksmusikklänge aufzunehmen. Raffiniert dissonante Töne prägen den dritten Satz. Wiederum wilde, kraftvolle Volksmusikmelodien prägen das abschliessende Allegro.
Umrahmt war dieses mo- derne Meisterwerk von zwei Werken aus dem fantasievol- len Streichquartett-Zyklus op. 18 von Ludwig van Beethoven. Zwar äusserte sich später der Meisterkomponist eher abschätzig über sein beispielgebendes Frühwerk, das auf geniale Art mit viel Einfallsreichtum und Abwechslung komponiert ist. In seiner frischen, unverbrauchten Manier spricht es uns hingegen heutzutage besonders an. Górecki jedenfalls gab seinerzeit unverhohlen zu, dass er sich von Beethovens Klaviersonaten und Streichquartetten habe inspirieren lassen. Beethovens Streichquartett Nr. 5 in A-Dur war denn auch ein beschwingter Auftakt zum Konzertabend, das Streichquartett Nr. 4 in c-Moll ein passender Abschluss. Dieses letzte Werk endet in einem rasant gespielten Prestissimo – eine Höchstleistung der vier Musizierenden. Wirklich, die Musik des jungen Beethoven braucht musikalisches Feuer und Begeisterung. Beides brachte das Galatea Quartett mit, es liess die Ironie des Komponisten erkenn- bar mehrmals aufscheinen und spielte die abwechslungsreichen Werke mit einer Virtuosität, die begeisterte. Das spärlich anwesende Publikum zeigte sich jedenfalls beglückt über diesen wunderbaren «KulturTupfer» und bedankte sich mit einer Standing Ovation. Das Galatea Quartett seinerseits liess es sich nach über 90 ohne Pause durchgespielten Konzertminuten nicht nehmen, mit einer kurzen Zugabe abzuschliessen. Die einschmeichelnden Melodien des klassischen Tangos blieben einem auch auf dem Nachhauseweg noch in Erinnerung.