Olten
Klimaziel netto null bis 2040: Der Grundsatzentscheid und seine Folgen

Die Oltner Verwaltung soll mit seinen Tätigkeiten bis 2040 klimaneutral sein. Wie möchte der Stadtrat den Grundsatzentscheid umsetzen und welche Folgen hat er beispielsweise für die Bevölkerung?

Fabian Muster
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Künftig soll der Fuhrpark kein CO2 mehr ausstossen (im Bild ein elektrisch betriebenes Kommunalfahrzeug des Werkhofs).

Künftig soll der Fuhrpark kein CO2 mehr ausstossen (im Bild ein elektrisch betriebenes Kommunalfahrzeug des Werkhofs).

Bruno Kissling

Was hat die Stadt Olten vor?

Mit ihrer Verwaltung und den dazugehörigen Tätigkeiten will die Stadt Olten bis 2040 netto keine CO2-Emissionen mehr ausstossen. Dieses Klimaziel hat der Stadtrat an der Jahresmedienkonferenz am Montag kommuniziert. Als Zwischenziel soll bis 2029 der CO2-Ausstoss halbiert werden. Betroffen von diesem Grundsatzentscheid sind neben der Kernverwaltung im Stadthaus alle der Stadt gehörenden Gebäude, der Fahrzeug- und Maschinenpark und die Geldanlagen. Via Eignerstrategien soll dieses Ziel auch für die Unternehmen, welche zu einer Mehrheit im städtischen Besitz sind, wie etwa die Städtischen Betriebe oder die Sportpark Olten AG, angestrebt werden.

Wie kam es zu diesem Grundsatzentscheid des Stadtrats?

Im März 2019 hat das Gemeindeparlament die Volksmotion, den Klimanotstand auszurufen und den CO2-Fussabdruck bis 2030 auf netto null zu senken, mit 21 zu 18 Stimmen für dringlich erklärt. Im November 2019 hat das Parlament den Stadtrat mit einer überparteiliche Motion – vor allem linke Vertreter unterschrieben den Vorstoss – mit grosser Mehrheit beauftragt, eine Vorlage zu erarbeiten, wie bis 2030 das Netto-Null-Ziel erreicht werden kann. Im vergangenen Jahr liess der Stadtrat daher zusammen mit der externen Zürcher Beratungsfirma EBP eine Analyse der CO2-Emissionen der Verwaltungstätigkeiten für rund 40'000 Franken erstellen und eine Umsetzungsstrategie entwickeln. Auf dieser Basis wurde dann ein Massnahmenpaket geschnürt, welches an der Stadtratssitzung vom Montag verabschiedet wurde.

Warum die Frist bis 2040?

In der überwiesenen Motion setzt das Gemeindeparlament dem Stadtrat eine Frist bis 2030 zur Klimaneutralität. Der Bund will mit seiner Energiestrategie bis 2050 den CO2-Ausstoss stark reduzieren. In einer Güterabwägung hat der Stadtrat sich aus folgenden Gründen für einen Mittelweg entschieden: Weil Heizungen alle 20 bis 25 Jahre, Fahrzeuge alle 10 Jahre erneuert werden müssen, käme es bei einer Ersatzinvestition vor dem Ablauf der Lebensdauer zu einem Wertverlust. Würden zudem alle Massnahmen bereits in den nächsten zehn Jahren umgesetzt, könnte der zu erwartende technische Fortschritt bei neuen erneuerbaren Technologien nicht mehr berücksichtigt werden. Zudem wäre die Umsetzung innerhalb der nächsten zehn Jahre aus finanziellen, aber auch aus personellen Gründen für die Stadt kaum zu stemmen. Trotzdem will die Stadt «eine Vorbildfunktion einnehmen», wie es in einer Mitteilung heisst und hat sich das Zwischenziel gesetzt, bis 2029 die Hälfte des heutigen CO2-Ausstosses zu kompensieren. Zudem werden ab sofort alle Investitionen im Gebäudebereich und im Fuhrpark erneuerbar erfolgen, sofern die zuständigen Instanzen die entsprechenden Kredite bewilligen.

In welchen Bereichen stösst die Stadt das meiste Kohlendioxid aus?

Die Analyse der externen Beratungsfirma zeigt, dass die Stadtverwaltung jährlich rund 17 Gigawattstunden Energie verbraucht. Die Heizungen verbrauchen dabei 63 Prozent, der Strom 31 Prozent und die Fahrzeuge 5 Prozent Energie. Die gesamthaft verursachten CO2-Emissionen belaufen sich auf 1700 Tonnen pro Jahr. Auch hier machen die Heizungen mit 86 Prozent den Löwenanteil aus, gefolgt vom Fuhrpark mit 14 Prozent. Der von der Verwaltung bezogene Strom sei bereits heute CO2-neutral, weil er aus erneuerbaren Energien oder aus Atomkraftwerken bezogen wird, heisst es in der Mitteilung.

Mit welchen Massnahmen will man die CO2-Neutralität erreichen?

Weil der Bereich Heizung der grösste CO2-Ausstösser ist, will der Stadtrat vor allem dort ansetzen. Das Gebäudeportfolio der Stadt umfasst 44 Heizungen plus den Verbrennungsofen des Krematoriums. Deren 40 werden mit Gas (Anteil: 25 Prozent Biogas, 75 Prozent Erdgas) betrieben; der kleine Rest ist bereits erneuerbar. Das Blockheizkraftwerk des Wärmeverbunds Stadthaus macht dabei mit 30 Prozent den grössten Anteil aus. In einer Machbarkeitsstudie für 250'000 Franken soll gezeigt werden, welche Alternativen es bis wann für das mit Gas betriebene Kraftwerk gibt, bei dem insgesamt sieben Gebäude angeschlossen sind. Auch beim Fuhr- und Maschinenpark gilt künftig die Devise erneuerbar: Von 65 Fahrzeugen werden derzeit 51 mit Diesel, 4 mit Benzin und 10 mit Strom betrieben. Auch die indirekten Emissionen wie die Geldanlagen der Stadt und der selbstständig agierenden Pensionskasse sowie der motorisierte Pendlerverkehr der Stadtangestellten kommt in den Fokus: So sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter informiert und sensibilisiert werden. Nicht zuletzt gilt es, alle Abteilungen und Konzepte sowie die Eignerstrategien der stadteigenen Firmen auf die Klimaneutralität auszurichten.

Was löst das Klimaziel für Kosten aus?

Gemäss Markus Dietler, der für die Projektleitung als Direktionsleiter Präsidium zuständig ist, können die Mehrkosten für die Umstellung noch nicht im Detail beziffert werden und dürften sich im Laufe der Zeit auch dank technologischen Entwicklungen ändern. Es soll nun aufgezeigt werden, welche finanziellen Werte vernichtet würden, wenn das Netto-Null-Ziel bereits bis 2030 umgesetzt würde. Gemäss Stadtbaumeister Kurt Schneider soll die Umstellung im Gebäudebereich unter dem Strich kostenneutral erfolgen. Die Anfangsinvestitionen für eine erneuerbare Heizung seien zwar höher, der Betrieb aber günstiger als mit einer fossilen Variante.

Wie kann das Gemeindeparlament mitbestimmen?

An der Sitzung Ende März soll das Gemeindeparlament den Grundsatzentscheid des Stadtrats diskutieren und zur Kenntnis nehmen. Die Massnahmen sollen dann anschliessend in die Budgets und Finanzplanungen der nächsten Jahre einfliessen. So haben die Volksvertreter laut Dietler die Möglichkeit, mehr oder weniger respektive kein Geld für die vorgeschlagenen Massnahmen zu sprechen. Wem das Netto-Null-Ziel 2040 insgesamt widerstrebt, der kann versuchen, mit einem neuen Vorstoss die Mehrheit der Parlamentarier für eine andere Frist zu überzeugen.

Was bedeutet das neue Klimaziel für die Oltnerinnen und Oltner?

Zuerst einmal gar nichts, weil das Netto-Null-Ziel bis 2040 nur für die Stadtverwaltung und deren Tätigkeiten, nicht aber für die Oltnerinnen und Oltner gilt. Dietler sagt aber, dass man so eine «Vorbildfunktion» einnehmen wolle und die Stadt dereinst bessere Argumente auf ihrer Seite hätte, wenn auch Klima-Massnahmen für die Einwohnerschaft folgen sollten.