Die Bedeutung eines Kirchenfensters stimmt nicht unbedingt mit dem Gotteshaus überein – auch nicht in Olten und seinem Nachbarort Wangen.
Olten besitzt eine Anzahl Kunstwerke, die schweizweite Bedeutung haben. Einige davon sind Glasmalereien. Diese gehören zu einer Kunstgattung, die oft wenig beachtet wird.
Nicht zu unterschätzen ist dabei folgender Satz: Je unscheinbarer das Gotteshaus, desto bedeutender die Glasmalerei in seinem Innern. Die Bethlehem-Kapelle im Kalchofen an der Grenze zwischen Olten und Wangen steht eingeklemmt zwischen Bahngleisen und Strasse, abgeschnitten vom ehemaligen Wohnheim Bethlehem und kaum beachtet. Das Kirchlein selber wurde im Jahre 1900 erbaut. Äusserlich wirkt es klein und grau, doch beherbergt es ein wahres Bijou der Glasmalkunst.
Als die Kapelle in den Jahren 1979/80 renoviert wurde, beauftragte Architekt Belart den Baselbieter Glasmaler Lukas Düblin damit, die neugotischen Fenster mit farbigen Kirchenfenstern zu schmücken. Lukas ist der Sohn von Jacques Düblin, jenem Künstler also, der die Gläser in der Werktagskapelle der Oltner Friedenskirche schuf. Der 1933 geborene Lukas Düblin stellte sein Glasgemälde selber her und gilt als der bedeutendste und innovativste Glasmaler seiner Zeit.
Er ist der Erfinder der beweglichen Glasbilder. Diese bestehen aus zwei Fenstern, die übereinander geschoben werden können. Sie bestehen aus abstrakten Kompositionen in verschiedenen Farben. Je nachdem, wie die Farben der zwei Scheiben kombiniert werden, entstehen andere Formen und Farben. Die Kirchenfenster in der Bethlehem-Kapelle bestehen aus verschiedenfarbigen geometrischen Glasscheibchen, die so angeordnet sind, dass man in der Art de trompe l’œil viele dreidimensionale Würfel sehen kann.
Als der Basler Architekt Hermann Baur den Bau der Oltner Marienkirche realisierte, engagierte er die damals berühmtesten Sakralkünstler der Schweiz. Das Gemälde auf der östlichen Stirnwand, das die Gemeinschaft der Christen in der Eucharistie darstellt, stammt von Ferdinand Gehr, bekannt geworden durch seine sakralen Bildthemen. Der gleiche Künstler schuf auch das grosse Buntglasfenster über dem Eingang auf der Westseite. Seine Arbeit bezeichnete er als «Malen mit Licht».
Die rechteckigen, verschiedenfarbigen Glasscheibchen, vor allem jene mit den kräftigeren Farben Rot und Blau, tauchen in der tief stehenden Abendsonne den ganzen Raum in ein wunderbares Farbenmeer.
Ferdinand Gehr hat auch die Kirchenfenster in der an die Marienkirche angebauten Werktagskapelle entworfen. Sie stellen Episoden aus dem Leben der Gottesmutter Maria dar. Auf dem zusätzlichen Pfingstfenster ist noch der Vermerk «Gestiftet von der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Olten» zu lesen.
Gehr hat die Glasgemälde nicht selber angefertigt. Diese Tätigkeit überliess er den spezialisierten Handwerkern. Im Falle der Marienkirche besorgte der Glasmaler Gottlieb Engeler die Arbeit in seinem Atelier im sankt-gallischen Andwil.
Derselbe Kunsthandwerker Gottlieb Engeler führte auch die zwei kleinen Scheiben in der Sankt-Anna-Kapelle beim untern Wartburghof aus. Jene Glasbildnisse in den Seitenfenstern stellen den Heiligen Bruder Klaus und die Himmelskönigin Maria mit dem Kind dar.
Ernst Stocker, unter dem Künstlernamen Coghuf bekannt, hatte sich am Wettbewerb für die Chorwand der Marienkirche beteiligt, aber gegen Gehr den Kürzeren gezogen. Immerhin erhielt er dann den Auftrag für ein Fenster beim Taufstein. Dieses ist signiert mit Coghuf und dem Namen des ausführenden Glasmalers Andreas Kübele. Anders als bei Gehr, wo nur seine Signatur auf der Glasscheibe erscheint.
Eine sehr schöne gegenständliche Glasmalerei befindet sich in der Kapelle bei der Friedenskirche. In herrlichen Farben sind auf einer Serie von drei grossen Glasfenstern die hohen kirchlichen Festtage Weihnachten, Ostern und Pfingsten dargestellt. Auf dem Bild «Pfingsten» schwebt über einem Paar eine Taube, welche den Heiligen Geist symbolisiert, der die Menschen (wieder) zusammenbringt. Gestaltet hat die Gemälde der Glasmaler Jacques Düblin aus Oberwil (Baselland) im Jahre 1959.
Von seinem Werk in der Kapelle sind übrigens die Entwurfszeichnungen erhalten. An ihnen sieht man, dass er sich bei der Ausführung der Glasmalerei nicht ganz an den ursprünglichen Plan gehalten hat.
Fazit: Olten und Wangen besitzen eine Sammlung von Glasmalkunst, auf die sie stolz sein können.