«Bei uns in Hägendorf sind die Wildschweine los; ob im Maisfeld morgens um 2 Uhr oder zwei Nächte später, inzwischen auf dem schon von Menschenhand abgeernteten Maisfeld, morgens um 5.30 Uhr.» Das schreibt Fotograf Bruno Kissling an die Redaktion.
Bruno Kissling sendet der Redaktion auch gleich einige Fotos, zum Beispiel von einem prächtig gewachsenen Wildschwein, das sich im Maisfeld und in den umliegenden Gärten anscheinend «sauwohl» fühlt. Und im Viertelstundentakt gesellen sich dann auch noch Fuchs und Co. dazu. Grund genug, sich einmal mit dem Thema «Kulturfolger» näher zu beschäftigen. Viele Säugetiere wie zum Beispiel Ratten, Mäuse oder Siebenschläfer fühlen sich im Lebensraum des Menschen wohl. Dies gilt auch für grössere Exemplare wie Wildschweine, Füchse oder Steinmarder, wie die Fotos belegen.
«Stauraum» Jura-Südfuss
Immer wieder thematisiert hat diese Zeitung die Wildschweinschäden in der Region Hauenstein oder zuletzt in Hägendorf, Rickenbach und Wangen. Die Tiere durchwühlen nicht nur Maisfelder auf der Suche nach den körnigen Kolben, sie verunstalten auch Gärten und graben bis zu 40 Zentimeter tiefe Löcher auf der Suche nach Engerlingen und anderem proteinreichem Kleingetier, wie Hanspeter Dreier (Trimbach), nebenamtlicher Wildhüter der Stadt Olten, auf Anfrage erklärt. Betroffen sei nämlich auch das Schöngrund-Quartier in der Stadt selbst.
Die Tiere würden sich allerdings nicht so verhalten, weil sie die Nähe des Menschen suchten. Vielmehr entpuppe sich gerade dieser Bereich des Jura-Südfusses als Stauraum für die häufig aus dem Elsass und dem Schwarzwald stammenden Schwarzkittel.
«Wanderten diese nämlich früher am Usego-Areal vorbei Richtung Born, so ist dies wegen der Überbauungen und der Zäune heute nicht mehr möglich», bedauert der Wildhüter. Entsprechend würden die Privatgärten zwischen Hägendorf und dem Robi-Spielplatz in Olten wie auch die Maisfelder in den Hängen der Untergäuer Gemeinden immer wieder von ihnen heimgesucht.
Nicht mehr auszuwildern
Eine ganz andere Kategorie von Problemen bringen laut Dreier die Füchse mit sich, welche einerseits wegen der Fuchsräude ein Problem werden könnten (eine durch die Räude-Milbe verursachte Krankheit, die potenziell tödlich enden und auf Hunde sowie Katzen übertragen werden kann) und speziell in den 1970er- und 1980er-Jahren als Hauptüberträger der Tollwut in Verruf gerieten.
Andererseits lebten gerade in Olten ganze Fuchspopulationen. Die Jungtiere lernten von den Eltern, wie sie via Aufreissen von Abfallsäcken oder Durchwühlen von Komposthaufen an Futter gelangen könnten. «Vielfach werden sie auch von den Menschen gefüttert. Solche Tiere können gar nicht mehr eingefangen und ausgewildert werden, weil sie nicht mehr wissen, wie man Beutetiere jagt», erklärt der Wildhüter.
Und für Ärger anderer Art sorgen Steinmarder, welche sich, im Gegensatz zum scheuen Baummarder, in der Welt der Menschen ebenfalls sehr wohl fühlen. Durchgefressene Kabel in Autos oder angeknabberte Isolationen in den Zwischendach-Räumen von eher älteren Häusern zeugten von ihrer Anwesenheit. «Zudem sorgen sie in den Estrichen für allerlei Unruhe», fügt Dreier hinzu.
«Begegnungen sind eher selten»
Diese Kulturfolger sind – mit Ausnahme des Fuchses, den man auch tagsüber beobachten kann – laut dem Wildhüter eher dämmerungs- und nachtaktiv; eine Begegnung mit dem Menschen entsprechend eher selten. Was kann man aber tun, wenn es doch einmal zu einem Zusammentreffen mit Wildschwein, Fuchs und Co. kommt? Dreier rät: «Man darf keine Angst zeigen oder versuchen davonzurennen, stattdessen sollte man viel Lärm machen und so versuchen, die Tiere zu vertreiben.»
Oft helfe es auch, sie mit einer Eimerladung Wasser einzudecken oder mit einem Tennisball nach ihnen zu werfen. Und im Zweifelsfall solle man den Wildhüter alarmieren, auch auf das Risiko hin, dass bis zu dessen Eintreffen das Wildtier bereits wieder verschwunden sei.
Eine wirkliche Bedrohung stellten sie allerdings keine dar, so Dreier. «In den letzten 30 Jahren hat es in unserer Region nie einen Zwischenfall gegeben», versichert er.