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Thomas von Felten bezwingt bei einer Simultanvorstellung den Schweizer Meister von 2016. Der Oltner überlegt sich nun, einem Schachclub beizutreten.
Es ist der Traum eines jeden Amateur-Schachspielers, einmal gegen einen Grossmeister zu gewinnen. Weil das in klassischen Turnieren wegen der grossen Spielstärke-Unterschieds praktisch unmöglich ist, bleibt als einzige Hoffnung eine sogenannte Simultanvorstellung. Dabei treten die Profis an mehreren Brettern gleichzeitig gegen Amateure an. Doch auch hier gelingt nur selten einem Klubspieler der grosse Coup.
Umso überraschender, was am vergangenen Sonntag Thomas von Felten schaffte. Der 35-jährige Oltner, der keinem Schachverein angehört, bezwang bei einer Simultanveranstaltung auf dem Bielersee keinen Geringeren als den Berner Grossmeister Noël Studer – seines Zeichens Schweizer Meister von 2016 und in diesem Monat überlegener Sieger des stark besetzten Accentus Young Masters in Bad Ragaz.
Dass der in Dulliken tätige Oberstufenlehrer für Geschichte und Mathematik als notabene Einziger der 28 Simultan-Teilnehmer gewann, setzte dem Husarenstück die Krone auf. «Thomas who?» fragten sich denn auch viele der erfahrenen Vereinsspieler, die den Champion bei hohem Wellengang auf dem Schiff vergeblich in die Knie zu zwingen versuchten.
Dieser «Thomas who?» war jedoch genauso verblüfft. «Nicht im Traum hätte ich gedacht, gegen Studer zu gewinnen.» Allerdings: Vor der Simultanvorstellung hatte Thomas von Felten wie auch die anderen Teilnehmer an der Schach-Themenfahrt auf dem Bielersee Gelegenheit zum Small Talk mit dem sympathischen Grossmeister. «Dabei gab er mir ein paar wertvolle Tipps.» Dass diese so schnell auf fruchtbaren Boden fallen würden, hatten wohl beide nicht gedacht. «Immerhin zeigt es», so von Felten mit einem Lächeln, «dass Studer ein guter Lehrer ist...»
Thomas von Feltens Sieg war umso wertvoller, als er nicht etwa wegen eines gravierenden Fehlers seines Gegners zustande kam. Der an allen Brettern mit den weissen Figuren spielende Grossmeister hatte dank seiner gut koordinierten Figuren lange etwas Druck. Aber von Felten konterte mit ein paar aggressiven Bauernzügen und platzierte seinen Turm so aktiv, dass Studer die Partie mit den anerkennenden Worten «das ist nicht mehr zu verteidigen» aufgab. «Ich war völlig perplex», gibt von Felten zu. «Zuerst dachte ich, er würde mir die Hand zum Remis reichen.» Noch beeindruckter war er, wie sportlich-fair Studer seine Niederlage hinnahm und ihm zu seinem Exploit gratulierte.
Seinen Überraschungssieg feierte Thomas von Felten gleich bei seiner ersten Teilnahme an einem Simultananlass. Auf den Schiff-Event aufmerksam geworden war er durch seinen Stiefvater, mit dem er gelegentlich am Brett sitzt. Ansonsten spielt er – «seit zwei, drei Jahren etwas intensiver» – lediglich im Internet auf einem Schachportal Zehn-Minuten-Partien, löst dort auch Taktikaufgaben und schaut sich gelegentlich kommentierte Partien auf YouTube an.
Dass der Vater eines zweijährigen Sohnes noch nicht den Weg in den örtlichen Schachverein gefunden hat, hat einen simplen Grund: Der Schachklub Olten spielt nämlich jeweils am Montagabend – just gleichzeitig trainiert Thomas von Felten mit den Senioren des FC Fortuna Olten, den er 2007 bis 2017 präsidiert hat. Für ihn ist es jedoch eine Option, nach Abschluss seiner Fussballerkarriere zum Schachklub zu wechseln. «Man darf zwar diesen Sieg gegen Studer nicht überbewerten – und ich habe nicht das Gefühl, ich sei ein verborgenes Schachtalent. Aber vielleicht wars ja doch ein Steilpass», sagt von Felten mit einem Fachbegriff aus der Fussballersprache.