Das grosse Finale des Kabarett-Castings fand am Dienstagabend im Schwagertheater statt. Im Vordergrund standen dabei — nicht wie bei einem Casting üblich die Jury —, sondern die Nachwuchskünstler.
«Warum haben sich die Würstchen nicht zusammengetan?» Das war nur einer der bissigen Aphorismen der beiden Gewinner der ersten Vorausscheidung für das Kabarett-Casting, der auf einer Leinwand prangte. Silvano Cerruti und Count Vlad (Martin Flückiger) hatten die erste Vorausscheidung des Kabarett-Castings im Januar gewonnen. Die beiden legten in Sachen Düsterkeit und Sarkasmus seit ihrem ersten Gastspiel noch einige Schippen drauf.
Der Sprachkünstler Cerruti machte sich mit Ironie über den alltäglichen Krampf in der Arbeitswelt her: die an Sinnlosigkeit grenzende Karrieresucht und die damit einhergehenden Zugeständnisse, die jemand machen muss, wenn er nach unten treten und nach oben schleimen will. So gab Cerruti die Antwort auf seine eingangs gestellte Frage: «Die Würstchen können sich nicht riechen».
Der Applaus auf die Pointe blieb für eine gefühlte Ewigkeit aus. Dem Publikum blieb das Lachen im Halse stecken. Dann, nach etwa drei, vier Sekunden, folgte ein verhaltenes Klatschen. Gitarrist und Side-Man Count Vlad rettete die Situation mit einer erdigen Version von «My Generation» der Beatband «The Who».
Er ist, wie er ist: Mike Bader, der Mann vom Radio lobte mit einer Mischung aus Selbstironie und Zufriedenheit seine Laster, als da wären: essen, trinken und schwulen Verehrern den Abend versauen. Baders augenzwinkernder Humor wirkt weder anbiedernd noch plump, sondern zeugt von Sinn für intelligenten Humor. Wie schon bei seinem Debüt im Schwagertheater im Februar besang Mike Bader den «Schoggi-Jesus», den er gerne im Laden kaufen würde. Bader begleitete sich selbst mit Händeklatschen, aber die Inspiration der ursprünglich von Tom Waits geschriebenen Nummer, die mit Banjo und Cajon eingespielt wurde, war nicht von der Hand zu weisen.
Dann setzte sich der Berner wieder ans Klavier und sang mit viel Romantik in der Stimme von einem Date, bei dem er seinem Gegenüber für das üppige Mahl, den mit Kerzen und Stoffservietten geschmückten Tisch dankt und leider zugeben muss, dass er auf Frauen steht.
Zwei Fusseln waren es, die den Prüfling Dominik Muheim um sein erstes Examen als Pädagoge brachten. Bar jeglichen Anstandes und guter Sitten begannen sich die zwei Gebilde aus Staub auf seinem Prüfungsbogen zu paaren. Diskret, wie der angehende Lehrer war, schaute er dabei nicht zu. Als feinfühliger Mensch gab er den Fusseln aber doch Namen. Und so wurde er von der Prüfung ausgeschlossen, als er laut «Ernst! Margriiith!» rief — in dem Moment, als sich die beiden Fusseln von ihm verabschiedeten und über die Tischkante hinwegflogen. Das war grosses Kopfkino. Aber der Poetry-Slammer hatte noch mehr zu erzählen aus seinem Alltag als frischgebackener Pädagoge. Kiffende Lehrerinnen, ein Rektor, der immer noch an den Kommunismus (im Baselbiet) glaubt, und er, der Neuankömmling, der mit seiner Klampfe in der Hand jede noch so abstruse Situation im Schulalltag meistern muss.
Das klingt aufs Erste nach typischem Gesellschafts- und Politkabarett in den Kinderschuhen. Dominik Muheim aber hat ein besonderes Gespür für die kleinen Geschichten des Alltags. Der Poetry-Slammer hält zwar dem Publikum einen Spiegel vor. Er wird aber niemals verletzend. Selbst dann nicht, wenn er davon berichte, wie er als junger Primarlehrer seiner Schülerschar mit Gitarrenbegleitung erklären muss, warum die Säuli auf dem zu besichtigenden Hof keine Namen haben und weshalb man durchaus weiterhin Aufschnitt essen darf. Ein Hauch von Zynismus schwingt da mit, aber ganz ohne verbissene Weltschmerzideologie.
Vielleicht lag es auch an seinem Dialekt, wer weiss. Der junge Mann aus dem Baselland hat den ersten Preis des diesjährigen Kabarett-Castings verdient. Er kommt damit in den Genuss von 10 000 Franken, die er für weitere künstlerische Projekte verwenden darf. Und er nimmt im nächsten Jahr an der Sprungfeder am 26. Mai wieder an den Oltner Kabarett-Tagen teil.