Eine offene Tagung der SP Olten präsentierte am Samstag im Parlamentssaal Ansätze, wie der Problematik Lädelisterben nicht nur in Olten begegnet werden kann.
Die Konzentration im Detailhandel und der Trend zum Online-Shopping ist für die Innenstädte eine grosse Herausforderung. Um das Ladensterben zu stoppen und eine lebendige Atmosphäre zu erhalten, suchen Gewerbe, Behörden und Politik nach griffigen Strategien. So auch die SP Olten.
«Wir haben uns in eine Autokultur hineinbegeben. Das hätte nicht passieren dürfen, denn es beeinträchtigt die Lebensqualität», ortete Paul Dominik Hasler eine Ursache der aktuellen Probleme. Für den Fachmann des Raumplanungsverbands EspaceSuisse hat die Ausrichtung hin zu Einkaufszentren auf der zuvor grünen Wiese die Jahrhunderte lang dichten und klar definierten Innenstädte in ihrer Versorgungs- und Begegnungsfunktion infrage gestellt. Es habe sich eine «Krise der Erdgeschossstadt» ergeben. Während die oberen Stockwerke funktionierten, sei die Einkaufsstadt gefährdet. Dabei sei allen klar, dass eigentlich das Idealbild einer historischen Innenstadt mit zufrieden flanierenden Menschen in Fussgängerzonen mit reichem Laden- und Gastronomieangebot anzustreben sei.
Die Grösse des Einzugsgebiets, die Nutzungsdichte und die Nutzungsvielfalt seien grundsätzlich für die Attraktivität einer Stadt entscheidend, skizzierte Hasler. Nicht alle diese Faktoren seien gleich beeinflussbar, wobei die Raumplanung an sich den grössten Hebel biete. Städteplanerisch entwarf der Experte mehrere Schritte, um dem Idealbild näher zu kommen.
Zuerst gelte es das Zentrum zu definieren und damit auch eine möglichst hohe Planungssicherheit für Investoren zu erreichen. Grosse Bedeutung komme in einer allgemein kommunikativen und partizipativen Kultur dem Einbinden der Gewerbetreibenden und der Eigentümer der Liegenschaften zu. So könnten sich Entwicklungsgemeinschaften ergeben. Die Behörden müssten sich um Schlüssel-Liegenschaften und um den Verbleib der grossen Lebensmittelketten auf Zentrumsflächen kümmern. Nicht zu vernachlässigen sei ferner eine gute Auto-Erreichbarkeit mit branchenorientiertem Parkplatzangebot.
Kurt Schneider zeigte den Anwesenden auf, wie er nach ein paar Monaten als neuer Leiter der Baudirektion die unterschiedlichen Räume in Olten und ihr Potenzial wahrnimmt. Als Vertreter des Vereins Aargauer Altstädte brachte er Ideen aus dem Nachbarkanton für die Diskussionsrunden (s. Kontext) ein. Das Setzen klarer Ziele und die aktive Steuerung auch über eine angepasste Ortsplanung erachtete er als wichtiges Werkzeug auf dem Weg zu einer blühenden Innenstadt. «Gibt es genügend Handlungsdruck, damit die Ressourcen bereitgestellt werden und jemand die Prozessverantwortung übernimmt?», so Schneider.
Rolf Walser zeigte am Beispiel von Aarburg, wie sich dieses Instrument mit einem für die Gemeinde ertragreichen Fonds einsetzen lässt. Der SP-Gemeinderat erläuterte, wie die Aarburger Behörden nach Schaffung der Ortskernumfahrung 2007 den Prozess der Stadtaufwertung mit zehn Bearbeitungsschwerpunkten angingen. Als Musterbeispiel schilderte er das Areal Bahnhof West, wo sich nach einem Landabtausch im Zusammenspiel mit dem Kanton, Unternehmen und Investoren eine gelungene Neugestaltung ergeben habe.
Dunja Rutschmann vermittelte als Präsidentin des Vereins Stanser Ladenbesitzer Eindrücke aus dem Nidwaldner Hauptort. Zwar gebe es Versorgungslücken, doch das Ladensterben in den umliegenden Dörfern habe dem Gewerbe im historischen Kern etwas Luft verschafft. Carla Pfister von Pro Kultur Olten und Corina Bolliger (Junge SP Region Olten) entwarfen ihre Visionen einer kulturell und für alle lebendigen Stadt Olten.
Soll Oltens Innenstadt lebendig bleiben, gibt es Handlungsbedarf. Darin waren sich die zwei Arbeitsgruppen einig, die am Diskussionsteil der SP-Tagung mitmachten. Sie suchten einen bunten Strauss an Ideen zusammen, äusserten aber auch Zweifel an einer raschen Umsetzung derselben. Gibt es bald eine Hängebrücke zwischen Hauptbahnhof und Klosterplatz? Gibt es in der Innenstadt grüne Nischen mit Ziegen und Schafen und eine permanente Open-Air-Bühne? Oder ein Parkhaus? Gibt es in den dereinst leer werdenden Museumsliegenschaften an der Kirchgasse ein Fotomuseum, ein Haus der Beratung, ein genossenschaftlich geführtes Café, eine offene Werkstatt oder ein Generationenhaus mit Notschlafstelle?
Diese und viele andere Ideen wurden im Laufe der Diskussionen eingebracht. Mehr noch wurden Fragen gestellt: Soll sich Olten auf ein innerstädtisches Zentrum auf der linken Aareseite konzentrieren oder soll das Bifang ein zweites Zentrum bilden? Überhaupt: Welche Strassenzüge sollen künftig noch zur Innenstadt zählen? Wie lässt sich der stark frequentierte Bahnhof besser an die Innenstadt anbinden? Bietet die Bildungsstadt auf der rechten Aareseite mit ihren vielen Studierenden zusätzliche Vorteile für Olten? Wie werden bei leerstehenden Geschäftsräumen Zwischennutzungen möglich? Wie gelingt es, Eigentümer für neue Nutzungen zu gewinnen? Lässt sich die Post an einen attraktiveren Ort zügeln? Kann die Bibliothek mehr bieten als Medien ausleihen, zum Beispiel auch Aussenflächen bespielen? Wie lässt sich Futterneid zwischen verschiedenen Anbietern und Quartieren überwinden?
Nicht zu überhören waren aber auch Rufe nach mehr Zusammenarbeit in der Politik und einem grösseren Engagement der Bürgerinnen und Bürger. Obwohl die SP-Stadtpartei den Anlass als offene Tagung bewarb, rekrutierten sich drei Viertel der Teilnehmenden aus ihren Reihen. Vertreter des Gewerbes waren kaum gekommen. Um die in den Referaten und Diskussionen aufgezeigten Probleme und Lösungen erfolgreich anzugehen, könne eine Partei allein aber wenig ausrichten, wurde betont. (spo)
Emilie Etesi arbeitet mit VillageOffice für immer mehr Arbeitsplätze, die mit dem Velo in weniger als 15 Minuten zu erreichen sind. Die Digitalisierung begreift sie als Chance für eine Dezentralisierung der Arbeitswelt. Coworking in lokalen Gemeinschaftsbüros biete eine doppelte Chance für das Ökosystem und die Belebung unserer Innenstädte, hielt sie an der Tagung fest.