Olten
Geschlossene Türen bei der «Betriebsferien-Bibliothek»

Die Stadtbibliothek Olten hat an 8 Wochen pro Jahr zu, davon 6 ausserhalb der Schulferienzeiten – nun regt sich Widerstand.

Fabian Muster
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Bruno Kissling

Wer in den letzten drei Wochen in der Stadtbibliothek Olten ein Buch ausleihen wollte, fand sich vor verschlossenen Türen wieder. Ein A4-Blatt wies die Benutzer auf alle Schliesstage dieses Jahres hin (siehe Foto). Ab nächstem Dienstag ist die Stadtbibliothek wieder geöffnet.

Neben den üblichen Feiertagen und einer Woche über Weihnachten/Neujahr hat die Stadtbibliothek unter dem Jahr an insgesamt weiteren sieben Wochen zu. Auffällig ist, dass sechs von insgesamt acht Wochen Betriebsferien nicht in die Schulferienzeit fallen: je drei Wochen im Juni und Ende August/Anfang September.

Einigen geht dies nun zu weit: «Das ist nicht optimal», sagt die langjährige Benutzerin Trudi Stadelmann. Sie kenne keine andere Bibliothek in der Region, welche so lange Betriebsferien hätte. Auch Politiker können sich mit dieser Ferienregelung nicht anfreunden. «Acht Wochen Ferien erachte ich schon als ein bisschen viel», sagt CVP-Gemeinderätin Heidi Ehrsam, die ausgebildete Bibliothekarin ist.

Gleicher Meinung ist Grüne-Gemeinderat Michael Neuenschwander, der als Musiker oft in der Zentralbibliothek in Solothurn anzutreffen ist: «Das ist definitiv zu viel.» Zwei Wochen während der Ferienzeiten seien für ihn das oberste Limit.

In der Tat nimmt sich die Stadtbibliothek Olten im Vergleich zu Instituten in Nachbarstädten mit ähnlicher Grösse ein Privileg heraus. Die Stadtbibliothek Zofingen ist in den Sommerferien jeweils zwei Wochen lang zu. In dieser Zeit sei man allerdings weiterhin in der Badi mit einem Stand präsent, der von Studenten betrieben werde, sagt Leiterin Cécile Vilas.

In der Stadtbibliothek ist zusätzlich noch das Stadtarchiv untergebracht. Insgesamt stehen den beiden Zofinger Instituten 415 Stellenprozente mit 10 Mitarbeitern zur Verfügung, darunter auch Studenten.

Noch benutzerfreundlicher ist die Regionalbibliothek Langenthal. Sie hat neben den üblichen Schliessungen an Feiertagen gar keine Betriebsferien. Nur im Frühling gebe es wegen der Reinigung zwei zusätzliche Schliesstage, sagt die stellvertretende Leiterin Henriette Leuenberger. Sie könne sich nicht vorstellen, die Bibliothek einfach drei Wochen zu schliessen.

Während der Ferienzeit würde der Betrieb mit zwei Mitarbeitern aufrechterhalten, im Normalbetrieb seien es hingegen deren drei. «Weil einige Teilzeit arbeiten, braucht es dazu eine gewisse Flexibilität», sagt Leuenberger. Insgesamt stehen der Regionalbibliothek 7 Mitarbeiter mit 405 Stellenprozenten zur Verfügung.

Stadtbibliothek begründet Ferien

Die Stadtbibliothek Olten gibt mehrere Gründe an für die insgesamt bis zu acht Wochen Betriebsferien. Zum einen würde man sich der städtischen Verwaltung anschliessen, welche zwischen Weihnachten und Neujahr ebenfalls zu sei. Zum anderen hätte man in der Woche vor Ostern nur an zweieinhalb Tagen, von Dienstag bis Gründonnerstagmittag, effektiv geschlossen.

Diese Tage sind nötig, um interne Arbeiten zu erledigen, die während den üblichen Öffnungszeiten nicht getan werden könnten, schreibt die Leiterin Sibylle Scherer auf Anfrage.

Die beiden dreiwöchigen Ferien im Juni respektive August/September würden seit Jahren bewusst auf diese Zeit gelegt, weil es in den Schulferien gut laufe. Sie begründet die insgesamt sechswöchigen Betriebsferien zudem mit den tief angesetzten Personalressourcen.

Vergleich

Stadtbibliothek

Bestand: rund 55 000 Medien vor Ort, dazu im Büchermagazin und Kulturgüterschutzraum 90 000 Bände älterer Literatur, 100 000 Zeitungen sowie das gesamte Oltner Schrifttum

Stellenprozente: 300

Mitarbeiter: 4

Öffnungszeiten pro Woche: 24 Stunden

Jugendbibliothek

Bestand: 20 000 Medien

Stellenprozente: 150

Mitarbeiter: 2

Öffnungszeiten pro Woche: 26 Stunden

Scherer würde es begrüssen, wenn die Stadtbibliothek mehr finanzielle Mittel zur Verfügung hätte. Derzeit stehen 4 Mitarbeiter mit 300 Stellenprozenten zur Verfügung mit Ferienansprüchen zwischen 41⁄2 Wochen und 6 Wochen.

«Würden wir gestaffelt Ferien einziehen, wären wir fünf Monate lang eine reduzierte Belegschaft», schreibt Scherer. Die jetzigen Öffnungszeiten könnten laut der Leiterin gar nicht mehr eingehalten werden. Der Betrieb könne nämlich nicht nur mit zwei Mitarbeitern aufrechterhalten werden.

Neben der Ausleihe verweist sie auf die vielen Arbeiten im Hintergrund wie Anschaffung und Katalogisierung neuer Medien, Verwaltung der Tageszeitungen (14 Stück) respektive Zeitschriften (66 Abos), die Bearbeitung der Post oder die Bewirtschaftung der Bücherrückgabebox.

Auch der Wechsel der Bibliotheks-Software fiel laut Scherer in die Zeit der dreiwöchigen Betriebsferien im Juni. Mit anderen Worten: Auch in den Betriebsferien sind zum Teil Mitarbeiter vor Ort.

Kürzung beim Stellenetat

Dass es auf dem Platz Olten von der Stadt finanzierten Instituten auch anders geht, beweist die Jugendbibliothek. Sie hat zwar in den Sommerferien drei Wochen zu und auch über die Festtage an Weihnachten/Neujahr geschlossen. Die übrige Zeit ist die Bibliothek für Kinder und Jugendliche allerdings geöffnet, und dies auch während den Schulferien mit gleich langen Öffnungszeiten wie zur Schulzeit.

Für den Normalbetrieb reiche eine Person vor Ort aus, sagt Leiter Roland Hochstrasser. An Mittwochnachmittagen und Samstagen benötige es allerdings zwei Personen wegen des grösseren Andrangs.

Die Diskussionen um die Stadtbibliothek sind allerdings nicht neu. Aufgrund des Spardrucks bei der Stadt hat das Gemeindeparlament per Anfang 2015 50 Stellenprozente eingespart. Dies führte zu einer spürbaren Reduktion der Öffnungszeiten von damals 33 auf heute noch 24 Stunden pro Woche.

Ein halbes Jahr später forderte der damalige Grünliberale-Gemeinderat Simon Haller in einer Motion, die Öffnungszeiten wieder auf den Stand vor der Kürzung zu erweitern, allerdings ohne dass mehr Geld gesprochen wird. Er schlug vor, die Aussengemeinden bei der Finanzierung anzufragen, die Gebühren zu erhöhen oder Freiwillige in den Dienst einzubeziehen. Der Stadtrat lehnte die Motion ab, das Gemeindeparlament schickte sie ebenfalls klar bachab.

Haller ist indes auf Anfrage heute noch überzeugt davon, dass die Stadtbibliothek dienstleistungsorientierter werden müsse. Auch CVP-Gemeinderätin Heidi Ehrsam wünschte sich, dass die Stadtbibliothek eine Verlagerung der Personalressourcen prüfe. Sie fragt sich etwa, ob jedes Jahr Tausende von neuen Medien angeschafft werden müssen oder ob es so viele Zeitschriften-Abos brauche.