Kappel
Geordnete Parzellen haben ihren Preis - Das verstehen nicht alle

Nach 15 Jahren Landzusammenlegung fallen Kosten für die Gemeinden an. Doch Kappel sträubt sich dagegen, diese zu bezahlen.

Noël Binetti
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Max Zülli, Bauverwalter von Wangen, auf einem der neugeschaffenen Wege zwischen Kappel (hinten) und Rickenbach.

Max Zülli, Bauverwalter von Wangen, auf einem der neugeschaffenen Wege zwischen Kappel (hinten) und Rickenbach.

Bruno Kissling

Vor fünfzehn Jahren wurde die Flurgenossenschaft LRO gegründet. Ihr Zweck war und ist die «Landumlegung». Konkret heisst das: 1 200 Parzellen von über 300 und Eigentümerschaften zu bündeln, zu erschliessen und unter den Landbesitzern wieder gerecht zu verteilen. Eine Herkulesaufgabe, die bald ein Ende findet. Sechs Gemeinden sind davon betroffen. Zwischen Olten und Gunzgen sind es Rickenbach, Wangen, Hägendorf und Kappel. Jede Gemeinde ist durch eine Person in der Genossenschaft vertreten. Präsidiert wird diese von Max Zülli aus Wangen.

An der Gemeindeversammlung vom 10. Dezember in Kappel, meldete sich zum Traktandum «Verschiedenes» Urs Studer zu Wort. Er trug eine Liste mit Errungenschaften vor, welche die LRO im Interesse und für die Gemeinde erbracht habe. Studer ist pensionierter Landwirt und vertritt die Gemeinde Kappel in der Genossenschaft. Er erwähnte Landzusammenlegungen, die Pflege bestehender Feldwege und die Neuerrichtung solcher. Dann appellierte Studer an den Gemeinderat, die anfallenden Restkosten, welche auf die sechs Gemeinden verteilt würden, zu bezahlen. Der Betrag von rund 220 000 Franken war im zuvor abgesegneten Gemeindebudget jedoch nicht enthalten. Gemeindepräsident Rainer Schmidlin bestritt die Beitragspflicht der Gemeinde. Eine anfechtbare Verfügung liege nicht vor, damit liege der Ball bei der LRO. Schmidlin liess durchblicken, dass Kappel die Rechnung gerichtlich anfechten wird, trotz des Risikos zusätzlicher Prozesskosten.

Dann müssten sich Schätzungskommission, Regierungsrat und Verwaltungsgericht damit befassen, und am Ende könnte es das Bundesgericht sein, das den endgültigen Entscheid fällt.

Gestaltung der Kostenverteilung

«Eine Güterregulierung war damals überfällig», sagt Max Zülli, und meint die Anfangszeit der LRO. Zum einen ging es darum, den Landwirten mit der Zusammenlegung von Feldern ein wirtschaftliches Bewirten dieser zu ermöglichen. Zusätzlicher Schub erhielt das Projekt durch die Umfahrungsstrasse von Olten. Die Zerstückelung der Parzellen konnte in den vergangenen Jahren durch die LRO stark abgebaut werden. Das Langzeitprojekt erzeugte allein für den Wegebau Baukosten von über 8,5 Millionen Franken – eine Million mehr als ursprünglich budgetiert. Es wurden 25 Kilometer Wege neu gebaut, erweitert, saniert oder aufgehoben und urbarisiert.

«Die Gemeinde Kappel kam in diesem Zusammenhang in den Besitz von einem neuwertigen Feldwegnetz von über 8 Kilometer Länge», sagt Zülli. «Dies als Ersatz für die bisherigen, teilweise maroden und unterhaltswürdigen Weganlagen.» Die Kosten werden zu 40 Prozent vom Bund, zu 37 Prozent vom Kanton getragen. Die Restkosten, rund zwei Millionen Franken, haben die Mitglieder der Genossenschaft und die Gemeinden zu tragen.

Die Beitragsfestlegung erfolgt durch die dafür eingesetzte neutrale Schätzungskommission. Die Aufteilung unter den Gemeinden ergibt sich aus der Verhältnismässigkeit ihrer Weglängen. Weil Kappel von den sechs Gemeinden das grösste bearbeitete Feldwegenetz aufweist, fällt auf Sie mit dem Betrag von 220 000 Franken der grösste Teil zu. Für die anderen Gemeinden bezifferte die LRO die Beiträge auf zwischen 40 000 Franken (Olten) und 145 000 Franken (Rickenbach). «Diese Gemeinden haben ihre Beitragsbelastung akzeptiert und teilweise bereits beglichen», sagt Zülli.

Gericht als letzter Weg

Zülli erklärt: «Der neue Besitzstand besteht seit 2011 und wird von den Landeigentümern entsprechend bewirtschaftet.» Die LRO steht vor dem Abschluss ihrer Arbeit. Bevor aber die neuen Verhältnisse gültig und im neuen Grundbuch eingetragen werden, müssen die definitiven Parzellenzuteilungen, Vermessungen, Rechtsbereinigungen sowie die Restkostenverteilung zur öffentlichen Einsichtnahme aufliegen. Dort habe Kappel die Möglichkeit zur Beschwerde. «Wenn aber alles ohne Einsprachen abläuft und vom Regierungsrat abgesegnet ist, werden wir die Genossenschaft LRO auflösen.» Zülli möchte den Gang gegen die Gemeinde Kappel vor Gericht, und die dadurch entstehenden Mehrkosten vermeiden. Er sagt: «Ich bin zuversichtlich, weil das Verteilungsmodell gut durchdacht und die Interessenlage der Gemeinde Kappel klar ist.

Rainer Schmidlin sieht den Sachverhalt anders. Auf Anfrage anerkennt er zwar die Anstrengungen der LRO: «Die Flurgenossenschaft hat etwas unglaublich Kompliziertes geleistet.» Ein solches Projekt mit unzähligen Landvergleichen und Einsprachen sei ein organisatorisches Unding. Die Gemeinde habe sich, wie alle Grundeigentümer, in Form von jährlichen Arebeiträgen für Landstücke beteiligt, die im Besitz der Gemeinde seien. Doch man müsse bedenken, wer nach all dem Aufwand einen Nutzen davontrage. «Das sind in erster Linie die Landwirte und alle Grundstückbesitzer im Gebiet der LRO. Daher ist es aus unserer Sicht nicht legitim, die Restkosten auf die Allgemeinheit abzuwälzen. Eine solche Forderung seitens der LRO gegenüber der Gemeinde Kappel war früher nie ein Thema. Ansonsten hätte der Souverän für eine Investition dieser Grössenordnung vor der Projektrealisierung einen Kredit sprechen müssen.»

Schmidlin erklärt: «Im Gemeinderat haben wir die Angelegenheit besprochen. Wir kamen zum Schluss, dass die Einwohnergemeinde für diese Kosten nicht aufkommen muss. Wir erachten die Forderung als sogenannte nicht gebundene Kosten, was so viel heisst wie: wir könnten, wir müssen aber nicht.» Die finanzielle Situation von Kappel lasse es nicht zu, die Rechnung auf freiwilliger Basis zu bezahlen.

Einem Gang vor Gericht sieht Schmidlin gelassen entgegen. «Weil wir überzeugt sind, dass unsere Ansicht die richtige ist, es fehlt hier die rechtliche Grundlage. Sollte aber ein Gericht gegen uns entscheiden und müsste die LRO bezahlt werden, dann seien es gebundene Kosten, die dem Souverän nicht mehr vorgelegt werden müssten. Dann würden wir halt eine andere für uns wichtige Investition zurückstellen», sagt der Gemeindepräsident.

Noch ist die Mission der LRO also nicht komplett: Nachdem die Felder erschlossen und die Parzellen geordnet sind gilt es, dieselbe Aufgeräumtheit in auch in der Kostenverteilung durchzusetzen.