Wangen bei Olten
Gemeinderat muss Niederlage einstecken: Heizungen in öffentlichen Gebäuden werden bis 2030 erneuerbar

Die Stimmbürger wollen ab 2030 alle öffentlichen Gebäude mit erneuerbaren Energien beheizen. Der Souverän hat sich an der Gemeindeversammlung damit gegen die Meinung des Gemeinderats durchgesetzt.

Fabian Muster
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Der Gemeinderat kann nicht wie vorgesehen, die alte Gasheizung in der Gemeindekanzlei wieder mit einer Öl- oder Gasheizung ersetzen.

Der Gemeinderat kann nicht wie vorgesehen, die alte Gasheizung in der Gemeindekanzlei wieder mit einer Öl- oder Gasheizung ersetzen.

Bruno Kissling

An der Gemeindeversammlung am Montagabend haben die 169 Stimmbürger mit grosser Mehrheit entschieden, dass bis ins Jahr 2030 die Heizungen aller öffentlichen Gebäude auf erneuerbare Energien umgerüstet werden müssen und damit die Motion des Grünliberalen Martin Blapp angenommen. Der Einbau von fossilen Heizungen ist ab sofort nicht mehr erlaubt. Bis spätestens Ende 2021 muss die Gemeinde zudem für alle Liegenschaften mit fossilen Heizungen Kurzanalysen vornehmen. Der Souverän hat sich damit gegen die Meinung des Gemeinderats gestellt, der die Motion nicht für erheblich erklären lassen wollte, weil diese zeitlich zu starr sei.

In seiner Präsentation zeigte Blapp auf, dass die Gemeinde in 30 Jahren bis zu 1,5 Millionen Franken sparen könnte, wenn sie auf erneuerbare Heizenergie setze. Er berücksichtigte in seinen Berechnungen, die von zwei unabhängigen Energieberatern geprüft wurden, eine Vollkostenrechnung, Subventionen und Förderbeiträge sowie vermiedene CO2-Abgaben.

Neue Heizung in Gemeindekanzlei darf nicht mehr fossil sein

Dieser Entscheid der Gemeindeversammlung hat gleichzeitig zur Folge, dass Wangen bei Olten die Heizung in der Gemeindekanzlei 2020 nicht mit einer Öl- oder Gasheizung ersetzen kann. Dies hat der Gemeinderat Ende September aus wirtschaftlichen Gründen so entschieden. Die Ersatz-Investition mit einer erneuerbaren Luft-Wasser-Wärmepumpe inklusive Fassadenanstrich der Gemeindekanzlei und den umgebenden Stützmauern kostet damit neu 166'000 Franken, 50'000 Franken mehr als mit der fossilen Variante. Allerdings war vor allem die Erneuerung der Fassade umstritten: Ein Anwesender beantragte, diesen Posten aus dem Budget 2020 zu streichen, weil es noch nicht nötig sei. Der Antrag wurde knapp abgelehnt.

Bei der Diskussion wurden mehrere Voten zugunsten der erneuerbaren Energien mit Applaus quittiert, sodass schnell klar war, dass die Stimmung gegen den Gemeinderat kippen würde. So nahm eine Anwesende auf das räumliche Leitbild Bezug, gemäss diesem die Gemeinde künftig eine «nachhaltige Energiepolitik» verfolgt und dies im Widerspruch dazu stehe. «Wir müssen jetzt an unsere Zukunft denken und nicht erst im Jahr 2040.» Ebenfalls zu Wort meldete sich ein jüngerer Teilnehmer, der nicht verstehen konnte, wieso die Gemeinde weiterhin auf fossile Energien setzt. Das sei «verantwortungslos». Gegenstimmen, die wie der Gemeinderat das starre zeitliche Korsett kritisierten, wurden nicht erhört. In der Abstimmung wurde die Motion schliesslich mit 107 zu 47 Stimmen bei 7 Enthaltungen für erheblich erklärt. Damit sind ab sofort auch Ersatz und Einbau neuer fossiler Heizungen in Gemeindegebäuden untersagt.

Ebenfalls angenommen haben die Stimmbürger eine zweite Motion von Martin Blapp, in der er ein neues Reglement forderte: Künftig muss beim Ersatz von Heizungen in öffentlichen Gebäuden ein unabhängiger und vom Kanton empfohlener Energieberater beigezogen und eine Vollkostenrechnung über mindestens 30 Jahre vorgenommen werden.

Gemeindepräsidentin Daria Hof sagte denn auch beim Apéro im Anschluss an die Versammlung, dass sie über das Resultat nicht überrascht sei und es erwartet hätte.

Weitere abgesegnete Investitionen

Alle anderen Investitionen des Budgets 2020 passierten grossmehrheitlich: So wurden 750'000 Franken für ein neues Regenbecken genehmigt; 325'000 Franken für die letzte Tranche der Sanierung Lernschwimmhalle Hinterbüel bewilligt; 300'000 Franken für die neue Verbindungsstrasse im Rickenbacherfeld und 180'000 Franken für die neue Erschliessungsstrasse Alte Sagi abgesegnet; zudem 240'000 Franken für einen Architekturwettbewerb gutgeheissen, um das Schulhaus Hinterbüel mit einer Doppelturnhalle und mindestens sechs Klassenzimmern zu erweitern. Das Budget 2020 mit einem Verlust von 254'000 Franken und gleichbleibenden Steuersätzen von 119 Prozent wurde sogar einstimmig angenommen.

Jeweils mit nur wenigen Gegenstimmen und Enthaltungen passierten mehrere Pensenerhöhungen in der Verwaltung von insgesamt 110 Prozent. Auch die Beitragsverdoppelung von 7000 auf 14'000 Franken an die Sportpark Olten AG wurde klar bejaht. So konnte Gemeindepräsidentin Daria Hof zum Schluss Erfreuliches vermelden; nämlich dass Wangen bei Olten den Pfefferli-Hof und das dazugehörige Grundstück für eine Million Franken vom Kanton abgekauft hat.

Räumliches Leitbild sorgt für Diskussionen

Eine längere Diskussion provozierte das neue räumliche Leitbild, welche die Gemeindeversammlung absegnen sollte, damit später die Ortsplanungsrevision gestartet werden kann. Zum einen störten sich einige daran, dass es nur noch darum ging, dieses als Ganzes anzunehmen oder abzulehnen. Zum anderen sorgte das Gebiet Zelgliacker mit rund 16000 m2 Fläche für mehrere Voten, das sich an der Peripherie Kleinwangens befindet und in eine Wohnzone umgezont werden soll.

Ein Anwesender wies darauf hin, dass mit dem revidierten Raumplanungsgesetz die Siedlungen nach innen verdichtet werden sollen. Zudem machte er darauf aufmerksam, dass Wangen bei Olten einer der höchsten Leerwohnungsquoten der Schweiz hätte. Er sei dagegen, dass die Gemeinde bis 2040 um 1200 auf 6200 Einwohner anwachse. Das räumliche Leitbild sei zurückzuweisen und zu überarbeiten. Relativ knapp segneten die Stimmbürger das Leitbild trotzdem ab, nämlich mit 73 Ja- zu 60-Nein-Stimmen bei 12 Enthaltungen.