Der Solothurner Regierungsrat bestimmt: Der «Spittel» muss vorerst nicht zum «Armenhaus» werden.
«Der Aufsichtsbeschwerde wird keine Folge geleistet. Die Verfahrenskosten belaufen sich auf 4800 Franken.» So lautet der Regierungsratsbeschluss vom 2. September dieses Jahres. Konkret bedeutet dies: Die Aufsichtsbeschwerde Dr. Cyrill Jeger, Martin Eduard Fischer und Markus Bonaventur Meyer gegen die Bürgergemeinde Olten in Sachen Missachtung des Stiftungszwecks der Stiftung Werner und Elsa Scherer ist nichtig. Ein Teilerfolg für die Bürgergemeinde Olten. «Ich habe in der Angelegenheit keinen anderen Entscheid als diesen erwartet.» So kommentiert Bürgerpräsident Felix Frey das regierungsrätliche Verdikt, welches die städtische Bürgerschaft vorläufig von der Aufgabe entbindet, an der Marktgasse 27 ein «Armenhaus» zu führen oder eine gemeinnützige Einrichtung zu ermöglichen.
Ganz anders tönts auf der Seite der Beschwerdeführer: «Meiner Einschätzung nach will der Regierungsrat gar nicht auf das Thema eingehen.» So reagiert Markus Bonaventur Meyer auf den Entscheid aus Solothurn. Bis heute nämlich könne die Auflösung der Stiftung Scherer nicht nachgewiesen werden, welche die Bürgergemeinde von ihrem karitativen Auftrag entbinden würde. Der Regierungsratsentscheid umkurve lediglich wortreich diese zentrale Frage, findet Meyer.
Die Beschwerdegegnerin, die Bürgergemeinde Olten, beziehungsweise deren Rechtsvertretung, hatte dagegen andersrum argumentiert. Zum heutigen Zeitpunkt sei völlig unklar und nicht mehr zu eruieren, welche Liegenschaft beziehungsweise welches Grundstück die «Herberge für Arme» hätte gewesen sein sollen. Dass aber im späteren 15. Jahrhundert Werner und Elisabeth Scherer den Armen ein Haus zur Herberge gegebenen hätten, sei unbestritten.
Im Weiteren argumentiert die Beschwerdegegnerin, die Bürgergemeinde Olten habe sich bei der Gründung des Kantonsspitals Olten (Eröffnung 1880) mit 80 000 Franken aus dem Spital- und Armenfonds beteiligt. «Damit ist der Spittel bezüglich der Krankenverpflegung überflüssig geworden», so die Beschwerdegegner. In der Folge sei der Spittel im September 1898 an einer ordentlichen Bürgergemeindeversammlung aufgehoben worden.
Der Regierungsrat geht in seinen Erwägungen ebenfalls davon aus, dass die Bürgergemeinde Olten damals den Spital tatsächlich als Unterkunftsort aufgehoben und somit auch den eigentlichen Stiftungszweck eliminiert hat. Allerdings wäre dieser Beschluss vom ‹Regierungsrathe› zu genehmigen gewesen. Aber: Eine solche Genehmigung liegt – soweit bekannt – nicht vor.
Der Regierungsrat sieht aber in der bislang fehlenden Genehmigung keinen Grund, an der erfolgten Auflösung des Spittels beziehungsweise der Aufhebung des Stiftungszwecks zu zweifeln. Er misst der fehlenden Genehmigung nur deklaratorischen Charakter bei. Was so viel bedeutet wie: Der ‹Regierungsrath› stellt mit der Genehmigung lediglich einen Beschluss offiziell fest. Der seinerzeitige Bürgerentscheid von 1898 bleibt demnach gültig, so lange keine Nichtgenehmigung des ‹Regierungsrathes› vorliegt.
Die Beschwerdeführer sind mit ihrer Aufsichtsbeschwerde, gegen die kein weiteres Rechtsmittel besteht, also abgeblitzt. Allerdings hat das Trio eine weitere Beschwerde beim Regierungsrat hängig. Diese richtet sich gegen den Beschluss der Oltner Bürgerversammlung vom 4. Juni, nach welcher für die Sanierung des Spittels ein Kredit über 1,6 Mio. Franken gesprochen wurde. Begründet wird die Beschwerde auch mit der Missachtung des Stiftungszwecks. Für Markus Bonaventur Meyer steht die Option, den nächsten Entscheid anfechten zu können, im Vordergrund. «Diese Möglichkeiten hatten wir beim jüngst ergangenen Entscheid eben nicht», sagt er.