Olten
«Ein Armutszeugnis des Stadtrates»: Neue Richtlinien für Videoüberwachung sorgen für Diskussionen

Neue Videoüberwachungsrichtlinien sorgen auf den sozialen Medien für Diskussionen – doch wo in Olten wird überhaupt gefilmt?

Jakob Weber
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Bruno Kissling

Videoüberwachung: Dieses Wort allein reicht aus, um viele zu verunsichern. Kaum hatte der Oltner Stadtrat diese Woche neue Richtlinien im Umgang mit der Videoüberwachung verkündet (siehe Box) folgten auf den sozialen Medien Reaktion wie diese: «Ein Armutszeugnis des Stadtrates. Weil die Polizei die Kleindelikte nicht verhindern kann, wird nun jeder Oltner videoüberwacht!»

Die Richtlinien des Stadtrats zur Videoüberwachung

- Jeder Videoüberwachung muss ein Bearbeitungskonzept zugrunde liegen, das mindestens

- die Begründung der Überwachung, den Nachweis des öffentlichen Interesses und den Nachweis der Verhältnismässigkeit festhält.

- Einen Plan des Überwachungsperimeters enthält.

- Angaben zum Auflösungsgrad der Bilder, zur Aufbewahrungsdauer, zum Überprüfungsrhythmus der Notwendigkeit und Verhältnismässigkeit der Überwachung und die für die Bearbeitung zuständige Personen enthält.

- Jede Überwachung muss mit Hinweisschild und Kontaktadresse versehen sein.

- Die mittels Videoüberwachung erhobenen Daten dürfen höchstens 96 Stunden aufbewahrt werden.

- Jede von einer Überwachung erfasste Person hat Anspruch, die sie betreffenden Aufnahmen einzusehen.

Der städtische Rechtskonsulent Patrik Stadler nimmt den vielen Kritikern den Wind aus den Segeln. «Diese neuen Richtlinien bestärken die Videoüberwachung nicht. Sie gewährleisten, dass die Überwachung nur verhältnismässig zum Einsatz kommt.» Laut Stadler überwacht die Stadt Olten momentan lediglich Bereiche im Inneren des Stadthauses. Dort gibt es fest installierte Kameras, auf deren Aufnahmen bei Bedarf zurückgegriffen werden kann. Die Überwachung im Stadthaus dient lediglich dem Schutz der dort arbeitenden Personen, im Eingangsbereich wird nicht gefilmt.

Die Stadt überwacht den öffentlichen Raum in Olten laut Stadler «ganz bescheiden». Ausserhalb des Stadthauses habe die Stadt – Stand heute – keine Kameras installiert. «Das Gesetz ist relativ restriktiv. Wenn überhaupt würden wir nur zum Schutz von strafbaren Handlungen eine Videoüberwachung durchführen», sagt Stadler.

Jede in der Zukunft allfällig geplante Überwachung muss mit dem städtischen Datenschutzbeauftragen abgeklärt werden und sich an die beschlossenen Richtlinien halten. Erst dann kann die zuständige Verwaltungseinheit zusammen mit dem Stadtrat die Überwachung genehmigen. Momentan wird erörtert, ob auf dem Werkhofgelände Kameras installiert werden sollten. Damit sollen Wilddeponierer geschnappt werden. Doch spruchreif ist laut Stadler noch nichts.

Überwachungskamera in Olten

Trotzdem laufen in Olten auch schon jetzt an anderen öffentlichen Orten Überwachungskameras. Schuld daran ist der Kanton. Andreas Mock, Mediensprecher der Kantonspolizei, sagt: «Videoanlagen in Olten, für deren Betrieb der Kanton zuständig ist, befinden sich im Hauptbahnhof und in der Winkelunterführung. Ausserdem wird der Strassenverkehr im Bereich der Umfahrung ERO-Tunnel überwacht.» Warum der Kanton das macht? «Je nach Zweck der Videoanlagen werden die Aufnahmen für die Aufklärung von Delikten hinzugezogen oder helfen dabei, bei Verkehrsereignissen rasch zu reagieren.»

Zu genaueren Details, wann, wer und was mit welchen Kameras überwacht wird und wer beim Kanton über den Einsatz von Videoüberwachung in Olten entscheidet, hält sich die Polizei bedeckt. Aber: «An öffentlichen und allgemein zugänglichen Orten können Behörden zum Schutz von Personen und Sachen vor strafbaren Handlungen und zur Identifizierung von Straftätern unter den Voraussetzungen von § 15 und § 16 Anlagen zur visuellen Überwachung einsetzen» hält das kantonale Informations- und Datenschutzgesetz unter anderem fest. Die Richtlinien der Stadt Olten sind diesbezüglich deutlich präziser formuliert. Was aber nichts daran ändert: Big Olten is watching you.