Das Kleinwasserkraftwerk an der Dünnern erhitzt die Gemüter an deren Ufer.
Es ist verständlich: Veränderungen, und vor allem die wenig beliebten, erhitzen die Gemüter. Das gilt erst recht für tot geglaubte Bauprojekte, die von einem Moment auf den andern wieder auftauchen. All diese Voraussetzungen bringt das seit gestern im Bau befindliche Kleinwasserkraftwerk Dünnern mit. Von der einstigen Absicht der Alpiq, das Kleinwasserkraftwerk zusammen mit der AEK Energie zu realisieren und zu betreiben, blieb seit dem Jahr 2009 im öffentlichen Bewusstsein nämlich nichts mehr hängen.
Ebenso wenig bei den Dünnernanrainern in der Schürmatt. Erst am 20. Oktober erfuhren sie gemäss eigenen Aussagen offiziell, dass demnächst – will heissen gleichentags – mit den Bauvorbereitungsarbeiten zum Kraftwerk begonnen würde. Und dies, obschon die Bauherrschaft in der Pflicht steht, die betroffene Nachbarschaft über die totale Bauzeit, emissionsreiche Phasen und prophylaktische Massnahmen zu informieren sowie eine Anlaufstelle zu benennen, an welche sich die Anrainer gegebenenfalls wenden können. Forderungen, die bis zum 20. Oktober nicht erfüllt wurden.
Die neuerliche Konkretisierung des Bauvorhabens jedenfalls hat Bruno Rütsch und Therese Krähenbühl von der Schürmatt zum zweiten Mal aufgerüttelt. «Wir wurden von diesem Baubeginn völlig überrumpelt», erklärt der Mann. Er sagt das mit gutem Grund: Denn nachdem die im Juli 2012 erteilte Konzession nach zweijähriger Gültigkeitsdauer ungenutzt verstrichen war und bei den Anrainern sämtliche seinerzeitigen Vorkehrungen wie die Erstellung von Rissprotokollen abgebrochen wurden, gingen Bruno Rütsch und Therese Krähenbühl davon aus: Das Kleinkraftwerk an der Dünnern hat sich erledigt. Ein Irrtum eben. Mit Folgen. Beide werden mittlerweile im Kampf gegen das Bauwerk juristisch unterstützt, wie die Informationsveranstaltung der ADEV, Erbauerin und Betreiberin der künftigen Anlage an der Dünnern, am Donnerstagabend zeigte.
Bruno Rütsch und Therese Krähenbühl nämlich liessen durch ihre Anwältin das Bau- und Justizdepartement (BJD) dort wissen, man habe den Stopp der bereits begonnenen Bauarbeiten beantragt und bitte das Departement zudem, die Rechtmässigkeit und Vollständigkeit der Bewilligungen und Verfügungen bis zum 7. November 2014 zu prüfen. Was die Juristin Therese Hintermann bei der Begründung ihrer Forderungen besonders hervorhob: Die verwirkte Konzessionsbewilligung beziehungsweise deren widerrechtliche Übertragung auf eine neue Gesellschaft, Planänderungen, die nie aufgelegt wurden (mittlerweile werden alle neuen Bauten, mit Ausnahme der Betriebszentrale, unterirdisch angeordnet) und das Fehlen ausstehender Bewilligungen und Sondernutzungskonzessionen. Auf Nachfrage bezeichnete Therese Hintermann ihre Eingabe als «Vorstufe zur Aufsichtsbeschwerde»; und eine solche Beschwerde sei nicht auszuschliessen.
Nach Aussagen von Rolf Glünkin, Qualitätsleiter beim Amt für Raumplanung, führe die Eingabe der Partei Rütsch/Krähenbühl nicht zu einem Baustopp. «Auch einer Aufsichtsbeschwerde kommt keine aufschiebende Wirkung zu», so Glünkin weiter, der im Übrigen die Ansicht vertritt, dass noch vor Baubeginn sämtliche Auflagen erfüllt worden seien.
Die Eingabe werde departementsintern beurteilt. Selbst die Tatsache, dass zwischen Konzessionserteilung und Baubeginn mehr als die erlaubten zwei Jahre verstrichen seien, müsse nicht zwingend zum Erlöschen der Konzession führen. Das Gesuch um Fristverlängerung wurde am 10. Juni 2014 (von der ursprünglichen Bauherrin) eingereicht und am 25. Juni 2014 gutgeheissen.
Als Grund für die Fristerstreckung wurden langwierige Landverhandlungen ins Feld geführt. Dies könne keinesfalls der Grund sein, so Therese Hintermann in ihrer Eingabe. Für die fraglichen Grundstücke könnten keine Mutationen ausgemacht beziehungsweise keine pendenten Geschäfte verzeichnet werden. Vielmehr sei die Alpiq mit der Suche nach einem Käufer in Verzug gewesen, was nicht Grund einer bewilligten Fristverlängerung sein könne.
Bruno Rütsch und Therese Krähenbühl haben die Geschichte des Kleinwasserkraftwerks von allem Anfang an miterlebt und sind – soweit möglich – auch dagegen vorgegangen. Zusammen mit einer Handvoll anderer Parteien. Ohne namhaften Erfolg allerdings. Am Donnerstagabend schieden sich die Geister noch darüber, ob in Sachen Dünnernkraftwerk überhaupt jemals ein sogenanntes Mitwirkungsverfahren initiiert worden sei. Unbestritten dagegen blieb, dass im März 2009 eine Informationsveranstaltung mit Fragerunde stattfand, die seinerzeitigen Pläne im Juni/Juli 2009 auflagen. Tempi passati.
Immerhin: Neue Bauherrschaft wie Amt für Raumplanung gestanden gewisse kommunikative Defizite ein, die auf den Termindruck bei der ADEV zurückgeführt wurden. Die Übernahme des Projekts durch ADEV erfolgte erst am 15. Oktober 2014. Grund der Eile, so geht die Vermutung, sind drohende Einbussen bei der kostendeckenden Einspeisevergütung (kev) für Projekte, die erst ab 2015 angegangen werden. Ende 2015 soll das Kraftwerk an der Dünnern stehen, was in Fachkreisen als äusserst ambitioniert bezeichnet wurde. Mit Beeinträchtigungen müssen die Anrainer also in den nächsten Tagen rechnen. Vor allem das Setzen der Spundwände dürfte zu aussergewöhnlichen Lärmschüben an der sonst eher ruhigen Schürmatt führen. Ob und in welcher Form sich das Duo Rütsch/Krähenbühl weiter gegen den Bau des Kraftwerks stellen wird, ist derzeit noch nicht absehbar.