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Die Anregung aus freisinnigen Kreisen, das Oltner Kunstmuseum gegen ein Fotomuseum zu tauschen, kommt nicht gut an. Unabhängig davon plant das Internationale Photo Festival Olten ein Haus für Fotografie.
Urs Knapp, Fraktionspräsident der städtischen FDP, hat laut nachgedacht. Über die Zukunft des Kunstmuseums Olten. Und über mögliche Alternativen dazu. Knapp hat in seinem schriftlichen Beitrag von Mitte Januar in der Neuen Oltner Zeitung (NOZ) zu verstehen gegeben: «Das kulturelle und politische Olten diskutiert, wie es mit dem Kunstmuseum weitergehen soll.» Aber die Debatte sei durch Denkverbote geprägt.
Knapp als Provokateur? Denkverbot? Der Mann argumentiert, in der ganzen Thematik «Wie weiter mit dem Kunstmuseum?» werde die eine Frage nicht gestellt: Nämlich, ob Olten überhaupt ein solches brauche. «Von Olten aus ist man schnell in vielen Museen von nationaler und internationaler Bedeutung – in Aarau, in Basel, in Zürich, in Bern. Da bleibt ein Kunstmuseum in Olten immer unter ‹ferner liefen›», bilanziert der Freisinnige. So etwas aber habe Olten nicht verdient. Knapps Vorschlag: Olten investiert in ein neues Fotomuseum mit nationalem Anspruch statt in ein Kunstmuseum. Denn die Ausgangslage dafür sei ideal. «Die Stadt hat eine vielfältige und lebendige Fotografenszene mit internationaler Strahlkraft.» Der Fraktionschef verhehlt dabei auch nicht, dass ein neues Museum einem bisher vernachlässigten Stadtteil frische Impulse zu geben im Stande wäre.
Ein Museum dieser Art hätte tatsächlich noch so etwas wie den Charakter eines Solitärs im Lande. Zwar organisiert die 1971 gegründete Fotostiftung in Winterthur jährlich drei bis vier Ausstellungen in ihren eigenen Räumen, zeigt photoSCHWEIZ als grösste Werkschau für Fotografie der Schweiz jährlich aktuelle Arbeiten von mehr als 250 nationalen und vereinzelt internationalen Fotografen. Aber Olten wäre schweizweit erst der dritte Standort eines Museums dieser Provenienz. Im Jahr 1985 wurde mit dem Musée de l’Elysée in Lausanne das erste auf Fotografie spezialisierte Museum gegründet. 1993 folgte das Fotomuseum Winterthur.
Da wirft also einer eine Idee hin, redet von idealer Ausgangslage. Nicht zu Unrecht. Denn da gibt’s seit 2009 den gemeinnützigen Verein Archiv Olten, der sich Förderung und Erhalt der Fotografie des Jurasüdfusses, insbesondere des Werkes von Franz Gloor, zum Ziel gesetzt hat. «Es war uns von Anfang an klar, dass wir die Sammlung Gloor mit weiteren namhaften Fotografen des Jurasüdfusses ergänzen wollen, die es verdienen, aufgenommen zu werden. Damit Fotografie zu einem strategischen Schwerpunkt des Historischen Museums Olten wird», hatte die damalige Präsidentin Ruth Grossenbacher bemerkt. An ein eigentliches Fotomuseum hatten die Vereinsinitianten also nicht gedacht. Yves Stuber, aktueller Vereinspräsident von Archiv Olten, erklärt auf Anfrage: «Wir enthalten uns in diesem Kontext einer Stellungnahme aus dem Blickwinkel der Fotografie. Dies, weil Urs Knapp in erster Linie eine möglichst enttabuisierte Diskussion rund um die Existenz des Kunstmuseums fordert und nicht ernsthaft ein Fotomuseum beabsichtigt. Es ist gut, Bestehendes in Frage zu stellen, aber Neues soll entstehen, weil man Neues wirklich will. Und nicht, weil man etwas anderes dafür abschaffen möchte.»
So viel zur Ausgangslage rund um den Verein Archiv Olten. Aber es gibt noch das vom Oltner Fotografen Marco Grob angestossene Internationale Photo Festival Olten (IPFO), welches letzten Sommer zum zweiten Mal über die Bühne ging und jeweils die Big Shots der Szene und ein breites fotoaffines Publikum anlockt. Grob würde ein Fotomuseum durchaus begrüssen. «Ich hätte Freude», sagt er in Los Angeles am Telefon sitzend. Aber irgendwie könne er sich das einfach nicht vorstellen. Was Grob aber in diesem Zusammenhang erwähnt: «Das IPFO plant, ein Haus für Fotografie in Olten zu etablieren und prüft zurzeit Möglichkeiten.» Das Ziel sei, dort Ausstellungen von international bekannten und wegweisenden Fotografinnen und Fotografen durchzuführen, um ein möglichst grosses Publikum aus der ganzen Schweiz und dem umgebenden Ausland anzulocken. Sollte das Projekt IPFO-Haus realisiert werden können, plane das Festival eine Zusammenarbeit mit dem Kunstmuseum. «Dies war ja für die beiden vorherigen Festivals sehr gut und für beide Parteien erfolgreich», so Grob. Gemäss Festivalleiter Remo Buess wäre die erste Ausstellung für Ende dieses Jahres denkbar; und zwar als Zwischennutzung in den Räumlichkeiten des einstigen Naturmuseums.
"Das Internationale Fotofestival Olten plant, ein Haus für Fotografie in Olten zu etablieren und prüft zurzeit Möglichkeiten."
Auch wenn die Äusserung von Urs Knapp als Provokation anzusehen erlaubt ist, weiss Oltens Stadtpräsident Martin Wey: «Fotografie hat an Stellenwert in der Szene durchaus gewonnen.» Allerdings macht der Stadtpräsident auch deutlich, dass seiner Einschätzung nach ein Entweder-oder nicht zur Debatte stehe. Damit könne sich der Stadtrat nicht anfreunden. «Ich würde die Breite des Kreises rund ums Kunstmuseum nicht unterschätzen», warnt Wey. Der Fotografie als Kunst- und Kulturform aber mehr Raum zu geben, darüber könne man durchaus reden. «Gegenwärtig arbeitet der Stadtrat bekanntlich am Raumprogramm für’s Kunstmuseum. Da ist es absolut denkbar, bei passender Gelegenheit der Fotografie ebenfalls ihren Platz einzuräumen.» Warum der Stadtpräsident am bisher eingeschlagenen Museumsweg festhält? Im Jahr 2009 hatte das Gemeindeparlament mit 36:4 Stimmen dem Antrag des Stadtrates zugestimmt, die drei städtischen Museen – Historisches Museum, Kunstmuseum und Naturmuseum – als eigenständige Institutionen weiterzuführen. «Der Entscheid ist verbindlich und darauf stützen wir uns auch. Es sei denn, Mehrheiten in Parlament und Stadtrat würden kippen», so Wey.
Skeptisch gegenüber Knapp’s Idee gibt sich auch der Präsident des städtischen Kunstvereins, Christoph Schelbert. Er kann der Idee Fotomuseum in Olten grundsätzlich wenig abgewinnen. «Ich glaube, ein solches Museum wäre eine Totgeburt.» Seiner Ansicht nach deckt die Winterthurer Institution den Bedarf vollständig ab. «Aber warum nicht im Dachgeschoss des Haus der Museen hin und wieder eine Wechselausstellung organisieren. Das wäre absolut in Ordnung», so Schelbert weiter. Auf den vermeintlichen Kuhhandel Kunstmuseum gegen Fotomuseum angesprochen lässt er auch den Verdacht auf Kannibalisierung durchschimmern. «Das eine auf Kosten des andern; nein», so Schelbert kategorisch.