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Beste Maturaarbeiten an der Kantonsschule Olten werden jeweils einer Jury im Raum Olten unterbreitet. Hier sind die Ausgezeichneten.
Die Jurymitglieder Christoph Rast (pensionierter Leiter der Stadtbibliothek Olten, Vorsitz), Marc Hofer (Historiker, Stadtarchivar der Stadt Olten), Georges Regner (pensionierter Leiter der Musikschule Olten), Christof Schelbert (pensionierter Institutsleiter FHNW Gestaltung und Kunst), Monique Rudolf von Rohr (Berufsschulfachlehrerin BBZ Olten), Denis Vallan (Biologe) und Marie-Therese Rudolf von Rohr (Dozentin FHNW) haben nach eingehender Prüfung im März aus den besten Maturaarbeiten acht ausgewählt und ausgezeichnet. Die jeweiligen Preisgelder werden vom Verein der Ehemaligen der Kantonsschule Olten (VEKSO), der ehemaligen Museumsgesellschaft der Stadt Olten und von Pensionierten der Kanti Olten gestiftet. Sieben der acht Arbeiten werden hier vorgestellt. Die ebenfalls prämierte Maturaarbeit «Leben ohne Müll» von Ilkim Aydin ist bereits in einer früheren Ausgabe des Oltner Tagblatts vorgestellt worden.
Die Arbeit «Effect of Intravenous Ascorbic Acid on Accuracy of Blood Glucose Results» der Oltnerin Devi Boddu, Klasse 4MG, befasst sich mit dem Einfluss intravenöser Ascorbinsäure auf die Genauigkeit von Blutzuckermessungen. Gerade weil Ascorbinsäure in der Krebsbehandlung oder beim Typ-2-Diabetiker einen erheblichen gesundheitlichen Nutzen verspricht, ist die Studie von Devi Boddu interessant. In Zukunft werden umfassende Patienteninformationen noch wichtiger werden. Devi Boddu hat sich auf die Frage konzentriert, inwiefern sich die Genauigkeit von Blutzuckermessungen unter dem Einfluss von Ascorbinsäure verändert und dazu eine klare Versuchsreihe angelegt. Motiviert hat sie dazu die persönliche Erfahrung mit einer Krebspatientin, welche mit Ascorbinsäure als Adjuvans in ihrer Therapie behandelt wurde und in der Folge hohe Blutzuckerwerte aufwies. Bevor man dieses seltsame Phänomen evaluieren konnte, verstarb die Patientin. Diese Erfahrung hat sie dazu gebracht, den Einfluss von Ascorbinsäure in der Blutzuckermessung zu erforschen. In präzisem und gut verständlichem Englisch beschreibt Devi die von ihr angelegte Versuchsreihe und folgt dabei strikt wissenschaftlichem Vorgehen, das in jedem Moment nachvollziehbar ist. Die vorgelegte Maturaarbeit ist gut belegt und bleibt in der Schlussfolgerung realistisch. Devi Boddu beweist mit dieser ausgezeichneten Arbeit, dass sie in Zukunft ihre wissenschaftliche Berufung auf dem Gebiet der klinischen Chemie finden kann.
Virgile Cornaz aus Olten, Klasse 4bW, hat mehr getan als nur eine Arbeit mit dem Titel «71 Minuten Freifall – Eine Videodokumentation» verfasst. Er hat sich 71-mal in 4000 Meter Höhe aus dem Flugzeug gestürzt, um im freien Fall eine Figur zu trainieren. Die Projektplanung und den ganzen Lernprozess hat er in einem schriftlichen Bericht dokumentiert und die gelernte Figur in einem Film festgehalten. Virgile Cornaz setzte sich zum Ziel, die Freifallfigur Sitfly zu beherrschen. Bei einem Fallschirmabsprung hat man etwa sechzig Sekunden Zeit, um eine Abfolge von Figuren zu gestalten. Danach muss man den Fallschirm öffnen, um sicher auf der Erde landet. Um das alles zu lernen, braucht es ein Trainingsprogramm, eine Fallschirmspringerausrüstung und nicht zuletzt ein geeignetes Flugzeug mit einem Piloten, der einen auf die erforderliche Flughöhe bringt. All das hat Virgile Cornaz selbstständig organisiert und dabei viele Schwierigkeiten überwunden. Den letzten Teil seines Trainingsprogramms absolvierte er in Kalifornien, wo wiederum neue Probleme auf ihn warteten. Ein ausgewählter Sprungplatz erwies sich als ungeeignet und das dort eingesetzte Flugzeug war nur noch bedingt flugfähig. So musste auf einen anderen Platz mit vertrauenswürdigerem Piloten und sichererem Flugzeug ausgewichen werden. Ein solches Fallschirmtraining ist teuer. Ein Budget war deshalb Bestandteil des Projektplans. Mehr als die Hälfte des nötigen Geldes hat Virgile Cornaz durch eigene Ersparnisse und den Verdienst aus Ferienjobs aufgebracht.
Das Ergebnis der Maturaarbeit «Suche Fern. Finde Nah. Wie ich Fernreiseträume klimaschonend verwirklichen konnte» ist ein grosser, illustrierter Reiseführer zu sechs magischen Orten in der Schweiz. Diese Orte gibt es weltweit gleich zweimal, einmal irgendwo auf dem Globus, in weiter Ferne, und etwas kleiner, auch in der Schweiz; es sind Reisealternativen. Der Grand-Canyon-Nationalpark entspricht unserem Creux du Van, der Glacier de Moiry im Wallis der Arktis, die Plaun la Greina dem Mongolischen Plateau. Der Unterschied der jeweiligen Reiseziele besteht in der Distanz und damit im Verbrauch von Energie: Fantastische Naturphänomene besuchen geht auch ohne stundenlanges Fliegen. Die Verfasserin Celia Hug aus Wangen, Klasse 4MG, liefert neben der Routenbeschreibung jeweils auch Infos über die Anforderungen der Reisen in der Schweiz. Sie beschreibt die Anreise, Wanderzeiten, Unterkünfte und typische Kochrezepte der Region. Dank eindrücklicher Fotos entstand aus dieser Arbeit ein Bildband. So werden die Betrachtenden des Buches auf spielerische Art und Weise für das ökologische Reisen sensibilisiert. Selbst illustrierte Grafiken und Aquarellskizzen führen die Betrachter durch das Buch und zeigen unaufdringlich, wie sich das Klima verändert.
Sexualität – und vielleicht ist das der Kern des Problems – ist ein hyperkomplexes, eine bunt schillerndes Thema geworden. Reichte es früher, den Kindern zu erklären, wo die kleinen Buben und Mädchen herkommen, geht das Bedürfnis nach Wissen und Erkenntnis heute weit darüber hinaus. Die Schule hat einen integralen Bildungsauftrag, auch zum Thema Sexualaufklärung. Wird die Kanti Olten dieser Aufgabe gerecht? Diese Frage stellte sich die Schönenwerderin Elena Kuhn, Klasse 4aW, in ihrer Arbeit «Sexualaufklärung – Ist und Soll, eine Bestandesaufnahme an der Kantonsschule Olten» und sie beantwortet sie schlüssig in ihrer prämierten Maturaarbeit. Elena Kuhn stellte eine detaillierte Online-Umfrage zusammen, an welcher mehr als 450 Schülerinnen und Schüler im Alter von 13 bis 18 Jahren teilgenommen haben. Die Angaben wurden ausgewertet und analysiert. Daraus ergibt sich, dass an der Kantonsschule Olten keine ganzheitliche Sexualaufklärung stattfindet. Bereits im Lehrplan fehlen einige wichtige Aspekte. Viele Themenbereiche werden im Unterricht gar nicht angesprochen oder ausreichend behandelt. Die Einführung einer Projektwoche Gesundheit und Sexualität wäre nur eine von vielen Ideen. Es gibt viele Möglichkeiten an der Kanti, die Sexualaufklärung qualitativ zu steigern. Diese Maturaarbeit bietet dazu eine Fülle von Vorschlägen.
Dahlia Melles, Lostorf, aus der Klasse 4aM, interessiert sich in ihrer Maturaarbeit «The Correlation Between Extraversion and the Emotional Reaction Towards Political Posters» dafür, ob extravertierte Menschen eine stärkere emotionale Reaktion auf politische Plakate zeigen. In Zeiten, in denen populistische Kräfte immer mehr Einfluss nehmen, ist die Frage, inwieweit politische Kampagnen auf die gesellschaftliche Meinungsbildung einwirken können, höchst relevant. Dahlia Melles konzentriert sich auf eines von fünf Persönlichkeitsmerkmalen, die Extraversion. Dabei untersucht sie, ob Schülerinnen und Schüler, die auf Grund eines Persönlichkeitstests als extravertiert eingestuft werden, emotional intensiver auf politische Plakate reagieren. Zu diesem Zweck erstellt sie einen Fragebogen, welchen sie quantitativ auswertet. Dabei stellt sie fest, dass extravertierte Personen tatsächlich eine starke Gefühlsreaktion zeigen, introvertierte allerdings auch.
Dahlia Melles überzeugt mit einem durchdachten und klaren Aufbau ihrer Maturaarbeit, die in bestem akademischem Englisch verfasst ist. Ihre theoretischen Annahmen sind breit abgestützt und mit Quellen belegt. Besonders beeindruckend ist ihr minutiös geplantes methodisches Vorgehen, welches konzise und nachvollziehbar dargelegt wird. Das Fazit der Arbeit ist stichhaltig reflektiert. Die Autorin geht auf mögliche Limitationen ihrer Arbeit ein und weist auf weiterführende Forschung und mögliche Implikationen hin.
«Rothaarige – Konfrontation mit Vorurteilen, Klischees und Diskriminierungen: Ein Vergleich der Erfahrungen von Menschen mit natürlichen und gefärbten roten Haaren in Bezug auf die Klischees sowie erfahrenen Vorurteilen und Diskriminierungen in der Kindheit wie auch im Erwachsenenalter», heisst die Arbeit von Simone Rötheli aus Schönenwerd, Klasse 4aL. Rothaarigen wird ja so Einiges nachgesagt. Stur sollen sie sein, frech, impulsiv und ungemütlich. Sie haben Tausende von Sommersprossen, bleiche Haut und Hexen-Gene und – noch kurioser – sie werden zu Vampiren, wenn sie sterben. Rothaarige sind in der Weltbevölkerung so selten, dass sich eine Masse an Mythen über sie standhaft hält. Die Maturandin weist darauf hin, dass die Kulturgeschichte der Rothaarigen gut erforscht ist und weiterhin noch viele Stereotype bestehen. Um dies zu ergründen, hat sie sieben Interviews durchgeführt und fünf Fragebögen zum Beantworten kreiert und ausgewertet. Sieben der Befragten haben natürliche rote Haare, fünf färben ihre Haare rot. Das Ergebnis zeigt, dass Rothaarige auch heute noch Vorurteilen, Klischees und Diskriminierungen begegnen. Die Arbeit von Simone Rötheli beweist, dass Rothaarige und Menschen mit rot gefärbten Haaren oft als besondere Spezies angesehen werden. Die Klischees, welche mit Rothaarigen verbunden werden, finden wir immer wieder in der Literatur, in der Werbung und im Film. Ein originelles Thema für eine Maturaarbeit hat zu einer fundierten Analyse geführt.
Alena Soland, 4bN, Starrkirch-Wil, hat zum Thema «Fremde Heimat – Von der Hoffnung auf eine Zukunft» einen Dokumentarfilm über Flüchtlinge im Raum Olten produziert. Sie hat sich die anspruchsvolle Aufgabe gestellt, ohne entsprechende Vorkenntnisse und Erfahrungen einen Dokumentarfilm zu drehen, der sich mit Flüchtlingsschicksalen in unserer Gegend befasst. Um sich das entsprechende Wissen und die Kenntnisse zur erfolgreichen Projektbewältigung anzueignen, führte Alena Soland in ihrer umfangreichen Recherche zahlreiche Interviews mit Vertreterinnen und Vertretern des Flüchtlingswesens, mit verschiedenen Flüchtlingen, die bereit waren, über ihre Situation Auskunft zu geben sowie mit dem Solothurner Dokumentarfilmer Nino Jacusso, der ihr wertvolle Anregungen für die Realisation des Films geben konnte.
Als Resultat entstand ein überzeugender, kurzer Dokumentarfilm mit einer Länge von rund zwanzig Minuten, der sich die Ratschläge von Nino Jacusso zu Herzen nimmt und sich in einer verdichteten, leichten Filmsprache ausdrückt. Der gut geschnittene Film gibt Einblicke in das Leben und die Integration der Flüchtlinge und kommt auch ohne ergänzende Kommentare der Autorin aus. Die beiden Protagonisten erzählen, eingebettet in abwechslungsreiches Bildmaterial, offen und frei über ihr Leben, ihre Hoffnungen und ihre Ziele für die Zukunft. Eine beeindruckende Arbeit, die inhaltlich wie formal äusserst präzise daher kommt und eine Auszeichnung mehr als verdient hat. (mgt)
Die Laudationes stammen von den Fachjuroren.