Studierende der Schauspielschule Olten gaben im Theaterstudio «Grüsse von der Sklaveninsel».
Mit dem Theaterstück «Grüsse von der Sklaveninsel» vom französischen Autor Pierre Carlet Chamblain de Marivaux, uraufgeführt am 5. März 1725 in Paris, präsentierte sich das Theaterteam der Schauspielschule Olten. Ins Leben gerufen wurde die Institution von Kerstin Müller. Im Theaterstudio gaben nun Marissa Andueza als Triveline, Chris Integra Meier als Euphrosine, Teuta Hasani als Cleanthis, Lukas Gasser in der Rolle des Iphikrates und Jakob Müller als Harlekin eine Kostprobe ihres Könnens ab. Begleitet wurden sie dabei vom Musiker Shane Hill. Das Schauspielteam befindet sich im zweiten Studienjahr, wie Dozent Michael Graber als Projektleiter ausführte, wobei die Ausbildung drei Jahre dauert.
Mit viel Engagement und Talent stiegen die jungen Leute in ihre Rollen ein. Man erlebte die Geschichte von vier Schiffbrüchigen, die auf der Sklaveninsel landeten– Cleanthis und ihre Herrin Euphrosine sowie Harlekin und sein Herr Iphikrates. Empfangen wurden sie von der Inselbewohnerin Triveline, die ihnen eröffnete, dass sie nun die Rollen zu tauschen hätten. Denn auf der Sklaveninsel würden die Diener zu Herren und die Herren zu Diener.
Eine eigenwillige und höchst spannende Auseinandersetzung begann unter den vier Betroffenen. Der Rollentausch weckte heftige Emotionen; die, die gewohnt waren zu befehlen und zu fordern, konnten sich nur mühsam oder überhaupt nicht in die Rolle der Sklaven einfinden. Den beiden Dienenden gelang diejenige der Befehlenden bedeutend leichter, erlebten sie doch für einmal das freie Gefühl, nicht mehr von jemandem abhängig zu sein. Vor allem Harlekin genoss seine neue Situation.
Witzig, amüsant und mit viel schauspielerischem Talent interpretierte er seine neue Herrenrolle. Interessant war die Stellung der Inselbewohnerin Triveline, die sich von nichts beeinflussen liess und souverän ihre gezielten Befehle erteilte, so dass die Betroffenen, wenn sie je einmal wieder von der Insel wegkommen wollten, gehorchen mussten. Euphrosine und auch Iphikrates litten schmerzlich unter dem Rollentausch, denn als Sklaven sahen sie sich überhaupt nicht. Berührend und fesselnd war auch die Reaktion der rebellischen Cleanthis, die ihrer Wut und ihrem erlebten Hass freien Lauf liess.
So spielt nun mal das Leben, der Zufall oder das Schicksal, dachte man, und darauf gibt es keine Antwort. Eine neue Realität war zu erleben, die vier Schiffbrüchigen genossen und litten, je nach Situation.
Und dann kam ganz unerwartet die Wende. Eine Art von Versöhnung bahnte sich an. Man erinnerte sich an das, was vorher war; und nicht nur Harlekin auch die anderen stiegen wieder in ihre früheren Rollen ein und durften dann mehr oder weniger versöhnt nach Athen zurückkehren. Marivaux schildert in diesem Theaterstück all die gesellschaftlichen Vorurteile und Machenschaften seiner Zeit mit höchst gescheiten Dialogen. Das Theaterteam interpretierte ihre unterschiedlichen Rollen überzeugend und unterhaltsam.
Nach der Pause erlebte man eine völlig andere Situation. Persönliche Emotionen spielten sich hinein, denn der zweite Teil wurde von dem kleinen Team selbst gestaltet. Leidenschaftliche Fragen tauchten auf, was gerecht ist und was man als falsch ausgespielte Macht betrachten kann, was jeder Menschlichkeit entbehrt und wo die persönliche Verantwortung beginnt, die man auch für andere trägt.
Fragen in unsere Zeit hinein, die immer noch von gleicher Aktualität sind. Das Schauspielteam zeigte viele persönliche Emotionen, Befindlichkeiten, die berührten und betroffen machten, weil es darauf keine Antworten gibt, vielleicht nur Marivauxs Erkenntnis: Man braucht nichts weiter als ein gutes Herz, Tugend und Verstand; die braucht man, die zeitigen Respekt und Ehrerbietung und erhöhen einen Menschen über andre.»