Kommentar
Die Renaissance des Kotelett-Walzers

Seit Donnerstag steht ein Klavier am Bahnhof Olten. Das Bahnhofsklavier stand vorher in Aarau.

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Klavierspender Andres Brändli (r.) und SBB-Mitarbeiter Ahmet Balkac (l.) beim Aufstellen des Klaviers in Olten.

Klavierspender Andres Brändli (r.) und SBB-Mitarbeiter Ahmet Balkac (l.) beim Aufstellen des Klaviers in Olten.

Bruno Kissling

Nur in der Schweiz heisst die Komposition «Kotelett-Walzer»; andernorts nennt sich dieser Klassiker aus dem Repertoire wenig ambitionierter Klaviereleven einfach «Flohwalzer». Das ist in Momenten wie diesen zwar lediglich eine kleine Reminiszenz und müsste gar nicht erzählt werden, wenn denn das Stück, egal wie man ihm sagt, nicht vor einer Renaissance stehen würde.

Warum? Derzeit findet sich im Bahnhof Olten ein Klavier; zur freien Verfügung. Einfach so. Nach der Idee von Andres Brändli, dem Tierarzt aus Aarau. Der Mann ist sich sicher, dass Musizieren grundsätzlich eine gute Sache ist, weil beruhigend und der persönlichen Befindlichkeit dienlich.

Er hat nicht unrecht damit: Denn wie oft sind doch Menschen bei den unmöglichsten Gelegenheiten zu beobachten, wie sie sich früherer musikalischer Gewohnheiten erinnern und diese dann spontan zur Anwendung bringen: aus Jux, Spass am Leben, einer flüchtigen Erinnerung wegen. Bloss für Momente, die sie dann mit einem Lachen quittieren.

Ohne Brändli hätte ich den «Kotelett-Walzer» wahrscheinlich vergessen. Spielen übrigens konnte ich ihn zünftig, wie hundert andere auch. Schumanns «Träumerei» stand mir zwar näher, doch kamen mir dabei immer die eigenen Finger in den Weg. Also hab ich die Träumerei definitiv weggelegt, aber das seinerzeitige Klavier ist noch in Familienbesitz. Vielleicht setz ich mich mal wieder daran und probier den «Kotelett-Walzer». Einfach so: aus Jux, Spass am Leben, einer flüchtigen Erinnerung wegen. Andres Brändli und dem Bahnhof Olten sei Dank.