Olten
«Die Liebe ist zwischen den Fingern»: Restauranttester Bumann hilft im «La Vita»

Restauranttester Daniel Bumann greift Francesco Boccia, Wirt und Koch im Oltner Ristorante La Vita, unter die Arme.

Urs Huber
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So gehts: Daniel Bumann (links) und Francesco Boccia kreieren im Zusammenspiel ein Gericht.

So gehts: Daniel Bumann (links) und Francesco Boccia kreieren im Zusammenspiel ein Gericht.

Bruno Kissling

Nein, zu den besten zehn italienischen Restaurants der Stadt gehört La Vita an der Unterführungsstrasse in Olten nicht. Jedenfalls für die nicht, die sich die Rangliste bei Tripadvisor zu Gemüte führen. Auf der Rangliste der US-amerikanischen Touristikwebsite, die dem Nutzer individuelle Erfahrungsberichte bietet, kommt «La Vita» noch nicht einmal vor.

Das will an sich noch nichts heissen, aber für Wirt und Koch Francesco Boccia war es dennoch angezeigt, sich mal von einem ausgewiesenen Gastrofachmann beraten zu lassen. Also musste Daniel Bumann her; der Restauranttester des TV-Senders 3+. Dessen Restaurant, Chesa Pirani in La Punt, gehörte bis zur Schliessung im April 2017 zu den zehn besten Gastrobetrieben der Schweiz.

Davon ist Francesco Boccia, der «La Vita» im Sommer letzten Jahres übernahm, meilenweit entfernt. Das weiss der Mann mit neapolitanischen Wurzeln genau. Sinkende Gästezahlen, schwindende Einnahmen. Man kennt dieses Krankheitsbild aus der Gastroszene.

Restauranttester Bumann spricht die Sache direkt an

Man muss kerngesund sein, um Bumanns Direktheit nicht nur persönlich zu nehmen. Der Mann nimmt kein Blatt vor den Mund. «Nicht ich bin hart, das Geschäft ist hart», pflegt der einstige Sternekoch jeweils zu sagen, wenn ihm zu viel der Direktheit vorgehalten wird. «Er ist nicht von mir, der Satz, aber ich brauch ihn häufig», sagt er noch und dann:

Mein erster Eindruck von hier war – kurz gesagt – ein miserabler.

Das hat er den 62-jährigen Francesco Boccia ungeniert wissen lassen. Und auch an die Adresse Boccias gerichtet: «Deine Pizze sind sehr gut; aber das Essen sonst: Darüber brauchen wir doch nicht wirklich zu reden.»

Stehen die beiden an den Kochtöpfen, will sich die Harmonie nicht richtig einstellen. Bumann bemängelt das fehlende «Mise en Place», so etwas wie das passende Setting eines Kochs am Herd. Und auch die Art und Weise, wie der Neapolitaner das Salz jeweils beifügt, missfällt Bumann. So macht er kurzerhand vor, wie man das Salzkorn virtuos zwischen sich reibendem Daumen, Zeig- und Mittelfinger durchrinnen lässt. «Die Liebe ist zwischen den Fingern», sagt Bumann eindringlich. Francesco Boccia lächelt leicht gequält.

Das Verdikt des Chefs: sich in Würde verabschieden

Bumann macht keinen Hehl aus seiner Analyse. «Francesco ist Koch, Kellner, Pizzaiolo, Putzfrau, Kassierer; unmöglich, all diese Aufgaben in Personalunion erfüllen zu können.» Bumanns Absicht: Er will dem «La Vita»-Wirten klarmachen, sich als Wirt in Würde zu verabschieden, solange noch Zeit dafür bleibt. «Unter solchen Voraussetzungen kannst du kein Restaurant wirtschaftlich führen», schiebt Bumann noch nach. Und so leitet der Mann, von dem Boccia später sagen wird, «also kochen kann er», Sofortmassnahmen ein: die Reduktion der Speisekarte auf ein täglich frisch zubereitetes Menu mit saisonalen Zutaten. «Das schafft er», so Bumann, der bei Boccia auch Motivationsprobleme festzustellen glaubt. Und natürlich bringt er auch den Vermerk an, er, Francesco, sei auch von einem gewissen Stolz beseelt, der die Annahme guter Ratschläge nicht einfach mache.

«Man kann immer etwas lernen», wird Francesco Boccia später zurückhaltend sagen. Dass er nicht mehr der Jüngste sei, wisse er schon. Und er wisse auch um die ungünstige Lage der Lokalität «Aber was willst du machen?», sagt Francesco Boccia dann und zuckt mit den Schultern.