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Fast jeder kannte ihn in der Stadt: Nun erhält der Oltner Künstler und Querdenker Hans-Peter Zünd einen Film, der diesen Samstag Premiere feiert. Für seinen Freund Albert Cartier schliesst sich damit ein Kreis.
Viele kannten ihn, nur wenige kannten ihn näher: Hans-Peter Zünd, Querdenker, begnadeter Grafiker und Maler, vom Volksmund vielleicht Original geheissen. Man weiss nichts Genaues. Vor ziemlich genau drei Jahren ist dieser Zünd aus dem luzernischen Reiden, den das Leben irgendwie nach Olten spülte, im Alter von 65 Jahren aus dieser Welt geschieden – innerlich gebrochen, ausgelaugt, müde, kraftlos, desillusioniert, krank. So jedenfalls erzählen Freunde und Bekannte wie Albert Cartier über ihn; ein Phantom, ein Provokateur, ein Herausforderer und Schachspieler obendrein, exaltiert und vielleicht – unglücklich oder womöglich gleich alles zusammen? Wer weiss das schon.
Aus Freundschaft hat Cartier, der Zünd nach einem Psychiatrieaufenthalt auch bei sich Zuhause aufnahm, eine filmische Hommage gewidmet: Über 60 Minuten lang dreht sich alles um diesen Mann, den bunten Hund, der sich selber als «Göttlichen» bezeichnete.
Solche Attribute mögen manch einer und manch einem als blasphemisch erscheinen. Aber das Projekt-Team des Films um Freund Albert Cartier, den preisgekrönten Fotografen und Filmemacher Markus Eichenberger sowie Mäzen Hanspeter Zeller winken ab. Das Trio mit regionalen Wurzeln weiss längst, was Cartier als Antwort darauf auf den Punkt bringt: «Für Hanspi war jedes Geschöpf göttlich. Und so bezeichnete er sich eben als Göttlicher.»
Wer in diesen Tagen über Hans-Peter Zünd redet, der redet über den Film, die Darsteller, die Drehorte. Viele, die Zünd begegneten, beruflich oder privat, kommen darin zu Wort: Martin Suter etwa, unter dem Zünd als Grafiker in Basel arbeitete, erinnert sich an dessen geniale Spielzüge und -techniken am Töggelikasten, an Zünds Angewohnheit, zwei Krawatten gleichzeitig zu tragen, an die grafische Kraft seiner Arbeiten.
Niklaus Troxler gibt ebenso wie Jörg Binz, Urs Borner oder Vincenzo Cosentino Auskunft. Letzterer etwa sagte über Zünd: «Für mich war er ein Genie, welcher der Zeit immer ein Stück voraus war.» Und Borner: «Sein Leben war fast immer eine Performance.» Überliefert sind auch Bewertungen wie «Hans-Peter hätte mit etwas mehr Disziplin das Potenzial gehabt, ein bekannter Künstler zu werden.» Oder: «Er betrachtete die Strassen und Gassen als Bühne und trat auf.»
Weswegen Zünd, dieser grosse Unbekannte, schliesslich verkam, bleibt ein Geheimnis; halt wie so vieles im Leben. Einige jedenfalls fürchteten, sich vor ihm, andere nahmen gerne seine künstlerischen Fähigkeiten in Anspruch. Weiter allerdings gedieh das Interesse an Hanspi und seinen Fähigkeiten aber nicht, wie Cartier sagt. Viele seien doch auf Distanz gegangen.
Am Anfang des Filmprojekts standen die von Albert Cartier zusammengetragenen Zünd-Werke, die im Übrigen schwer aufzutreiben sind. «Er habe sie schon in die Welt gestreut, hat er immer gesagt», meint Cartier heute. Aber letztendlich gab die Werksammlung als Filmstoff zu wenig her. Es musste mehr Fleisch an den Knochen, wie man so schön sagt. Und so traten beim Projektteam Ideen an die Oberfläche, nach beruflichen und privaten Eckpunkten in Zünds Leben zu suchen und diese in den Film einzubauen. «16 Monate hat das Projekt in Anspruch genommen», sagt Markus Eichenberger. «Nun sind wir bereit für die Präsentation.»
Es sei kein Dokumentarfilm, sagt Eichenberger. Kein Film, der Hanspis Leben chronologisch und vollständig erzähle, weiss Cartier. Beide haben sehr viel ehrenamtliche Arbeit ins Projekt gesteckt. Aber für ihn, Cartier, schliesse sich damit ein Kreis. Er fühlt sich mit Zünd – einer Seelenverwandtschaft gleich – verbunden. Versuche, diese näher zu beleuchten, schlagen fehl. Es ist einfach so. «Wir hatten einen Traum, einmal gemeinsam auszustellen», sagt Cartier noch. Der Traum platzte. Und nun folgt mit dem Film der Versuch, diesen Hans-Peter Zünd einem interessierten Publikum näher zu bringen, dessen bisweilen unbekannte Facetten zu zeigen. Man habe Roland Philipp (Saxofon) und Adam Mital (Cello) gewinnen können, welche den Film mit Musik untermalen, sagt Eichenberger. Späte Ehre und Anerkennung für Hans-Peter Zünd, den Querdenker, Grafiker und Menschen.