Olten
Des Försters Lieblingsbaum ist die Eberesche

Nach 31 Dienstjahren bei der Bürgergemeinde tritt Förster Markus Frey in den Ruhestand. Nun kann er wieder unbeschwert den Wald geniessen.

Urs Huber
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Markus Frey (links) tritt in den Ruhestand; im kommenden Jahr wird die Betriebsleitung durch den Forstbetrieb Unterer Hauenstein mit Förster Georg Nussbaumer (rechts) sichergestellt. hub

Markus Frey (links) tritt in den Ruhestand; im kommenden Jahr wird die Betriebsleitung durch den Forstbetrieb Unterer Hauenstein mit Förster Georg Nussbaumer (rechts) sichergestellt. hub

Urs Huber

Die Frage muss man einem, der sein ganzes Berufsleben quasi im Wald verbracht hat und jetzt unmittelbar vor der Pensionierung steht, einfach stellen: die Frage nach dem Lieblingsbaum nämlich? Der Förster der Bürgergemeinde Olten braucht nicht lange zu überlegen. Die Antwort folgt auf dem Fuss: Keine Buche, keine Tanne, keine Linde.

«S’Vogubeeri», sagt er und präzisiert dann: «Die Eberesche.» Ein Baum jenseits der üblichen Nutzungsintensität? «Ja», sagt Markus Frey. Ein Baum fürs Auge halt. Rotfarbene Früchte, weisser Blütenstand. «Und der Baum ist ökologisch wertvoll», sagt der scheidende Förster. Er wachse langsam und gedeihe schier auf alle Bodenarten.

Drang ins Ausland

Vielleicht wär alles anders gekommen und Frey hätte sich einen andern Lieblingsbaum ersonnen. Einen Durian vielleicht oder einen Teakbaum. Denn in den frühen Siebzigerjahren war Olten kein Thema für den Mann aus Wangen. «Ich hatte den Drang ins Ausland», sagt er. Dass er schliesslich doch in der Region blieb, ist wohl mehr einem Zufall zuzuschreiben. Eigentlich hatte Frey nach seinem dreijährigen Wirken im Regenwald Ecuadors noch Bhutan im Sinn, das kleine Königreich im Nordosten Indiens, wo er ebenfalls forsttechnisch aktiv werden sollte.

Aber Indien verweigerte Monate lang das Visum. «Und so musste ich halt nach Alternativen Ausschau halten», meint er heute. Ironie des Schicksals: Kaum hatte er bei der Bürgergemeinde Wangen die Stelle als Förster angetreten, traf das Visum ein. «Zu spät», wie der zweifache Familienvater heute meint.

Er sagt das ohne Groll. Denn fünf Jahre später wechselte der Hobbyfischer und -gemüsegärtner zur Bürgergemeinde Olten. «Olten war interessant», meint er. «Grossflächig der Wald, gut der Arbeitgeber», bringt er die Losung auf den Punkt. Gegen 16 Mitbewerbende habe er sich durchgesetzt. Und er blieb. Wie sich zeigen sollte – bis zu seiner Pensionierung Ende 2013.

Noch mit Pferden Holz gerückt

Die Frage nach den Veränderungen im Forstwesen macht Frey ein bisschen lachen. 160 000 Kubikmeter Holz sind ihm im Laufe der Oltner Zeit «durch seine Finger» gegangen. Da bleibt doch manche Erkenntnis zurück. «Ich entsinne mich: Zu meinen Anfangszeiten hier wurde das Holz noch mit den Pferden gerückt.» Rücken – das heisst so viel wie: Die Stämme vom Schlagort zur Sammelstelle transportieren.

«Die Pferde haben wir jeweils von Bauern gemietet», sagt Frey. Und sonst? «Ja, die Mechanisierung halt», meint er. Im Verlauf der letzten 30 Jahre habe sich der Personalbestand mehr als halbiert. Heute arbeiten noch vier Männer in Oltens «Forst», wie man in der Branche sagt. «Davon sind zwei Auszubildende», ergänzt Frey. Und was ebenfalls als Neuerung betrachtet werden kann: Dem Jungwald wird seit einiger Zeit vermehrt Beachtung geschenkt.

Frey – auf vielen Hochzeiten

Markus Frey hat im Laufe dieser drei Jahrzehnte auf vielen Hochzeiten getanzt; und das ist keineswegs negativ zu verstehen. Er war Lehrlingsausbildner, Fachlehrer an der Berufsfachschule, Prüfungsexperte. «Das alles hat mir Freude gemacht», kommentiert er diese Tätigkeiten lapidar. Forstwissen und dieses im Alltag anwenden, das ist ihm noch heute wichtig.

Vielleicht ärgert er sich auch darum manchmal, wenn Laien in Waldfragen alles besser zu wissen scheinen. «Es gibt immer wieder Personen, die etwa im Glauben sind, der Wald gehöre niemandem und damit auch ein bisschen ihnen selbst.» Frey lacht im Wissen darum. «Ein Wald gehört jemandem und er gehört wirtschaftlich genutzt, auch wenn für einen Schlag oftmals Wege für Spaziergänger, Velofahrer oder Wanderer für eine gewisse Zeit gesperrt oder verstellt sind.»

Häufig treffe er auf Menschen, die der Meinung seien, so wie sich der Wald aktuell präsentiere, müsse er um jeden Preis erhalten werden.» Frey wird ernst. «Dabei führt uns exakt die Natur vor Augen, dass nichts von Bestand ist und alles einem steten Wandel unterliegt.»

Was nun, Markus Frey?

Wer nach 31 Jahren in den Ruhestand tritt, der fragt sich: Was kommt jetzt? Frey lacht. «Das Leben geniessen», sagt er spontan und er scheint zu wissen, wie das geht. Fischen und Wandern nennt er zuerst. «Dann habe ich noch einen Gemüsegarten, ein Haus, Grosskinder», fügt er hinzu. Und natürlich möchte er reisen.

Dabei ist die eine Tour schon bestimmt. Im nächsten Jahr will Frey im Shannon-Gebiet zum Fischen fahren. Und dann ist da der schon lange gehegte Wunsch nach einer Kreuzfahrt. «Aber nicht von mir», lacht er. «Den äussert meine Frau in regelmässigen Abständen.» Und er blickt amüsiert über den Tisch. «Ich werde mich wohl mal drein schicken müssen», sagt er darauf.

Dann hält er inne, hebt den Finger. «Und was auch noch zum Genuss gehört», beginnt er von neuem, «ist die Tatsache, dass ich fortan ohne jede berufliche Verantwortung den Wald geniessen kann.» Sagts und macht sich wieder an die Arbeit; nicht mit Kettensäge und in Sicherheitshose, sondern für einmal mit Bleistift und Papier im Büro.