Ruedi Nützi, Direktor der Hochschule für Wirtschaft FHNW, hat in Peking den Friendship Award aus den Händen des chinesischen Vizeministerpräsidenten Ma Kai erhalten.
Der letzte seiner bislang knapp 20 Besuche in China dürfte für Ruedi Nützi, Direktor der Hochschule für Wirtschaft an der FHNW einer der ehrenvollsten gewesen sein, auch wenn er diesen Umstand nicht in den Vordergrund gerückt haben möchte. «Natürlich ist es eine Ehre, den chinesischen Friendship Award verliehen zu bekommen, aber ich verstehe die Auszeichnung vor allem auch als Anerkennung für die Mitarbeitenden an unserer Hochschule, die sich seit mehr als 20 Jahren um die Verbindungen Schweiz-China bemühen.» Dass ihm der Preis verliehen würde, damit habe er nicht gerechnet. So tönt Understatement eines China-Erfahrenen.
Bei «China» kommt er in Fahrt
Denn gehts um die Beziehungen Schweiz-China, kommt Nützi, der Wolfwiler in Fahrt. Natürlich hat er die Begegnungen mit Chinas Ministerpräsident Li Keqiang und Ma Kai, einem der vier Vizeministerpräsidenten der Volksrepublik, im Rahmen der Preisverleihung genossen. In Peking den Preis aus Ma Kais Händen in Empfang nehmen zu dürfen, hat ihn gefreut. «Die Auszeichnung kann man als Gütesiegel verstehen», meint Nützi. «Finden sich Chinesen bei uns an der Hochschule für Wirtschaft ein und erfahren dabei, dass sich im Hause der Friendship Award befindet, dann wissen sie: Wir sind am richtigen Ort.» Der Award werde der Hochschule weitere Türen öffnen.
Aber der Wolfwiler ist Realist genug, um zu verstehen, dass Auszeichnungen das eine, wirtschaftliche Beziehungen eben das andere sind. Und just Letzteres steht für den Direktor der Hochschule für Wirtschaft fast apodiktisch im philosophischen Sinne im Mittelpunkt: «Selbst auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Aber es kann nicht oft genug betont werden, dass Asien schlichtweg den wirtschaftlichen Wachstumsmarkt der kommenden Jahre darstellt.» China zählt 1,4 Mrd. Menschen. «Darin steckt ein immenses Potenzial. Diese Chance gilt es zu nutzen», sagt Nützi, bevor er sich kurz in seinem Bürosessel zurücklehnt. «Unsere mittlerweile doch guten Beziehungen zur Volksrepublik dienen der Wettbewerbsfähigkeit von Schweizer Klein- und Mittelbetrieben (KMU). Die Schweiz ist das erste Land, welches mit der Volksrepublik ein Freihandelsabkommen ausgehandelt hat; eine grosse Chance, dort Fuss zu fassen.»
Ja, Fuss fassen schon, aber wie?
Aber wie kann denn die Hochschule einem potenziellen Interessenten weiterhelfen? Nützi hält inne. «In Harbin, einer Stadt mit rund 4 Mio. Einwohnern, unterhalten wir ein sogenanntes KMU-Center. Dort bieten wir potenziellen Interessenten eine seriöse Abklärung bezüglich Marktpotenzial und Marktfähigkeit an. Die Kosten für eine Analyse liegen im mittleren vierstelligen Bereich.» Das scheine zwar auf den ersten Blick viel, aber «wenn die Analyse ergibt, dass in China für das allfällige Produkt keine oder nur eine geringe Marktchance besteht, bewahrt die Analyse den Interessenten vor Folgekosten, die im Falle einer unbedachten Investition in China angefallen wären. «So etwas kann um eine Mehrfaches teurer werden», schiebt Nützi hinterher.
Natürlich fliessen die im KMU-Center gemachten Erfahrungen und Erkenntnisse auch in den Unterricht an der Hochschule für Wirtschaft ein. «Ich sage immer: Unser Unterricht ist praxisorientiert, denn Studenten aus Olten und einer örtlichen Universität arbeiten im KMU-Center an den Analysen mit. So fliesst praktisches, internationales Wissen direkt ein.»
Das Ansehen der Schweiz
Im interaktiven Prozess zwischen der Schweiz und China sieht Nützi aber keineswegs bloss ein «One Way Ticket». «In China etwa ist man absolut interessiert an unserem dualen Bildungssystem», weiss der Mann. Denn während dieses in der Schweiz auf eine hohe Akzeptanz stösst und als stabilisierender Faktor der Wirtschaft gilt, wird in China das Image des universitären Akademikers hochgehalten. Grundsätzlich macht Nützi auch noch andere Unterschiede aus. «In China will man nach oben und am Abend über den morgigen Tag sagen können: Er wird besser sein.» Die Mentalität der Nachkommen Maos ist in dieser Metapher treffend festgehalten. Selbiges Verhalten beobachtet Nützi auch bei den chinesischen Studentinnen und Studenten in Olten. «Die arbeiten schier bis zum Umfallen und spornen einheimische Kommilitonen an.»
Seit Mittwoch ist Nützi zurück aus China. Ob sich seine Chinesischkenntnisse verbessert haben? Er lacht. «‹xiè xiè!› (gesprochen: sche sche) und ‹gan bei›, die Wörter kenn ich. Das heisst danke und prost.» Na also dann: ‹gan bei› auf den Friendship Award!