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Die Jubiläumsausgabe der Oltner Tanztage fiel ins Wasser. Gesprochen wird heute schon von «25 Jahre Tanz in Olten reloaded» in 2021.
Lückenlos die Plakatreihe, in ihrer Zahl eindrücklich. 25 sind’s. Repräsentanten eines Vierteljahrhunderts. «Wir haben uns immer bemüht, für jede Ausgabe einen neuen Künstler oder eine Künstlerin für das Plakat zu gewinnen», sagt Ursula Berger. Und jetzt wird auch konkret, von welcher Art von Plakaten hier die Rede ist. Denn der Name Ursula Berger verbindet sich unweigerlich mit den Tanztagen in Olten.
25 Plakate; das letzte in der bestehenden Reihe ist noch gar nicht zum Zuge gekommen. Corona wegen, klar. «Die Absage haben wir schweren Herzens bekannt gegeben», erklärt der eigentliche Kopf der Veranstaltung. Unter normalen Umständen hätte diese heuer am 27. November geendet. Ein hoch interessantes Programm sei zusammengestellt worden für die verhinderte Jubiläumsausgabe. Gesundheit von Publikum, Künstlern und Mitwirkenden würden klar im Vordergrund stehen. Aber: «Wir bedauern die Absage sehr», reicht Ursula Berger nach.
Was sich im vergangenen Vierteljahrhundert geändert hat? Hinsichtlich Renommee und Publikumswirksamkeit der Oltner Tanztage? «Wären Akzeptanz und Interesse an den Tanztagen geschrumpft, hätten wir bestimmt nicht 25 Ausgaben durchziehen können», meint die Tänzerin, Tanzpädagogin und Choreografin. Man hätte Publikum, Sponsoren, Mitwirkende, Vereinsmitglieder nicht bei der Stange halten können. Dass sie allenfalls dafür die Triebfeder sein könnte – kein abwegiger Gedanke. Denn Tanz sei ihr Leben, ihr Atem und ihre Sehnsucht.
«Im Tanz drücke ich aus, was ich empfinde, mich bewegt und ich an den Betrachtenden weitergeben möchte an Emotionen und seelischem Inhalt», hatte Ursula Berger noch vor der Erfindung der Tanztage in den Oltner Neujahrsblättern zu Protokoll gegeben. Das war 1991. Und: «Die Körpersprache des Tanzes ist für mich uralt, so alt wie die Menschen selbst.»
Wer so fühlt, denkt und lebt wie aus einem Guss, bekommt Preise: den Anerkennungspreis der Stadt Olten, den Preis Schloss Wartenfels und den Anerkennungspreis für Tanz des Kantons Solothurn. Die beiden letzten erhielt Ursula Berger 10 Jahre nach der Lancierung der Tanztage im Jahr 2006.
Dass Akzeptanz und Interesse zugenommen haben, verdeutlicht Ursula Berger mit dem Umstand, dass in den letzten 6 Jahren vor allem auch Schulen Teil der Tanztage wurden. «Projekte für Unter- und Oberstufen gehören dazu, solche mit der HPSZ ebenfalls», so Ursula Berger und betont gleichzeitig, von allem Anfang an auf die Nachwuchsförderung gesetzt zu haben. «Im letzten Jahr wurde erstmals der Nachwuchsabend ‹Short cuts› durchgeführt, dotiert mit einem Förderpreis.»
Wer den Kopf der Tanztage nach Gesellschaftsbildern aus den Gründerjahren fragt, wird enttäuscht. «Das Gesellschaftliche kam später. Daran haben wir seinerzeit erst mal gar nicht gedacht.» Sie lacht. Heute wird der Beginn der mehrtägigen Veranstaltung, seit 2000 übrigens in der Schützi und nicht mehr im Stadttheater, mit einem feierlichen Apéro begangen. Selten fehlen dabei Regierungsvertreter aus Kanton und Stadt, Wirtschaft, der Kultur, Sponsoren oder Donatoren.
Apropos Donatoren und Sponsoren, die heuer nicht zum Handkuss kamen. Die Vorbereitungen liefen bekanntlich bis zur definitiven Absage in guten Treuen weiter. Und jetzt? «Wir erarbeiten einen Vorschlag hinsichtlich der zugesicherten oder bereits erfolgten Unterstützung und wie diese in Bezug auf die Absage der diesjährigen und im Hinblick auf die nächsten Tanztage zielführend eingesetzt werden kann», fasst Ursula Berger zusammen. Das Programm der Tanztage 2021 jedenfalls wird mit dem verpassten von 2020 möglichst identisch sein. Prämisse vom 16. bis 26. November 2021: 25 Jahre Tanz in Olten reloaded.
Ob sich die Absage nicht demotivierend auf die Organisierenden und Mithelfenden auswirkt? Auch da ist Ursula Berger wie immer ganz bei sich: «Der Vereinsvorstand stand geeint hinter der Absage.» Dessen Auftrag sei gemäss Statuten die Förderung des zeitgenössischen Tanzes. «Das haben wir bis jetzt über die Tanztage realisiert, heuer ist es eben anders. Das Team ist hoch motiviert.»
Die grossartige Idee von Christine Bloch, einem Vorstandsmitglied, mit täglichen Videobotschaften der vorgesehenen Compagnien aktiv zu werden, beweise dies. «So behalten die Tanzenden ihre Sichtbarkeit.» Oder auf den kürzesten Nenner gebracht:
Tanz in Olten bleibt auf Distanz, aber trotzdem verbunden.
(Quelle: )
, resümiert Ursula Berger.
Ausserdem werde Tanz in Olten auch in der Corona-Kultur-Reihe Kulturtupfer des Oltner Stadttheaters seinen Auftritt haben. Am 16. Dezember, 19.30 Uhr, ist’s dort soweit.»
Dass sich die Tanztage etabliert haben und ihrem Anspruch mehr und mehr zu nähern scheinen, verdeutlicht auch die Kritik nach der Erstaustragung 1996. Diese Zeitung schrieb damals: «Mit den ersten Oltner Tanztagen konnte das grosse Publikum (noch) nicht gelockt werden.» Aber der Auftakt verspreche einiges für weitere Auflagen. «Vor allem dann, wenn die Auswahl sorgfältig erfolgt und die Laienaufführungen auch als solche deklariert werden.» Dann werde den Tanzfreunden und solchen, die es werden wollen, kein Sand mehr in die Augen gestreut.
Regelmässigen Besucherinnen und Besuchern der Tanztage wird längst aufgefallen sein: Die Organisatoren haben sich mehr als gemausert. Die Deklarationen der Compagnien sind ausführlich, auch wenn sich der Laie darunter jeweils nicht viel vorstellen kann. Die gültige Antwort liefern sowieso die Vorführungen.
Aber zurück zu den 25 Plakaten, von denen das jüngste zwar schon ein Weilchen geboren ist, aber bis jetzt noch keinen Schrei gewagt hat. «Wir werden daran festhalten», sagt Ursula Berger. Fotograf Marco Grob und das Zürcher Designstudio Charles Blunier & Co. zeichnen dafür verantwortlich. Vielleicht das nonkonformste Werk, streng und nüchtern in der Aussage, jenseits der vertrauter Form- und Farbgebung. Im Übrigen aber zeugen sie alle vom betörenden Schillern geglückter Performances über ein Vierteljahrhundert und der Gewissheit, dabei auch mal einen überrissenen oder zu wenig angespannten Gestus eines Darstellenden mitbekommen zu haben.