Wangen
«Das Dorf besser kennen gelernt» — Nach 14 Jahren als Gemeindepräsident blickt Beat Frey zurück

Mit dem 20. August endet die Amtszeit von Beat Frey als Gemeindepräsident von Wangen. Im Gespräch blickt er zufrieden auf eine 14-jährige Amtsperiode zurück, in welcher er das Dorf noch besser kennen und schätzen gelernt hat.

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Beat Frey ist noch bis zum 20. August als Gemeindepräsident von Wangen in Amt und Würde.

Beat Frey ist noch bis zum 20. August als Gemeindepräsident von Wangen in Amt und Würde.

Bruno Kissling

«Ich würde das Amt noch einmal annehmen; auch vor dem Hintergrund der gemachten Erfahrungen aus den letzten 14 Jahren.» Er strahlt. Am Sonntag endet für den 58-jährigen Beat Frey seine Zeit als Gemeindepräsident von Wangen.

Dass er nach über drei Amtsperioden nicht mehr zur Wahl antritt, begründet er heute mit fast denselben Worten, wie er sie an seiner letzten Gemeindeversammlung im Juni brauchte. «Es ist eine runde Sache; die Gemeinde ist gut aufgestellt, der Rat kann sich bei seiner Arbeit auf ein solides Fundament stützen.» Punkt. Ein stimmiger Rücktritt also. Da schwingt keine Melancholie mit. Frey sagt dies alles in gewohnter Manier, wiederholt dabei den letzten Satzteil, wie man dies von ihm kennt. Vielleicht lässt er sich allfällige Wehmut auch nicht anmerken. Wer weiss. Aber er wirkt gelöst, zufrieden.

Die Frage nach allenfalls politisch Missratenem jedenfalls lässt ihn eher ratlos zurück. «Eigentlich nichts wirklich Nennenswertes», gibt er zu verstehen. Und sowieso: Er schaue lieber vorwärts. «Im Nachhinein bleiben immer nur die guten Erinnerungen. Das ist doch ein altbekanntes Phänomen.»

Gespräche am Gartenhag

Frey ist Oberrichter, Velofahrer, Freisinniger und fast ein Wangner Urgestein: Bürger und seit dem siebten Lebensjahr im Gallusdorf zu Hause. Seine Bemerkung, «ich habe das Dorf noch besser kennen und schätzen gelernt», tönt als Bilanz der vergangenen 14 Jahre harmonisch, unaufgeregt, nicht aufgesetzt.
Er hat das Amt nie als Bürde empfunden und der Umstand, dass sein Weg vom Bahnhof nach Hause zur Sommerzeit bei schönem Wetter anstatt der üblichen fünf Minuten schon mal eine Stunde beanspruchte, amüsiert ihn. «Da gibts halt das eine oder andere zu bereden am Gartenzaun; manchmal was Politisches, manchmal etwas Privates. Solche Kontakte sind wertvoll», sagt Frey, der sich als überzeugter Anhänger der direkten Demokratie outet, in der Gespräche mit Verantwortungsträgern ungezwungen möglich sind. Die Dinge müssten ausdiskutiert werden. «Nur so entstehen tragfähige Lösungen», meint er. Denn es gehe darum, die Balance zu finden, um mehrheitsfähige Vorlagen präsentieren zu können.
Wangen sei für ihn durchaus ein Dorf mit einer guten, zukunftsfähigen Grösse, weshalb man sich auch vom einstigen Oltner Fusionsgedanken verabschiedet habe. «Ich sage immer: Wangen ist so gross, dass nicht jeder jedem ins Badezimmer blicken kann, aber andererseits geht das Dorf auch nicht in der Anonymität auf.» Frey, der Italien- und Weinliebhaber, weiss, dass sowohl Anonymität als auch gesellschaftlich-räumliche Enge des Teufels sind.

Gute Basis geschaffen

Item: Um noch einmal auf seine Amtszeit zu sprechen zu kommen: Er habe sich hauptsächlich mit strategischen Fragen auseinandergesetzt, sagt er. «Die Schule war mir immer wichtig; das Gelingen der Entlastungstrasse, die Schaffung einer soliden finanziellen Basis.» Frey hakt diese drei Positionen unter der Rubrik «besonders gelungen» ab.
Aber dies alles sei natürlich das Resultat gemeinschaftlicher Arbeit im Rat, betont er. Das Kollegium ebenfalls zu erwähnen ist die Attitüde aller Gemeindeverantwortlichen; da macht auch Frey keine Ausnahme. Teamplayer eben. Und die fehlende und immer wieder unterschwellig geforderte Mehrzweckhalle? «War nie als dringliches Geschäft vermerkt in meiner persönlichen Agenda», sagt Frey. «Der Bedarf danach war nicht so riesig, der Wunsch danach gehört eher in die Kategorie ‹Nice to have›.» Das Projekt jedenfalls ist nicht mehr im Wangner Finanzplan zu finden.
Frey hat etwas Bodenständiges, hält gern an Bewährtem fest und verspricht sich nichts von Änderungen um der Änderung Willen. Ein Beispiel: Jahrelang nutzte der Mann das gleiche Fahrrad. Regelmässig und täglich. Und dies nicht erst, seit Velofahren politisch opportun ist. Frey nennt das Velo nämlich «ein liberales Verkehrsmittel» und hält fest, dass er nie ein Töffli besass. «Klar haben wir uns manchmal schleppen lassen», sagt er. «Aber das ist verjährt.» Er lacht, weil mit dieser Bemerkung auch der Jurist mit ihm durchgeht.
Das eine ist Teil des andern eben. Trennen musste er sich hingegen von seinem Velo; gezwungenermassen. Im November 2015 wurde der ebenso korrekt verkehrende wie ausgerüstete Gemeindepräsident abends von einem Automobilisten vor der Gemeindekanzlei Wangen angefahren, blieb glücklicherweise fast unverletzt. «Seither trage ich einen Velohelm», sagt Frey. Das alte Rad aber war dahin.

Und was bringt die Zukunft?

Die Frage nach einem politischen Zukunftswunsch ist unausweichlich für einen, der die letzten 14 Jahre auf dieser Bühne präsent war. Frey überrascht mit seiner Antwort und beschränkt sich keineswegs auf seine Wohngemeinde. Er wünsche sich, dass Olten als regionales Zentrum sein Potenzial nutze.
Klar, ein viel gehörter Satz, aber was meint Frey damit? «Ich gebe dazu gerne ein Beispiel», sagt er. «Stellen Sie sich vor, die Stadt hält an einem Samstagmorgen in der Kirchgasse ihren wöchentlichen Markt ab. Der Anlass würde sich, davon bin ich überzeugt, zu einem Publikumsmagneten entwickeln und zu einer festen Grösse wie derjenige in Solothurn werden.»
Und für Wangen, da wünscht er sich einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin: dialogfähig, Menschen mögend, leitungsstark und verantwortungsbewusst. Attribute eben, die, wie Frey findet, zu einem gut besetzten Gemeindepräsidium gehören. Am 24. September wird seine Nachfolge bestimmt und Frey seinen 13. Berlin-Marathon laufen.