Pallas Kliniken in Olten
CEO der grössten Schweizer Augenklinik: «Finanzieller Verlust wird uns noch länger belasten»

Die Pallas Kliniken als grösste Augenklinik der Schweiz waren in der Coronakrise stark gefordert: Am Hauptsitz in Olten ist der Umsatz eingebrochen, dazu kam die Zusammenarbeit mit den Solothurner Spitälern AG. Georgos Pallas, CEO des Familienunternehmens, äussert sich zu deren Folgen, dem geplanten Neubau und der Beschwerde gegen das Sälipark-2020-Projekt.

Fabian Muster
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CEO Georgos Pallas will die Räumlichkeiten der Pallas Kliniken im Sälipark trotz geplanten Umzug auf dem modernsten Stand halten.

CEO Georgos Pallas will die Räumlichkeiten der Pallas Kliniken im Sälipark trotz geplanten Umzug auf dem modernsten Stand halten.

Patrick Lüthy

Wie erleben Sie als Unternehmer die Coronakrise?

Georgos Pallas: Einerseits wurden vom Bund die meisten Eingriffe und Behandlungen verboten. Unsere Einnahmen sind von einem Tag auf den anderen komplett zusammengebrochen, während die Ausgaben mehrheitlich blieben. Man macht sich selbstverständlich Gedanken, wie das alles tragbar sein soll. Andererseits hat man eine moralische Verantwortung, als Klinik der Bevölkerung und den Mitarbeitenden zu helfen und die Gesundheitsversorgung so gut wie möglich aufrecht zu erhalten. Das Ganze ist ein Spagat, der mir als Unternehmer natürlich auch schlaflose Nächte bereitet hat.

Von Olten aus gewachsen

Die Pallas Kliniken feierten vergangenes Jahr ihr 25-Jahr-Jubiläum und entwickelte sich aus der Augenarztpraxis von Grigoris Pallas, dem Vater von Georgos Pallas. Der 43-Jährige ist seit vielen Jahren als CEO tätig. Inzwischen sind beim Familienunternehmen, das nach eigenen Angaben im Bereich Augen-, Haut- und Venenheilkunde sowie Schönheitschirurgie schweizweit führend ist, rund 350 Mitarbeitende an 17 verschiedenen Standorten angestellt. Am Hauptsitz in Olten arbeiten rund 200 Personen. Pallas studierte Ökonomie an der Hochschule St. Gallen und ist eidgenössisch diplomierter Spitalexperte. Er ist verheiratet, Vater von vier Kindern und wohnt mit seiner Familie in Starrkirch-Wil. (fmu)

In der Coronakrise mussten die Pallas Kliniken wie alle anderen Spitäler auf nicht notwendige Eingriffe verzichten. War die Massnahme aus Ihrer Sicht nötig?

Die gesamte Schweiz und der Kanton Solothurn haben in dieser Krise meiner Meinung nach sehr gut reagiert. Vielleicht hätte man schon früher auch weitere Behandlungen in Spitälern, also nicht nur Notfallbehandlungen, zulassen können. Aber das sage ich jetzt rückblickend. Im Nachhinein ist es immer einfach, Dinge zu kritisieren. In dieses Lied möchte ich nicht einstimmen.

Wie hat sich die Krise finanziell auf das Unternehmen ausgewirkt?

Die Folgen sind gross. In einzelnen Bereichen brach der Umsatz um über 90 Prozent ein, auch am grössten Standort Olten. Einzelne Standorte ausserhalb des Kantons Solothurns mussten wir schliessen, so etwa unseren Standort im Jelmoli-Kaufhaus in Zürich. Umgekehrt hatten die geöffneten Standorte teilweise sogar längere Öffnungszeiten, um die Patientenfrequenz besser verteilen zu können und so maximale Patientensicherheit zu gewährleisten. Corona hat also nicht nur den Umsatz reduziert, sondern in gewissen Fällen sogar Kosten erhöht, was natürlich zu hohen Verlusten führte. Genaue Zahlen dazu kann ich noch nicht bekannt geben respektive machen wir als Familienunternehmen auch nicht.

Musste Kurzarbeit angemeldet werden?

Wir haben sehr rasch vom Instrument der Kurzarbeit bei allen 17 Standorten Gebrauch gemacht und sind sehr froh, dass es dieses gegeben hat. Wegen der erhöhten Anforderungen in der Coronakrise an eine Klinik, unserer Aufgabe, die Leistungs- und Notfallversorgung für die Bevölkerung bereitzustellen, konnten wir damit aber nur teilweise unsere Personalkosten reduzieren.

Wurde auch ein Bundeskredit in Anspruch genommen?

Auch das taten wir und zwar um einen allfälligen durch coronabedingten Liquiditätsengpass zu überbrücken. Wir haben die möglichen 10 Prozent des Umsatzes beantragt, aber bisher erst einen kleinen Teil davon beansprucht.

Wie sieht die Situation derzeit nach den Lockerungsmassnahmen aus?

Alle Standorte sind wieder offen. Die Gesundheit der Mitarbeitenden und Patienten steht an oberster Stelle. Wir haben deswegen in unseren Kliniken seit Beginn ein spezielles Corona-Safe-Programm eingeführt. Die Kurzarbeit wurde per Ende Mai beendet. Durch die Lockerung der Corona-Massnahmen des Bundes kommen die Patienten auch langsam wieder zu uns, um für sie notwendige Behandlungen durchführen zu lassen. Allerdings ist es aktuell noch nicht so, dass wir zur Vollauslastung zurückgekehrt sind.

Bis wann rechnen Sie mit Normalbetrieb wie vor der Krise?

Wenn ich eines in dieser Krise gelernt habe, dann ist es das, dass es sowieso anders kommt, als man vorher denkt. Deswegen rechnen wir mit verschiedenen Szenarien. Sicher ist nur eins: Der finanzielle Verlust, den wir durch die Coronakrise erlitten haben, wird uns noch länger belasten – auch wegen des Kredits, den wir in Anspruch genommen haben. Dieser muss natürlich möglichst rasch zurückbezahlt werden.

Während der Coronakrise spannten die Pallas Kliniken für mehrere Wochen mit den Solothurner Spitälern AG und der Privatklinik Obach zusammen, um die Kapazitäten in der Intensivmedizin zu erhöhen. Wie nahmen Sie die Zusammenarbeit zwischen den drei Institutionen wahr?

Innerhalb kürzester Zeit ist es gelungen, Partnerschaften zu schliessen, welche bisher so nicht vorhanden waren. 16 Ärzte und Pfleger von uns waren im Kantonsspital Olten tätig. Wir waren bereit, bei Bedarf unsere Geräte auszuleihen und arbeiteten intensiv mit den Behörden zusammen. Es war eine hervorragende Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten – besonders auch mit den kantonalen Behörden, die in dieser Zeit Unglaubliches leisteten. Es macht mich stolz, dass wir unseren Beitrag zur Gesundheitsvorsorge des Kanton Solothurns leisten durften.

Wurden die Pallas Kliniken vorgängig befragt, ob die Zusammenarbeit erwünscht ist oder wurde diese so vom Kanton bestimmt?

Der Kanton hat die Zusammenarbeit zwar verordnet. Vorgängig wurde das Konzept im intensiven Austausch mit dem Kantonsarzt und den involvierten Parteien (Solothurner Spitäler AG, Privatklinik Obach und uns) innert kurzer Frist erarbeitet. Es war für alle Beteiligten eine taffe Zeit: Statt einer Geschäftsleitungssitzung alle zwei Wochen hatten wir täglich deren zwei. Der Kanton hat also nicht einfach blind verordnet.

Würden Sie die Zusammenarbeit bei einer allfälligen zweiten Welle wieder begrüssen?

Ich hoffe sehr, dass es keine zweite Welle geben wird. Wir sehen uns als Teil der Leistungsversorgung und würden in einem solchen Fall natürlich alles Mögliche und auch Unmögliche tun, um wieder zu helfen.

Vergangenes Jahr feierte die Firma ihr 25-Jahr-Jubiläum. Olten sei «Teil unserer DNA», sagten Sie damals im Interview. Der Hauptstandort hier in Olten soll aus Platzgründen ausgebaut werden. Wie steht es mit dem Neubauprojekt auf dem Areal Bahnhof Nord?

Olten ist unsere Heimat und die Wurzeln der gesamten Pallas Kliniken sind hier. Wir sehen unsere langfristige Zukunft daher in Olten, was auch der Grund dafür ist, dass wir hier neu bauen möchten. Die Coronapandemie hat allerdings solche langfristigen Projekte tangiert. Aktuell befinden wir uns in der Planungsphase am Bahnhof Nord.

Die Profile des ersten Projekts der Credit Suisse Anlagestiftung und der Mettler2Invest AG stehen bereits. Das Baugesuch liegt bald öffentlich auf. Wann ist es für das Baufeld 2 mit den Pallas Kliniken soweit?

Es sind derzeit noch zu viele Fragen offen, dass ich einen Termin nennen könnte. Wir wissen derzeit selbst nicht, wann es losgehen soll.

Bis wann ist ein Umzug aus betrieblichen und wirtschaftlichen Gründen aus Ihrer Sicht angezeigt?

Auch hier gibt es keinen Zwang. Wir versuchen daher auch, die Räumlichkeiten beim Sälipark weiterhin auf dem modernsten Stand zu halten. Vergangenes Jahr wurde etwa ein Stock umgebaut. Das würden wir nicht tun, wenn wir demnächst umzögen.

Wäre auch ein Ausbau am bisherigen Standort beim Sälipark möglich?

Rein flächenmässig wäre der Platz vorhanden, und die Lage des Standorts empfinden wir als sehr gut. Doch unsere Klinik in Olten ist mit den Jahren gewachsen. Die räumlichen Strukturen müssten verbessert werden. Dazu wären hohe Investitionen notwendig. Ein Neubau erlaubt es, Prozesse von Anfang an richtig zu planen.

Vorerst müssen die Pallas Kliniken also noch für einige Jahre mit dem Standort beim Einkaufszentrum vorliebnehmen, der von der Eigentümerin Giroud Olma ausgebaut werden soll. Dagegen hat die Pallas-Gruppe Einsprache erhoben und diese an den Regierungsrat weitergezogen. Warum?

Als Oltner begrüssen wir das Projekt Sälipark 2020 und den Willen der Giroud Olma, hier zu investieren. Unsere Klinik im Sälipark ist die grösste Augenklinik der Schweiz. Es ist es existenziell wichtig, dass die Bauvorhaben bei laufendem Klinikbetrieb gut geplant und koordiniert werden. Die Bauarbeiten werden nicht ohne Erschütterungen und weiteren Emissionen wie Lärm ausgeführt werden können. Wir arbeiten mit hochsensiblen Geräten. Bei der Qualität unserer Arbeit und der Patientensicherheit können wir keine Kompromisse machen. Auch das Hotel Arte ist betroffen. Wir beschäftigen an diesem Standort rund 250 Mitarbeitende und haben eine hohe Frequenz an Patientinnen und Patienten. Als Miteigentümerin der Räumlichkeiten, an welchen gebaut werden soll, erachten wir es nicht nur als unser Recht, sondern als unsere Pflicht, uns bei diesem Projekt miteinzubringen und die Interessen unserer Patientinnen und Patienten sowie unserer Mitarbeitenden zu vertreten.

Wollen die Pallas Kliniken den Widerstand gegen das Projekt so lange aufrechterhalten, bis der Neubau im Bahnhof Nord steht?

Nein, das stimmt überhaupt nicht! Wenn dem so wäre, hätten wir nicht mit grossem Aufwand mitgearbeitet und immer wieder konstruktive Vorschläge gebracht.

Sälipark-Investor Thomas W. Jung sagte im Interview gegenüber dieser Zeitung, dass die Pallas Kliniken von Anfang an beim Projekt involviert waren. Ist dem so?

Meiner Meinung nach war das nicht so. Informiertsein heisst nicht Involviertsein. Wäre dem so gewesen, hätten wir die Angelegenheiten bestimmt unter uns regeln können. Es blieb schliesslich nur der Weg der Einsprache. Wir sind allerdings jederzeit bereit für konstruktive Gespräche und Lösungen.

Unter welchen Umständen wäre die Pallas-Gruppe bereit, die Beschwerde beim Kanton zurückzuziehen?

Grundsätzlich können wir uns nicht zu laufenden Verfahren äussern. Es ist für die Pallas Kliniken überlebensnotwendig, dass das Bauvorhaben miteinander abgestimmt ist, am laufenden Betrieb vorbei realisiert werden kann und auf unsere legitimen Interessen Rücksicht genommen wird. Unsere sehr konkreten Lösungsvorschläge, zu denen ich mich nicht weiter äussern will, kennt die Bauherrschaft. Eine solch grosse Veränderung erfordert den Willen zur Kooperation auf allen Seiten. Meiner Meinung nach liegt der Schlüssel für den Erfolg dieses Projektes bei der Giroud Olma.

Man hört, das Verhältnis zwischen den beiden familiengeführten Firmen solle nicht das allerbeste sein und könnte das Projekt sogar noch zu Fall bringen. Wie sehen Sie das?

Wir sind ja wie nicht die Einzigen, die Einsprache erhoben haben. Unsere Beschwerde ist nur ein Teil im ganzen Prozess. Es liegt somit nicht allein in unserer Hand. Ich selbst bin frei von negativen Gefühlen. Mein Interesse ist einzig, dass ein tolles Projekt realisiert werden kann, das auch für unsere Patientinnen und Patienten sowie für Kunden und Mitarbeitende stimmt. Wir haben immer wieder konstruktive Vorschläge gemacht. Ich bin der Meinung, dass mit einer guten Gesprächskultur und dem gegenseitigen konstruktiven Willen alles gelöst werden kann. Grundsätzlich sind wir ja für Entwicklungsprojekte.

Die Verwaltung der Pallas-Kliniken ist seit einigen Monaten an der Tannwaldstrasse 2 zu Hause. Man hört, die Giroud Olma hätte den Pallas Kliniken die Räumlichkeiten beim Sälipark gekündigt – wegen der Beschwerde. Ist das so?

Der Hauptgrund für den Umzug ist, dass die Pallas Kliniken gewachsen sind und wir mehr Arbeitsplätze für die Verwaltung brauchten. Es stimmt, dass uns gekündigt worden war. Uns wurde als Grund eine Umstrukturierung der Liegenschaftsbewirtschaftung genannt. Zu Gerüchten und Spekulationen möchte ich mich nicht äussern.

Thomas W. Jung verglich die Familie Pallas im Interview vor zwei Wochen mit den Schwiegereltern, die man mit der Frau dazu heiratet und wie Nachbarn nicht auswählen kann. Wie würden Sie das Verhältnis aus Ihrer Sicht beschreiben?

Ich bin ein ausgesprochener Familienmensch – sowohl zuhause wie auch im Betrieb ist mir dieser Wert wichtig. Es freut mich deswegen, dass uns Herr Jung anscheinend als Teil seiner Familie sieht. Und wie in jeder Familie kommen verschiedene Charaktere zusammen. Auch wenn man da nicht immer gleicher Meinung ist, rauft man sich zusammen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. In unserem Fall ist das Ziel der Standort Olten, den wir beide weiterbringen wollen. Ich fühle mich privat wie auch geschäftlich mit der Stadt Olten verwurzelt. Deswegen begrüsse ich jedes Entwicklungsprojekt, auch das Sälipark-2020-Projekt der Giroud Olma.