Stadt Olten
Brennpunkt Kirchgasse: Der neue Oltner Stadtrat steht bereits in der Kritik

Die Randständigen in der Kirchgasse und die Steuererhöhung brennen den Oltner Gewerblern unter den Nägeln.

Fabian Muster
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Der Stadtrat beim Gewerbe (von links): Moderator Rolf Schmid, Marion Rauber, Nils Löffel, Stadtpräsident Thomas Marbet, Benvenuto Savoldelli und Moderator Dominik Maegli.

Der Stadtrat beim Gewerbe (von links): Moderator Rolf Schmid, Marion Rauber, Nils Löffel, Stadtpräsident Thomas Marbet, Benvenuto Savoldelli und Moderator Dominik Maegli.

Bruno Kissling / Oltner Tagblatt

Vor einem Monat ist der Oltner Stadtrat in neuer Zusammensetzung in die Legislatur gestartet. Anlass genug für den regionalen Industrie- und Handelsverein sowie den Gewerbeverein, das Gremium am Mittwochmorgen zum sogenannten Breakfast Club einzuladen.

Nach dem gemütlichen Zmörgelen im Restaurant Magazin stellten sich die vier Stadträte nach der Vorstellungsrunde – der neue Sozialdirektor Raphael Schär-Sommer war nicht anwesend – den etwas ungemütlicheren Fragen der beiden Moderatoren Rolf Schmid und Dominik Maegli sowie jener der rund 70 anwesenden Mitglieder.

Die Rede ist von einer «katastrophalen Situation»

Eines der Themen, das den Gewerblern unter den Nägeln brennt, ist weiterhin die Situation mit den Randständigen in der Kirchgasse, besonders vor dem Warenhaus Coop City. Als «katastrophale Situation», gar als «Pack» wurden die Leute von einem Anwesenden dort bezeichnet. Dies stiess vor allem beim neuen Bildungsdirektor Nils Löffel auf Widerspruch. Man müsse der seit Anfang Jahr eingesetzten Interventionsgruppe SIP, die mehrmals pro Woche in der Innenstadt patrouilliere, noch Zeit geben, bis es funktioniere. Notfalls könne auch die Polizei gerufen werden, riet er den Gewerblern. Doch es sei «despektierlich», diese Menschen als «Pack» zu bezeichnen. Sie einfach wegzuweisen, bringt in seinen Augen auch nichts; dann hielten sie sich einfach an einem anderen Ort auf.

Löffel versprach, dass der Stadtrat «nachhaltige Lösungen» sucht. Erwähnt wurde unter anderem ein alternativer Standort, wo sich die Randständigen stattdessen aufhalten könnten.

Alte Zöpfe abschneiden statt Steuererhöhungen

Ebenfalls ein Thema war die am Vortag via Regierungsprogramm 2021–2025 angekündigte Steuererhöhung um 4 Prozentpunkte auf 112 Prozent. Für Urs Nussbaum, Präsident des regionalen Industrie- und Handelsvereins, ist das «eine wesentliche Verschlechterung der Steuersituation». Er forderte den Stadtrat auf, zuerst Gegenfinanzierungen zu prüfen und alte Zöpfe abzuschneiden, bevor der «einfache Weg der Steuererhöhung» begangen werde.

Stadtpräsident Thomas Marbet erwiderte, dass der Stadtrat bereit sei, alte Zöpfe abzuschneiden und verwies auf die beim Volk durchgefallene Schliessung des Krematoriums, was nun zusätzlich rund 3 Millionen Franken koste. «Das Parlament hat es nun in der Hand, diesen Posten rauszustreichen», machte er im Hinblick auf die Budgetdiskussion eine bemerkenswerte Ansage. Zudem verwies er auf die Sparmassnahmen in den vergangenen Jahren, unter anderem in der Verwaltung.

Und Finanzdirektor Benvenuto Savoldelli ergänzte, dass die Stadt zwar auch neue Schulden aufnehme, um die bereits bewilligten Investitionen wie das neue Schulhaus Kleinholz zu tätigen. Das sei aber nicht unbeschränkt möglich. Eine Erhöhung um 4 Steuerpunkte sehe zwar auf den ersten Blick nach viel aus. Doch dies sei - im Verhältnis zu den Investitionen - moderat.

Neue Stellen in der Baudirektion sollen geschaffen werden

Um für eine zügigere Behandlung der Baugesuche zu sorgen, will die neue Baudirektorin Marion Rauber das Bauinspektorat mit einer Stellenerhöhung stärken, wie sie vor den Gewerblern ankündigte. Oft bräuchten vor allem Private bei ihren Baugesuchen Beratung, damit die Unterlagen nicht wegen Unvollständigkeit mehrmals eingereicht werden müssten. Dies könne die Verwaltung mit der derzeitigen Personalsituation aber kaum leisten. Zudem will Rauber das Gebührenreglement überarbeiten. Die Tarife seien im Vergleich zu den umliegenden Städten zu tief. Eine Absage gabs auch an die Forderung aus dem Gewerbe, leerstehende Lokale aufzukaufen und günstig zu vermieten, um so zum Beispiel Raum für kreative Projekte zu bieten.

«Ich bin gegen eine solche Subventionierung», liess sich Finanzdirektor Benvenuto Savoldelli verlauten. Es gehe darum, günstige Rahmenbedingungen zu schaffen, etwa indem Baugesuche rasch behandelt würden. Zudem habe der Kanton mit der Umsetzung der nationalen Steuervorlage einiges getan. Es siedelten sich vermehrt Firmen an, weil die Steuern niedriger seien als in den Nachbarkantonen.

Stadtrat wünscht Einigung bei den Ladenöffnungszeiten

Doch nicht nur das Gewerbe äusserte Wünsche und Kritik an die Politik, auch der Stadtrat konnte seine Anliegen beim Gewerbe deponieren. So sollten sich die Ladenbesitzer doch endlich auf einheitliche Öffnungszeiten einigen, vor allem beim Abendverkauf am Donnerstag und am Samstag, forderte Savoldelli. Und Löffel warb für eine offene und ehrliche gemeinsame Gesprächskultur. Nicht nur der Stadtrat solle einen Schritt auf das Gewerbe zugehen, sondern auch umgekehrt. Sein Hintergedanke: «Wir sind bei der Steuererhöhung auf eure Unterstützung angewiesen.»