Wiedereröffnung
Beim Biertrinken gibts Sitzpflicht: Ein Einblick in die Oltner Bars nach dem Lockdown

Auch die Bars haben nach dem Lockdown wieder geöffnet – unser Autor mischte sich in Olten zwei Abende lang unter die Gäste.

Joshua Guelmino
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Ausgehen in Coronazeiten. Wir zeigen, wie das in den Oltner Bars aussieht. Plexiglas und Handschuhe gehören dazu. «Coq d’Or»
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Daniel Kissling, Geschäftsführer des «Coq d'Or», mit Nasenschutzmaske.
Auch in der Galicia Bar ist Plexiglas nun an der Tagesordnung.
Trotz Corona ist die Galicia Bar gut besucht.
Ausgehen in Coronazeiten. Wir zeigen, wie das in den Oltner Bars aussieht.
Das Hammer Pub war zum Zeitpunkt des Besuchs bis auf den letzten Tisch voll.
Die Besucher der Vario Bar finden an jedem Tisch Desinfektionsmittel, Kugelschreiber und Notizpapier, falls sie freiwillig ihre Kontaktdaten angeben möchten.

Ausgehen in Coronazeiten. Wir zeigen, wie das in den Oltner Bars aussieht. Plexiglas und Handschuhe gehören dazu. «Coq d’Or»

Patrick Lüthy

Diese Woche durften diverse Beizer und Bars ihre Tore wieder öffnen, jedoch nur unter strengen Vorschriften. Eine kleine Tour durch die Oltner Barszene gibt einen Eindruck, wie das Feierabendbier in der Lieblingsbar nach dem Lockdown aussieht.

Auf den ersten Blick scheinen sich die drei Bars Vario, Coq d’Or und Galicia sowie das Hammer Pub nicht gross verändert zu haben. Von aussen betrachtet, fallen höchstens die etwas reduzierte Bestuhlung auf der Strasse und ein paar Hinweis-Plakate an die Gäste auf. Das «Coq» leistet sich da sogar ein kleines Wortspiel und macht mit den «Coqorona-Regeln» auf die getroffenen Massnahmen aufmerksam: Gruppen von maximal vier Personen sind zugelassen. Getrunken wird sitzend am Tisch. «So wollen wir verhindern, dass sich Gruppen vermischen», meint Betreiber Daniel Kissling. Ähnliche Regeln gibt es in den anderen Bars auch.

Weitere Konstanten in der Bar-Landschaft sind die zur Verfügung gestellten Desinfektionsmittel-Spender, die irgendwie überall nach Tequila riechen und die auffälligen Spuckschutz-Plexiglas-Scheiben an den Theken. «In erster Linie dienen die Massnahmen dazu, unser Personal zu schützen», erklärt Marc Oberti von der Vario-Bar. Die Besucher finden an jedem Tisch Desinfektionsmittel, Kugelschreiber und Notizpapier, falls sie freiwillig ihre Kontaktdaten angeben möchten.

Ein weit auffälligeres Schutzkonzept ist im Hammer Pub zu beobachten. Ein komplexes Linien-Netz mit Markierungen am Boden weist den Gästen den Weg durch das Pub. Wie ein Zug auf Schienen schlängelt man sich so an Tischen und Gästen vorbei an seinen Platz. Dabei soll vermieden werden, dass sich Gäste kreuzen und Gruppen vermischen. Das Personal schützt sich indes mit Plexiglas-Visieren, die an Schweissermasken erinnern. Die Gäste zeigen sich von den gewöhnungsbedürftigen Umständen unbeeindruckt: So war das Pub zum Zeitpunkt des Besuchs bis auf den letzten Tisch voll. Einige Gäste standen draussen sogar in Zwei-Meter-Abständen Schlange.

Eine Gruppe junger Oltner freut sich ganz einfach, dass sie endlich wieder zusammen ein Feierabendbier trinken können: «Vor Corona gründeten wir eine kleine Jassgruppe und konnten nur einmal zusammen spielen. Das wir jetzt wieder rausdürfen, ist nun umso schöner», meinen Vera und Pascal unisono.

Der Empfang im «Coq d’Or» ähnelt momentan fast schon einem Edelrestaurant irgendwo in einer hippen Grossstadt Europas. Hinter einer Plexiglas-Scheibe wird man begrüsst und kann sich danach einen freien Tisch aussuchen. Ganz ohne Empfang kommt auch das «Galicia» aus. Grosser Abwesender ist der sperrige Billardtisch gleich beim Eingang. Ansonsten hat sich die Bar nicht gross verändert. Einige Tische wurden auseinandergeschoben, hie und da ein paar Trennwände aufgestellt und die Bühne abgebrochen. «Es ist natürlich schade, dass jetzt die kulturellen Events wegfallen. Dennoch finde ich, dass es die Betreiber sehr gut machen», meint etwa eine Besucherin aus Olten.

Kein Billardspielen möglich in der Vario-Bar

Neben den kulturellen Events ist auch das Spielangebot in der Vario-Bar eingeschränkt: «In erster Linie sind die ganzen Spielautomaten weg und es kann nicht Billard gespielt werden», sagt Marc Oberti. Eine Dartscheibe steht sogar zum Verkauf ausgeschrieben.

Wo in der Vor-Corona-Zeit noch mit Queues eingelocht wurde, sind die mächtigen Billardtische nun mit schwarzen Tüchern überzogen und weissen Bouquets garniert. Dazwischen sind vereinzelte Stehtische für Besucher platziert. «Die Billardtische sehen aus wie Särge und stehen fast schon sinnbildlich für die Beerdigung unserer Freiheit», ärgert sich Philipp aus Olten. «Es ist nicht ganz die gleiche Stimmung wie vor dem Lockdown. Aber hoffentlich kommt das dann noch», meint Besucherin Sara.

Bezahlt wird im «Vario» zwar noch bar, aber mit einem ausgeklügelten System: In die eine Schale legt der Gast sein Geld, in die andere kommt das Rückgeld. Die Schalen werden regelmässig desinfiziert und ersetzt. Wer draussen sitzt, bekommt seine Getränke an einen benachbarten Tisch serviert – so kann Social Distancing auch im Service eingehalten werden. «In erster Linie ist es cool, dass die Bars wieder aufgehen. Man kann es auch trotz Schutzkonzept noch geniessen», mein Andri aus Olten, der gerade auf seinen Geburtstag anstösst.

Prominentestes Opfer im «Coq d’Or» ist das beliebte Fumoir. Was früher ein qualmender Schmelztiegel des Austauschs war, ist heute rauchfrei und bietet drei Tischen mit je vier Stühlen Platz, mit genügend Abstand dazwischen. «Ich finde es gut und wichtig, dass Schutzmassnahmen ergriffen werden, aber momentan fühlt es sich schon noch etwas komisch an», meint Eveline aus Olten über das Gefühl nach dem Lockdown, wieder im «Coq» zu sein.

Noch ist es zu früh, um zu sagen, welche Auswirkungen die Schutzkonzepte auf die Besucherzahlen der Oltner Bars haben werden. «Dienstag und Mittwoch waren etwa im Durchschnitt. Der Run blieb aber vorerst aus», bilanziert Daniel Kissling vom «Coq d’Or». Auch Marc Oberti von der Vario-Bar sagt: «Wir haben noch nicht die richtigen Fallzahlen. Nach dem Wochenende wissen wir dann hoffentlich mehr. Sitzplätze hätten wir eigentlich genug.»