Aus Niederämter Sicht
Ich bin dann mal weg

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«Ich bin dann mal weg», sagt auch unsere Kolumnistin.

«Ich bin dann mal weg», sagt auch unsere Kolumnistin.

Walter Bieri / KEYSTONE

Endlich sind Sommerferien. Als Privatmensch und Mutter freue ich mich: Ein Schuljahr ist abgeschlossen, wir haben etwas geschafft. Die Kinder müssen morgens nicht pünktlich aus dem Haus, ich muss fünf Wochen lang keine z’Nünis parat machen. Abends können wir es gemütlicher nehmen und viele wöchentliche Termine fallen in den Schulferien weg.

Als Berufsmensch und Pfarrerin geniesse ich es: Der Kirchenrat pausiert, ich habe generell weniger Abendtermine, manche Aufgabe darf ein paar Wochen ruhen. Ich habe Zeit für Dinge, die sonst immer zu kurz kommen, zum Beispiel, um das Büro aufzuräumen und Papiere abzulegen. Ich kann das Fachbuch lesen, das seit Wochen oder Monaten auf meinem Schreibtisch liegt, und endlich einige Gemeindemitglieder besuchen. Das habe ich mir schon lange vorgenommen.

Eine Zäsur in weiten Bereichen

In verschiedenen Bereichen sind die Sommerferien eine Zäsur. Die habe ich genutzt, um manche Aufgaben zum Sommer hin in andere Hände abzugeben. Auch in unserer Kirchgemeinde waren Behördenwahlen und der eine oder andere hat sein Amt abgegeben. So wie der Jahreswechsel können die Sommerferien nicht nur persönliche Pause, sondern auch gemeinsamer Unterbruch im Jahr sein. Die Sommerpause kann Gelegenheit sein, einmal anzuhalten und innezuhalten und sich zu überlegen, wie es weitergehen soll und in welchen Bereichen man vielleicht etwas anders machen, sein lassen oder neu beginnen möchte.

Viele Leute machen im Sommer Ferien. Ich auch: zwei Wochen ganz frei. So richtig Zeit zum Durchschnaufen. Das ist meine persönliche Zäsur. Eine grosse Reise gibt es dieses Jahr nicht, aber Pause mache ich trotzdem. Eigentlich kommt es mir auch gar nicht so darauf an, wo ich in diesen Ferien sein werde. In diesen zwei Wochen ziehe ich mich vor allem zurück, von der Arbeit und von der Gemeinde und vom Alltag. Ich tauche ab in Romanwelten und verbringe leichte Stunden mit Spielen im Familien- und Freundeskreis. Zwei Wochen lang fast nichts müssen. Ich lehne mich zurück und schlafe aus, damit ich parat bin, wenn nach den Sommerferien die Aufgaben wieder auf mich warten.

Schwung kann auch andere mitnehmen

Ob es mir persönlich gelingen wird, das alles tatsächlich so umzusetzen und mich nach zwei Wochen Ferien so richtig erholt zu fühlen, ist, aus Erfahrung gesprochen, fraglich. Aber ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass es trotzdem schwungvoll losgehen kann, auch wenn vielleicht nicht unbedingt ich diejenige bin, die am meisten Schwung gibt. Nach der gemeinsamen Sommerpause kann der neue Schwung von manchen Leuten auch andere mitnehmen und in Schwung versetzen. In einer motivierten Gruppe zusammen etwas zu tun und Aufgaben anzupacken, das motiviert mich auch.

Es warten neue und alte Aufgaben auf einzelne Menschen und zum Beispiel auf Vereine, Gremien und Behörden. Ein neues Schuljahr mit einem neuen Stundenplan beginnt. Ein vielleicht veränderter Alltag wartet. Nach der Sommerpause können wir als Kirchgemeinde und in anderen Zusammenhängen schwungvoll starten auf neuen oder bekannten Wegen, mit neuen oder bekannten Menschen, mit neuen oder bekannten Aufgaben.

Der Alltag kehrt zurück

Dann stelle ich wieder den Wecker, mache wieder z’Nünis parat, schicke morgens die Kinder rechtzeitig aus dem Haus und freue mich auf den neu zusammengesetzten Kirchenrat und neue Ideen in der Gemeinde. Aber jetzt bin ich dann erst mal weg.