Olten
Als wäre die Ewigkeit parkiert – aber nicht stehen gelassen

Ein Naturschauspiel offeriert die aktuelle Kunstausstellung im Kantonsspital Olten. Regie führen Irene Aregger und Fritz Guggisberg.

Urs Huber
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Irene Aregger und Fritz Guggisberg präsentieren derzeit ihre Werke im Kantonsspital.

Irene Aregger und Fritz Guggisberg präsentieren derzeit ihre Werke im Kantonsspital.

Bruno Kissling

Diesmal wartet die Öffentlichkeit wohl vergeblich auf einen kleinen Kunstskandal, nachdem Bilder des Oltner Künstlers Jörg Binz aus der vorausgegangenen Ausstellung im Kantonsspital entfernt werden mussten. Dessen Nacktszenen waren nicht erwünscht.

Nun, solcherlei ist in der aktuellen Ausstellung auch gar nicht programmiert. «Gedanken Sichten»: Unter dieser offenen Affiche stellen Fritz Guggisberg (Welschenrohr) und Irene Aregger (Olten) bis zum 26. April im Kantonspital Olten aus. Wer es genauer wissen will: Fotografien und Zeichnungen, nicht wenige grossformatig. Und was die Zeichnungen angeht, peripher am Fotorealismus orientiert. Auf den ersten Blick verblüfft Guggisberg mit seinen Arbeiten, strotzend vor Akribie, Langmut, Geduld, Vertieftheit.

Kaum vorstellbar, dass der 62-Jährige während seiner Arbeit mit jemandem redet, seine Gedankenwelt nicht wohlgeordnet das gerade von ihm liegende Werk besetzt. Und was dem Welschenrohrer zu eigen ist: Er verblüfft auch auf den zweiten Blick, weil man sich fast nicht sattsehen kann an diesem Panoptikum der Formen, die in ihrer Gesamtheit, oder nennen wir’s Komplexität, so wundersam ein Ganzes ergeben. Naturszenen, mit feinsten Ziselierungen versehen, manchmal mehr, dann wieder weniger kontrastreich, entführen in schier romantisierte Landschaftsausschnitte, denen das Bedrohliche abgeht. Allenfalls, so möchte man meinen, ist dagegen eher von deren Bedrohung auszugehen. Aber Guggisberg könnte sie wohl reproduzieren, wären sie verschwunden.

Was Guggisberg mit der Hand vollzieht, hält Irene Aregger fotografisch fest. Aufnahmen aus der Natur, unverstellt und auf den ersten Blick eher gewöhnlich wirkend. Keine reisserischen Aufnahmen, die Sekundengefühle an die Oberfläche spülen. Erst der zweite Blick offenbart die Intention der 56-Jährigen, die Momente der kleinen Ewigkeit festhält, die sie mit offenen Sinnen bannt und die, lässt man sich darauf ein, jenes Fluidum versprühen: Die Zeit steht still. Emotionen würden aufkommen, sagte Madeleine Schüpfer. Es ist, als würde die Ewigkeit parkiert – aber nicht stehen gelassen.

Zu diesen naturnahen visuellen Erlebnissen fügte Trompeter Peter Schärli an der Vernissage noch das tonale Element hinzu. Schärli sei ist so etwas wie «ein bodenständiger Melancholiker, ein handfester Träumer, eine Art Robert Walser des Schweizer Jazz», schrieb Journalist und Dramaturg Peter Rüedi über Schärli. Der liess seine Trompete denn auch lachen, schreien, brummen, quietschen. Weitere Verben lassen sich frei dazu denken. Der Mann spielt auf und mit der Trompete.

Sind Spitäler jene Orte, wo Kunst ihren Heimatschein periodisch, aber regelmässig deponieren kann – oder anders gesagt – Ausstellungen stattfinden sollen? Die Kunstschaffenden finden – trotz kleinem Kunstskandal um die Werke von Jörg Binz: Ja. Argument: es sei einer jener Wege, der dem Besucher einen unkomplizierten Zugang zur Kunst ermögliche. Jenseits der Schwellenangst. Auch wenn die Atmosphäre von Spitälern immer etwas leicht Irritierendes, Beklemmendes hat, wie Madeleine Schüpfer aus persönlicher Sicht festhielt. Das Trio Aregger, Guggisberg, Schärli vermag dieser Befindlichkeit wenigstens entgegenzuwirken.