Amtsgericht
Wiederaufnahme des Prozesses zum Banküberfall Däniken: Freispruch oder mehrere Jahre Gefängnis

Der Prozess zum Banküberfall in Däniken wurde am Amtsgericht Olten-Gösgen nach siebenmonatiger Pause wieder aufgenommen. Ein Urteil wird noch diese Woche erwartet.

Philipp Kissling
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Die Raiffeisenbank in Däniken wurde Anfang April 2018 überfallen. (Archivbild)

Die Raiffeisenbank in Däniken wurde Anfang April 2018 überfallen. (Archivbild)

Bruno Kissling

Weil die Verteidigung Beweismaterial anzweifelte, hatte sie am 26. August 2019 den Unterbruch der Verhandlung erwirkt. Tatsächlich war für das Amtsgericht Olten-Gösgen ebenfalls nicht ersichtlich gewesen, ob die Protokolle der abgehörten Telefongespräche rechtmässig erstellt worden waren und vor Gericht verwendbar sind. Die Staatsanwaltschaft fasste also die Hausaufgabe, das Material zu überprüfen und neu hinzugezogene Dolmetscher mit der Übersetzung der Gespräche zu betrauen. Gestern Montag nun versammelten sich die Parteien abermals vor dem Amtsgericht, um den Prozess fortzusetzen respektive so weit abzuschliessen, dass sich das Gericht zur Beratung zurückziehen konnte. Das Urteil wird noch diese Woche erwartet.

Das Gericht, die Staatsanwaltschaft und auch die Verteidigung drückten die Wiederholungstaste und äusserten sich weitgehend gleich wie zum Prozessauftakt im letzten Spätsommer. Es war unterdessen schlicht nichts Bahnbrechendes zu Tage geführt worden, was die Positionen der Beteiligten hätte verrücken können. Miran B.*, Kamil T.* und Adam V.* pochten wiederum vorwiegend auf ihr Recht, die Aussage zu verweigern, weshalb die Beweisaufnahme entsprechend kurz ausfiel. Die Staatsanwältin sah es unverändert als erwiesen an, dass die Angeklagten unter einer Decke steckten und als Bande am 5. April 2018 den «qualifizierten Raub» auf die Raiffeisenbank in Däniken verübten sowie einen knappen Monat später am 3. Mai erneut einen Coup landen wollten, dieses Mal in Basel. Ob es in dem Fall bei «strafbaren Vorbereitungshandlungen zu qualifiziertem Raub» blieb, weil T. und V. von der Polizei verfolgt und in Liestal angehalten und verhaftet wurden, oder ob es sich das Duo anders überlegte und doch kein Ding drehen wollte, wie V. behauptet, wird kaum je geklärt werden. B. stieg an diesem
3. Mai übrigens kurz vor dem Grenzübertritt aus dem Auto und liess T. und V. alleine weiterfahren; er ging später der deutschen Polizei ins Netz.

Miran B. legte in der Folge ein Geständnis ab, was den Banküberfall in Däniken betrifft. Allerdings erst, als das Überwachungsvideo ihn zweifelsfrei identifizierte. B. behauptet, in Däniken alleine gehandelt zu haben; Kamil T. und Adam V. bestreiten ihre Beteiligung am Banküberfall. Die Auswertung der Handydaten lässt zwar die Vermutung zu, dass das Trio am Tag des Überfalls gemeinsam unterwegs gewesen sein könnte, aber, ob das als Beweis gegen T. und V. als Mittäter reicht?

Gesichert ist: Am 5. April 2018, 10.50 Uhr, betritt Miran B. die Schalterhalle der Raiffeisenbank in Däniken. Das Gesicht mit einem Mundschutz verdeckt, schreitet er vor die Bankangestellte Nadja Z.*, legt seinen Rucksack auf den Tisch und sagt: «Geld, Geld.» Z. reagiert erst, als B. die Worte in verschärftem Ton wiederholt. Sie löst den stillen Alarm aus per Tastenkombination, die wiederum die automatische, zeitverzögerte Herausgabe der Summe von 13750 Franken zur Folge hat. Ein zweiter Bankangestellter kommt hinzu, und Z. verstaut das Geld im Rucksack. Ob die Beute grösser hätte ausfallen können, wenn B. denn darauf gedrängt hätte, bleibt offen. An diesem Morgen jedenfalls «budgetierte» die Raiffeisenbank für einen möglichen Überfall die erwähnten 13750 Franken. Miran B. nimmt den «Spatz in der Hand» und verlässt das Gebäude.

B.s Verteidiger bestreitet den Ablauf der Geschehnisse nicht, stellt den Tatbestand des Raubs indes in Abrede. Als Raubüberfall gelte ein Diebstahl kombiniert mit Nötigung und der Gefahr für Leib und Leben. Diese Merkmale seien in der Däniker Schalterhalle nicht gegeben gewesen, sein Mandant habe niemanden angefasst und auch keine Waffe benutzt. Wenn schon, dann habe Miran B. mit List die Überraschung und Unerfahrenheit der Bankangestellten ausgenutzt, um an Beute zu kommen.

Die Staatsanwaltschaft fordert für Miran B., den sie als Kopf der Bande bezeichnet, eine Freiheitsstrafe von 8 Jahren und 3 Monaten sowie 12 Jahre Landesverweis, für die mutmassliche «Nummer 2» Adam V. 8 Jahre Freiheitsstrafe und 10 Jahre Landesverweis. Kamil T., «der am wenigsten zu sagen hatte, aber genau wusste, was lief», will die Staatsanwältin für 5 Jahre und 9 Monate hinter Gitter schicken und für 8 Jahre des Landes verweisen. Die drei Pflichtverteidiger indes plädieren allesamt auf Freispruch und eine Entschädigung von 200 Franken pro Hafttag. Weil die Staatsanwaltschaft einzig das Video und das Geständnis von Miran B. als handfeste Beweise ins Feld führen kann, wäre ein Freispruch für
T. und V. durchaus keine Überraschung. Die Beschuldigten sitzen seit bald zwei Jahren ein. Es könnte bei einem Freispruch und der zusätzlich geforderten Entschädigung teuer werden für die Steuerzahler: Alleine die siebenmonatige Verzögerung würde mehrere zehntausend Franken ausmachen.

*Namen von der Redaktion
geändert