Schönenwerd
Hier entsteht ein neues Dotierkraftwerk – mit weiterer Rinne für Fische und Amphibien

Beim Wehr in Schönenwerd wird ab diesem Sommer gebaut. Das Wasserkraftwerks an der Aare wird komplett erneuert. Im März 2022 soll die Inbetriebnahme erfolgen.

Noël Binetti
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Das jetzige Wasserkraftwerk bei Schönenwerd aus der Luft betrachtet.

Das jetzige Wasserkraftwerk bei Schönenwerd aus der Luft betrachtet.

zvg/Eniwa Kraftwerk AG

Wenn Mitte August beim Schachen die Baumaschinen auffahren, hat dies eine lange Vorgeschichte: Eniwa realisiert die Kompletterneuerung des Wasserkraftwerks an der Aare. Für das Hauptkraftwerk ist der Bewilligungsprozess noch nicht abgeschlossen, die öffentliche Auflage ist zwischen Herbst 2020 und Frühling 2021 geplant. Vor der Erneuerung der Zentrale in Aarau wird das Dotierwasserkraftwerk in Schönenwerd in Betrieb genommen. Es soll einst eine Leistung von 950 Kilowatt und eine Jahresproduktion von fünf Gigawattstunden erreichen. Dies entspreche dem Stromverbrauch von rund 1000 Haushalten, wie die Eniwa Kraftwerk AG in einer Mitteilung schreibt.

Der Neubau ist Teil des im Herbst 2013 aufgelegten Erneuerungsprojektes und wurde 2014, respektive 2015 von den beiden Kantonen Solothurn und Aargau bewilligt. Das Kraftwerk dient der effizienten und fischschonenden Nutzung von Restwasser. Das neue Restwasserregime mit einer Verdoppelung von 10 auf 20 Kubikmeter pro Sekunde, saisonal abgestuft, trat am 1. Januar 2020 in Kraft.

Auf Anfrage sagt Sandra Bläuer, Leiterin Kommunikation bei der Eniwa AG: «Die erste Dotierturbine beim Stauwehr wurde 1962 auf der Seite von Erlinsbach in Betrieb genommen.» 2005 konnte die Eniwa dann das zweite Dotierkraftwerk auf Schönenwerder Seite einschalten. Dotierkraftwerke werden bei Stauanlagen gebaut und haben den Zweck, die Restwassermengen, welche den natürlichen Flussläufen zugeführt werden müssen, energetisch zu nutzen.

Fördergelder beim Bund werden beantragt

Die Realisierung des Teilprojekts unterliegt 114 kantonalen Auflagen aus den Bereichen Gewässerökologie, Grundwasser, Bodenschutz, Rodung von Neophyten und anderen Massnahmen. Bei der Umsetzung wird die Eniwa Kraftwerk AG durch Fachpersonen der Umweltbaubegleitung und Ökologie begleitet. Zusätzlich wird von den beiden Kantonen eine Begleitgruppe aus Verbänden und anderen Organisationen eingesetzt.

Die Kosten für das Dotierkraftwerk, Umgehungsgerinne und Verbreiterung der Wehrbrücke sind Teil des Gesamtprojektes zur Erneuerung des Wasserkraftwerkes Aarau, bei welchem die Eniwa mit Gesamtkosten von 135 Millionen Franken rechnet. Für die Massnahmen zur Fischgängigkeit und für die Produktionssteigerung wird das Unternehmen Fördergelder beim Bund beantragen.

Ersatzbrücke und Sperrung Vitaparcours

Mit dem naturnahen Umgehungsgerinne im Schönenwerder Schachenwald wird für Fische und Amphibien eine weitere Passiermöglichkeit von der Aare zum Aare-Altlauf unterhalb des Wehrs realisiert. Das 1090 Meter lange Gerinne mit Flach- und Steilstrecken sowie einem Einlaufbecken ist eine von insgesamt 58 Ausgleichs- und Ersatzmassnahmen des Kraftwerkerneuerungsprojektes. Bereits im Oktober 2020 wird mit der Vorbereitung für die Bauarbeiten begonnen. Diese dauern bis voraussichtlich im Frühling 2021. Laut Bläuer können sich Passantinnen und Passanten nach Abschluss der Arbeiten über eine verbreiterte Wehrbrücke freuen, die den Langsamverkehr deutlich verbessern wird. Bis es so weit ist, müssen einige Umleitungen und Sperrungen in Kauf genommen werden.

Der Situationsplan zeigt die Auswirkungen auf Schönenwerd infolge der Baustelle.

Der Situationsplan zeigt die Auswirkungen auf Schönenwerd infolge der Baustelle.

zvg

Der Baustart für das neue Kraftwerk erfolgt Mitte August 2020. Die Fertigstellung des Rohbaus ist auf Mitte September 2021 geplant. Ab März 2022 soll die Inbetriebnahme erfolgen. Während der Bauphase regelt ein Verkehrskonzept die Wegführung: Der Stauwehrübergang wird bis April 2022 gesperrt, weshalb ab Oktober 2020 eine Behelfsbrücke im Unterwasserbereich des Stauwehrs errichtet wird. Um Engstellen auf der nationalen Veloroute sowie für Fussgänger zu vermeiden, wird nach der Fertigstellung des neuen Dotierkraftwerks die Wehrbrücke für den Langsamverkehr von 1,9 auf 3,4 Meter verbreitert.

Der bestehende Vitaparcours im Schönenwerder Schachenwald hat drei Kreuzungen mit dem neuen Umgehungsgewässer, weshalb Anpassungen der Route notwendig werden. Der mögliche Routenverlauf ist noch in Abklärung. Der Parcours wird voraussichtlich zwischen Oktober 2020 und Juni 2021 geschlossen bleiben. Informationen zur aktuellen Verkehrsführung werden vor Ort auf Baustellentafeln beim Stauwehrgebäude, bei der Einfahrt Hechtenweg in Schönenwerd und mit Hilfe von Umleitungstafeln signalisiert.

Welche Haushalte werden mit dem zusätzlich erzeugten Strom beliefert? Bläuer sagt dazu: «Die produzierte Energie wird im Unterwerk Aarau ins Mittelspannungsnetz von Eniwa gespiesen. Von diesem Strom profitieren also alle Kundinnen und Kunden der Eniwa.»