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Elisabeth Häubi hat 40 Kasperlistücke geschrieben und über 200 Puppen selber hergestellt. Nun übergibt die Mutter des Lostorfer Kasperlitheaters ihre Figuren ans Schweizer Figurentheater-Museum in Freiburg.
«Es ist unglaublich, wie schnell Kinder bereit sind, in eine Märchenwelt einzutauchen», erzählt Elisabeth Häubi. Sie hat 1978 das Lostorfer Kasperlitheater gestartet und während ihrer Karriere mehr als 200 Puppen selber hergestellt.
Mit dem Theater trat sie anfangs einmal wöchentlich, jeweils am Mittwochnachmittag, in Lostorf auf. Später begann sie, mit ihren Puppen durch die ganze Schweiz zu reisen: «Egal wo, sobald Kasperli auf die Bühne kommt, machen die Kinder einfach mit.»
Dieses Jahr hat sich Häubi dazu entschieden, die Puppen an ein Museum abzugeben. «Ich bin jetzt 83, es geht nicht mehr lange bis 100», lacht sie. Erst hatte sie vor, sie dem Schweizer Figurentheater-Museum in Freiburg zu vermachen. Doch dann kam auch beim Lostorfer Dorfmuseum Interesse auf, da man dort der Meinung war, dass die Puppen der Lostorferin ein Teil des Dorfs sind.
Nur der Platz fehlte im Dorfmuseum – also hat Häubi eine Entscheidung getroffen: Die Puppen hat sie dem Lostorfer Dorfmuseum vermacht, wo sie bis Ende Oktober ausgestellt sind. Anschliessend ziehen die Kasperlifiguren nach Freiburg um, wo sie als Leihgabe ihr neues Zuhause finden und Kindern Freude bereiten.
Auch bei Häubi sei die Freude am Kasperlitheater in der Kindheit entstanden. 1934 in Wien geboren, besuchte die heutige Seniorin regelmässig den Praterkasperl. Dort konnten Mütter an der Kasse jeweils die «Sünden» ihrer Kinder abgeben.
Der Kasperl habe sie und andere Kinder dann während der Vorstellung ins Theater einbezogen und beispielsweise gefragt, weshalb sie ihren Spinat nicht gegessen habe. «Diese Interaktion mit den Kindern hat mir schon damals gefallen, die Kasperliaufführungen waren für mich einfach begeisternd», so Häubi.
1946 kam Häubi durch eine Patenschaft des Roten Kreuzes erstmals in die Schweiz. Nach der Matura absolvierte sie in Bern die Ausbildung zur Krankenschwester, heiratete später und zog nach Lostorf. 1978 wurde Häubi in den Lostorfer Gemeinderat gewählt – gleichzeitig war 1978 in Lostorf das «Jahr des Kindes». «Als einzige Frau im Gemeinderat war meine Aufgabe, dazu etwas zu machen», so Häubi. Schon früher habe sie für ihre eigenen Kinder Kasperliaufführungen gemacht. Daher kam ihr die Idee, ein offizielles Lostorfer Kasperlitheater für das Jahr des Kindes zu planen.
Im alten Konsum in Lostorf wurde die Idee in die Realität umgesetzt: Ihr Ehemann hat die Bühne gebaut, Elisabeth Häubi hat Figuren hergestellt und Stücke geschrieben. Jeden Mittwochnachmittag gab es im alten Konsum eine Vorführung, bis das Gebäude nach drei Jahren verkauft wurde und das Lostorfer Kasperlitheater zu einer Wanderbühne wurde
Lilo Jäggi kam als Kasperlispielerin dazu und die beiden Frauen führten ihre Vorstellungen zwischen 25 und 40 mal jährlich auf. Auch Peter Zundel kam später noch zum Team. «Es gab auch manchmal Fälle, in denen wir mit Grippe auftreten mussten. Aber solange man spielt, spürt man nichts anderes», sagt Häubi. Beim 10-jährigen Jubiläum organisierte Häubi erstmals ein Märlifest in Lostorf, welches anschliessend jährlich durchgeführt wurde.
Während ihrer Karriere schrieb Elisabeth Häubi insgesamt 40 Kasperlistücke – und stellte zu jedem Stück einen Satz Figuren her. Sogar der Kasperli selber wurde für jedes separat hergestellt: «In jedem Stück hat er einen anderen Charakter, da braucht es jedes Mal einen neuen Kasperli.»
Da der Platzbedarf so stetig wuchs, musste ein Aufbewahrungsort her. «Peter Vogt hat mir in seiner Firma Asyl gewährt», lacht die Lostorferin. In der Vogt AG wurde ihr Platz zur Verfügung gestellt, wo sie ihre Figuren während 40 Jahren lagern konnte.
2015 fand die letzte Aufführung des Lostorfer Kasperlitheaters statt. Und noch heute klingelt bei Elisabeth Häubi regelmässig das Telefon wegen Anfragen zu Auftritten. «Aber dafür bin ich nun zu alt», sagt die Lostorferin.
Es sei zwar schade, dass sie keine Nachfolge für das Lostorfer Kasperlitheater gefunden habe, doch die Figuren seien in den beiden Museen an einem guten Ort versorgt. Denn: «Bei mir zu Hause könnte ich sie nicht behalten. Das würde mich zu traurig stimmen», sagt Elisabeth Häubi.