Aus Niederämter Sicht
Von härzige Gschichtli und wüsten Reden

Unser Kolumnist spazierte durch sein Dorf und lauschte den Sequenzen des neuen Gschichtli-Wegs. Dabei traf er Leute und führte Gespräche. Missmutig zeigt er sich über die Rede des OK-Präsidenten Walter Wobmann (SVP) am kantonalen Schwingfest in Obergösgen.

Urs Huber*
Urs Huber*
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Am letzten Wochenende weihte Gemeindepräsident Peter Frei den neuen Gschichtli-Weg in Obergösgen ein.

Am letzten Wochenende weihte Gemeindepräsident Peter Frei den neuen Gschichtli-Weg in Obergösgen ein.

Bild: Patrick Lüthy

Seit kurzem gibt es über Obergösgen eine neue Geschichte zu erzählen. Vor einigen Tagen wurde nämlich der Gschichtli-Weg eröffnet. Ab jetzt ist Obergösgen nicht gerade ein Märchenland, aber immerhin eine Gschichtli-Hochburg. Das freut mich, ich finde das eine tolle Idee. Sie kommt zwar fast etwas quer daher in dieser Welt der lauten Worte und schrillen Töne. Aber genau deswegen finde ich es eine gute Sache.

Der Gschichtli-Weg beginnt auf dem Obergösger Dorfplatz und führt dann an insgesamt zehn Posten vorbei. Man braucht dazu ein Smartphone. Per QR-Code kann man bei den jeweiligen Standorten die einzelnen Abschnitte der Geschichte abhören. Für die zehn Posten braucht es dann etwa eine Stunde für eine totale Distanz von 3,5 Kilometern.

Bei der Einweihung erwähnte Gemeindepräsident Peter Frei, dass man zum diesjährigen 30. Jubiläum des Ferienpasses «etwas machen wollte, das bleibt». Und so hat Obergösgen als eine der ersten Gemeinden in der Schweiz nun einen Gschichtli-Weg. Nicht erfunden, aber quasi gefunden hat diese Geschichte die Obergösger Kulturkommission; eine sehr aktive und umtriebige Gruppe, die doch in kurzer Zeit viel Neues auf die Beine gestellt hat und Bewährtes weiterführt und organisiert.

In meinem Kopf ist ein Gschichtli-Weg natürlich automatisch ein Märli-Weg. Und Märli haben ja die Eigenschaft, dass sie zwar erfunden sind, aber doch irgendwie von dieser Welt. Ich gebe es zu, als Kind war ich glaub nicht unbedingt der Märchentyp. Das hatte vielleicht auch damit zu tun, dass in meiner Kindheit Märchen oft nur belehrend waren. Es drohte häufig ein grausiges Ende, typisch beim Struwwelpeter.

Nun denn, ich habe den Gschichtli-Weg absolviert und zehn kleine Teile von «Die drüü Prinze Alexander» gehört. So viel darf ich, glaub ich, sagen, ohne zu viel zu verraten. Wie eigentlich immer eine Geschichte, die uns erzählend Moral im positiven Sinne vermitteln will, die uns eine Lebensphilosophie mitgeben will. Was ist wichtig im Leben, für mich und für die anderen?

Der Gemeindepräsident erwähnte auch, dass die zehn Gschichtli-Posten für viele auch eine gute Möglichkeit sein könnten, das Dorf etwas besser kennen zu lernen. Nicht nur unsere immer gleichen Alltagswege einzuschlagen, sondern eben auch neue Ecken zu entdecken. Ich kenne dieses Dorf ja wirklich, aber unterwegs gab es für mich dafür unzählige Begegnungen und Gespräche. Es könnte also auch länger gehen.

Walter Wobmann hätte in seiner Ansprache als OK-Präsident zum Abschluss des kantonalen Schwingfests in Obergösgen auch lieber irgendein Märchen erzählt als das, was er sich da leistete. Nichts von Abklopfen des Sägemehls beim Verlierer oder so. Schwingen gäbe ja so viele Gschichtli zum Erzählen her.

Nein, eine wüste Rede voller Tiraden gegen alles, was ihm offenbar nicht passt in diesem Land. Völlig daneben. Die Festbesucher waren konsterniert, viele einfach hässig. Das macht man einfach nicht, an so einem Anlass. Das macht man einfach nicht, das sagte mir ein konsternierter SVP-Exponent kurz danach. Zum Glück konnte dann Regierungsrat Peter Hodel die Situation als Festredner wieder etwas korrigieren; es war ja ein schönes, friedliches Fest, bei schönstem Wetter mit vielen Zuschauern und vielen Helfenden.

Vielleicht ist das die heutige Zeit: Heute dominieren die Schauermärchen.
Deshalb plädiere ich für: weniger Schauermärchen, mehr Träume; weniger Schreihälse, mehr Zuhörende; weniger Parolen, mehr Diskussionen; mehr Zusammenhalt, weniger Gegeneinander. Wie heisst es so schön: Die Hoffnung stirbt zuletzt.

*Urs Huber wohnt in Obergösgen. Er ist Sekretär beim Schweizerischen Eisenbahnerverband und SP-Kantonsrat.

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