Aus Niederämter Sicht
Museumsgeflüster

Unsere Kolumnistin schildert die neue Ausstellung im Dorfmuseum Lostorf aus der Perspektive einer Maus, die sich vor elf Jahren in die Räume geschlichen hat.

Raphaela Glättli-Gysi
Raphaela Glättli-Gysi
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zvg

Gerne stelle ich mich kurz vor: Ich bin Museo, eine Maus. Genauer gesagt eine Museumsmaus. Ich wohne im Dorfmuseum in Lostorf, dieses ist etwas ab vom Dorfzentrum an der Hauptstrasse Richtung Bad Lostorf, dafür direkt am lauschigen Dorfbach. Hier wohne ich, irgendwo zwischen der alten Telefonzentrale im Technikzimmer und den warmen Mauern und Leitungen der Küche.

Im Museum war in den letzten Wochen ganz viel los. Ständig schloss wieder jemand auf und werkelte irgendwas, teils stundenlang. Oft die gleichen Menschen, manchmal auch Leute, die ich in den letzten elf Jahren, seit ich hier Wohnsitz habe, nie gesehen habe. Sie alle waren zuständig für einen Posten der nun angelaufenen Themenausstellung «Schule Lostorf 2.0-Story update».

Ich merkte bald, dass sie nicht dieselbe Ausstellung wie letztes Jahr einfach nochmals machen. Nein, es sollte eine neue, spezielle Ausstellung werden. Es ist ihnen gelungen. Staunend sass ich vor der Wand, an welcher der Umbau des Schulhauses 1912 gut dokumentiert wird. Die Bilder davon, was sich alles hinter den weiss getünchten Wänden und Schulböden verbarg und nun zum Vorschein kam, hatten es mir angetan. Ob die Besucher wissen, wie viele Kinder hier zur Schule gegangen sind oder wie viele Lehrer sich hier die Lehrerzimmerklinke in die Hand gaben in den letzten 110 Jahren?

Eines der Mädchen einer mitwerkelnden Person, betrachtete die Bilder und alten Skis in der «Skilagerecke» und sagte: «Mama, muss ich dort auch mal hin? Dort gibt es Suppe!», «aber auch Reis und Disco, cool», schob sie besänftigend hinterher und setzte sich auf eines der Kindergartenstühlchen unter dem riesigen WC-Papierrollen-Papier maché-Baum, den die Kindergarten-Lehrpersonen extra ins Museum gezügelt hatten. «Ach, wie schön wars dort», seufzte sie.

In einer andern Ecke an Schulpulten wurde eine Lernspiel-Ecke eingerichtet, in der Gross und Klein sich mit knobeln versuchen darf. Ebenso bei der Jugendsprache, früher Bubensprache. «Tschent» war in etwa das heute bei den Jungen gebräuchliche «nice», lernte ich. Dort hat die offene Jugendarbeit eine bunt besprayte Wand mit QR-Codes aufgestellt. Die «neuen» Jugendwörter kann man dort hören. «Cool bro».

Der Werdegang aller ehemaligen und heutigen Schulgebäude ist ebenfalls sehr übersichtlich dokumentiert. In der «Stube» des Museums haben sie eine Meinrad Peier-Stube eingerichtet. Mein Cousin wohnt in jenem Museum in Olten, in dem sich der Nachlass des über die Region hinaus bekannten, zeitkritischen Holz- und Linolschneiders, befindet. Die Leihgaben hier stammen alle von dort. Ja, Sie lesen richtig, aus dem gerade so umstrittenen Kunstmuseum Olten. Aber ich möchte nicht politisch werden, ich bin nur eine Dorfmaus.

Durch das ganze Museum haben sie Drahtschnüre gespannt, daran hängen nun Klassenfotos bis weit zurück ins letzte Jahrhundert. Schon im letzten Jahr waren die Fotos Anziehungspunkt. Im Erdgeschoss kann man die Interviews mit ehemaligen Lehrpersonen, Schülern, ehemaligen Schulsekretärinnen und Skilagerköchinnen nochmals hören und anschauen. In der Schreibwerkstatt heisst es schön schreiben. Den Matrizendrucker kann man auch riechen.

Ich bin gespannt auf die Workshops, die parallel zu den Ausstellungssonntagen laufen. Pausenspiele machen diesen Sonntag den Anfang, dann kommt Kasperli Fantasperli ins Museum, später gibt es einen Fotokurs und ein Lernatelier, in dem man spielerisch auch aber nicht nur Mathematik verstehen kann. Kommen Sie mich besuchen! Überhaupt, besuchen Sie die Museen in der Region, jedes für sich eine Trouvaille und grüssen Sie mir meine Mausefamilie!

Raphaela Glättli-Gysi ist Sprachkursleitende für Deutsch und wohnt mit ihrer Familie in Lostorf.

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