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Der Gemeinderat von Zuchwil lässt das Begehren des Sportzentrums für einen Anbau im Finanzplan und sichert damit das Kombiangebot Sport und Übernachtung.
SVP-Gemeinderat Carlo Rüsics musste aufstehen. So sehr drücke ihm der Antrag auf den Magen. Dann verlangte er Nichteintreten. Es war das Begehren, einen Anbau am Sportzentrum zu realisieren, das ihn emotional durchschüttelte. Dabei habe der Anbau eine «enorme Bedeutung», wie Sportzentrumsdirektor Urs Jäggi ausführte.
Die einmalige Kombination von Sportangeboten (Fussball, Eishockey, Schwimmen, Tennis) mit Übernachtungsangeboten in eigener Regie (Sporthotel) und in angemieteten Gebäuden wecke den Neid anderer Anbieter. Lager und Kurse im Sportzentrum boomen. Mit dem erwirtschafteten Gewinn könnten jährlich 100'000 Franken abgeschrieben werden, so Jäggi. Ohne diesen Ertrag habe das Sportzentrum das Messer am Hals.
Nun droht aber der Ausfall dieses Ertrags. Der Vertrag mit der Eigentümerin des angemieteten ehemaligen «Kontikis», in dem das Sportzentrum 84 Betten anbieten kann, läuft im Herbst 2021 aus. Eine Verlängerung des Vertrags liegt maximal für einige Monate drin. Die Eigentümerin will das Gebäude abreissen und hat bereits ein Überbauungsprojekt in der Pipeline. Der Anbau, in dem 80 Betten angeboten werden können, wäre der Ersatz für den Ausfall. «Die Gemeinde müsste zuerst 1 Million Franken für den Anbau investieren, damit das Sportzentrum weiterhin seinen Ertrag hat», bringt es Gemeindepräsident Stefan Hug (SP) auf den Punkt.
Aber eben, die Investition von der Million drückt Rüsics auf den Magen. Es sei keine Ersatzinvestition, bemängelt er das Begehren formal. In der Vorlage würden Gewinn, Ertrag, Einnahmen, Abschreibungen etc. wild durcheinandergemischt, das Begehren sei unlauter, denn eigentlich habe das Sportzentrum den Auftrag, Verzichtsmassnahmen zu überlegen, und er habe es leid: «Das Sportzentrum benimmt sich wie ein beleidigtes, verschüpftes Kind, das nie kriegt, was es will. Wir sind mit dem Sportzentrum in Geiselhaft.» Sein Nichteintretensantrag wurde mit 9 zu 2 Stimmen abgelehnt.
Zuvor führte Jäggi aus, dass der Verwaltungsrat des Sportzentrums sehr wohl eine Verzichtsplanung gemacht habe und mit der Herabsetzung der jährlichen Investitionsquote von 1 Million auf 800000 Franken über vier Jahre einverstanden sei. Zudem seien die Kosten für den Anbau inklusive. Konkret verzichtet damit das Sportzentrum auf mindestens 800'000 Franken, «was zum grossen Teil dem Betrag entspricht, den die Gemeinde für das Sportzentrum in der Coronakrise sprach», so Hug.
Der Anbau wurde aber auch von anderen Gemeinderäten kritisch diskutiert. Philippe Weyeneth (FDP) verlangte ausdrücklich, dass das Sportzentrum breiter abgestützt werden muss. Cornelia König Zeltner (SP) forderte den Sportzentrumdirektor dazu auf, den Kündigungstermin nochmals zu verhandeln, damit die Investition später ausgeführt werden kann. Auf der anderen Seite sprachen sich der Gemeindepräsident – «das Sportzentrum soll weiter blühen, wie in den letzten 50 Jahren auch» – und Patrick Marti (SP) vehement für die Investition aus.
Im Stile eines Unternehmers erklärte Marti: «Die Anlage wird mit einem Wert von 56 Millionen Franken aufgeführt. Wenn das Sportzentrum flöten geht, dann ist am Ende der Steuerzahler der Dumme.» Nach wie vor unterstützten eine Mehrheit der Zuchwilerinnen und Zuchwiler sowie des Gemeinderates das Sportzentrum. Für ihn stehe deshalb diese Investition ausser Frage. «Ja, wir sind in Geiselhaft», gibt er Rüsics recht, «aber wegen des selbst gewählten Konstrukts.»
Dieses soll überdenkt werden, stellte der Gemeindepräsident in Aussicht. Er kündigte auf Ende Oktober einen Workshop an, in dem die Leistungsvereinbarung zwischen Einwohnergemeinde und Sportzentrum diskutiert wird. Und für einmal brach Rüsics mit der SVP-Tradition in Zuchwil, Kritik keine Taten folgen zu lassen, und kündigte seine Teilnahme am Workshop an.
In der Abstimmung erhielt das Sportzentrum Unterstützung. Dem Investitionsprogramm 2021 bis 2024 für das Sportzentrum Zuchwil von je 800'000 Franken pro Jahr wird zugestimmt. Das Projekt «Anbau» verbleibt im Finanzplan. Und bis zum 19. Oktober ist abzuklären, ob und wie lange das Mietverhältnis der ehemaligen Liegenschaft «Kontiki» verlängert werden kann.