Solothurner Unternehmerpreis
Ypsomed-Chef Simon Michel: «Engagement und Motivation sind das A und O»

Ypsomed-CEO Simon Michel setzt auf die Mitarbeiterzufriedenheit und forciert die Eigenausbildung, um unabhängiger vom Arbeitsmarkt zu werden.

Franz Schaible
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Simon Michel, CEO der Ypsomed: «Wir lassen die jungen Berufsleute auch nicht hängen. Über die Hälfte unserer Lehrabgänger stellen wir ein.»

Simon Michel, CEO der Ypsomed: «Wir lassen die jungen Berufsleute auch nicht hängen. Über die Hälfte unserer Lehrabgänger stellen wir ein.»

Thomas Ulrich

Der diesjährige Unternehmerpreis steht unter dem Motto «Zukunftsweisende Arbeitsmodelle». Was bietet da Ypsomed?

Simon Michel: Wir bieten alle relevanten Elemente an, die einem Konzern unserer Grösse anstehen. Es geht beispielsweise um familienfreundliche Arbeitszeitmodelle. Diese Elemente reichen von der Teilzeit, Home-Office, Elternurlaub, Sabbatical über Jahresarbeitszeiten bis hin zu bezahlten Kitas an allen Standorten.

Und auf betrieblicher Ebene?

Wir verfolgen eine verantwortungsbasierte Führung. Wir erteilen Aufträge, welche der Mitarbeitende in eigener Verantwortung erledigt. Wir sind weggekommen vom starren Befehlen in Richtung sinn- und zielorientiertes Führen. Dieses Modell haben wir bis auf die Stufe Anlagebetreuer heruntergebrochen. Jeder Mitarbeitende ist für sein «Werkzeug» verantwortlich, denn niemand versteht die von ihm betreute Anlage besser als er.

Das bedingt Fachkräfte. Finden Sie diese?

Tatsache ist, dass angesichts der zunehmenden Komplexität der Prozesse und Anlagen der klassische Industriearbeitsplatz in der Schweiz mittelfristig verschwinden wird. Unser Ansatz liegt darin, den Nachwuchs selbst heranzuziehen. Dazu dient neben der traditionellen Berufslehre die Nachholbildung. Erwachsene ohne Berufsabschluss können bei uns eine Berufslehre absolvieren. Rund die Hälfte der Beschäftigten am Standort Solothurn haben keinen Berufsabschluss. Ihnen müssen wir Sicherheit geben, auch bezüglich Arbeitsmarktfähigkeit. Das bedingt Eigenmotivation, die Angestellten können ja nicht zur Nachholbildung gezwungen werden. Wenn wir einen Viertel der ungelernten Berufskräfte zu einem Berufsabschluss bringen, sind wir zufrieden.

Solothurner Unternehmerpreis 2017
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Musikalische Unterhaltung gab es von Claudia Staphani & Flying Foxes Landhaus
Simon Michel (CEO Ypsomed) und der Unternehmerpreis 2017
Den Anerkennungspreis erhielt der Verein Tagesfamilien des Kantons Solothurn: v.l.: Esther Haldemann Zeltner (Geschaeftsfuehrerin Verein Tagesfamilien des Kantons Solothurn), Gabriela Mathys (Praesidentin Verein Tagesfamilien des Kantons Solothurn), Esther Gassler (Regierungsraeting Kanton Solothurn) Landhaus Gewerbe
v.l.: Esther Haldemann Zeltner (Geschaeftsfuehrerin Verein Tagesfamilien des Kantons Solothurn), Gabriela Mathys (Praesidentin Verein Tagesfamilien des Kantons Solothurn) Landhaus Gewerbe
v.l.: Frank Mengis (Chief Operating Officer Ypsomed), Ulrike Bauer (Senior Vice President Markenting & Sales, Ypsomed), Simon Michel (CEO Ypsomed), Esther Gassler (Regierungsraeting Kanton Solothurn) Landhaus Gewerbe

Solothurner Unternehmerpreis 2017

Thomas Ulrich

Eine Berufslehre reicht heute kaum mehr, um die immer höheren Anforderungen zu erfüllen. Wie geht Ypsomed damit um?

Wir investieren viel in die Weiterbildung unserer Lehrabgänger. Wir unterstützen diese beispielsweise, wenn sie nach der Lehre berufsbegleitend einen Fachhochschulabschluss anpeilen. Die Firma übernimmt 100 Prozent der Schulgebühren und zahlt einen Lohn für ein Teilzeitpensum von 70 Prozent bei einer Präsenz von 60 Prozent. Wir lassen die jungen Berufsleute auch nicht hängen. Über die Hälfte unserer Lehrabgänger stellen wir ein. Letztes Jahr waren es sogar über zwei Drittel.

Wäre es nicht einfacher, höhere Löhne als die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt zu zahlen?

Nein. Wir zahlen über die ganze Schweiz betrachtet zwar gute, aber durchschnittliche Löhne. Wir machen die Erfahrung, dass der Lohn nicht der Haupttreiber ist.

Ypsomed findet also den beruflichen Nachwuchs?

Ja. Dank der forcierten Eigenausbildung können wir uns unabhängiger machen vom Arbeitsmarkt. Generell gelingt es uns, als attraktives und wachsendes Unternehmen die Fachkräfte zu finden.

Was heisst denn attraktiv?

Neben den erwähnten Punkten haben wir als wichtigen Bestandteil die sogenannte Lean Production in allen Breichen und Ebenen eingeführt. Hier geht es um die Verschlankung der Arbeitsprozesse. Dabei geht es aber nicht nur um Effizienzsteigerung und Kostensenkung. Wir optimieren sämtliche Arbeitsplätze, um gleichzeitig ein angenehmes Umfeld zu schaffen, damit sich die Mitarbeitenden möglichst wohl fühlen.

Aber das Hauptziel ist es doch, die Kosten zu senken.

Indirekt ist das der Fall. Hauptziel ist es, die Mitarbeiterzufriedenheit zu steigern und dadurch die Fluktuationsrate möglichst tief zu halten. Uns ist es gelungen, diese auf unter 4 Prozent zu senken. Unsere Mitarbeitenden arbeiten im Durchschnitt über 20 Jahre bei uns. Dahinter steckt der Qualitätsgedanke. Es braucht mindestens ein Jahr, bis ein Mitarbeitender «seine» komplexe Anlage versteht. Langjährige Mitarbeitende «hören» die Anlage und spüren dank ihrer Erfahrung sofort, wenn etwas nicht stimmt. Das ist enorm wertvoll. Wenn wir schlechte Qualität liefern, dann ist der Kunde unzufrieden und letztlich resultieren daraus zusätzliche Kosten. Einfach gesagt, führt eine tiefe Fluktuation zu höherer Qualität und letztlich zu tieferen Kosten.

Sehen das die Angestellten auch so?

Ich gehe davon aus, denn die regelmässig vertraulich durchgeführten Befragungen zeigen eine sehr hohe Mitarbeiterzufriedenheit, Identifikation und Verbundenheit mit Ypsomed. Dies weist auf ein hohes Engagement und eine hohe Motivation hin. Das ist das A und O für den Erfolg in jeder Unternehmung. Wir kritisieren nicht nur das «Schlechte», wir danken ebenso oft für das «Gute» und zeigen so unsere Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitenden. Es braucht ein Feedback in beide Richtungen.

Was bedeutet der Unternehmerpreis für Sie?

Wir sind sehr stolz darauf. Es ist eine Bestätigung für unsere Bemühungen, aktiv für eine gesunde Unternehmenskultur einzustehen, damit die Menschen gerne bei uns arbeiten. Wir sind eine unternehmergetriebene und nicht eine managergetriebene Firma. Uns tut es weh, wenn uns ein Angestellter verlässt.