«Weissenstein-Forum»
Trotz Aufschwung: In der Solothurner Wirtschaft wird weitere Strukturbereinigung folgen

Das zweite «Weissenstein-Forum» von Handelskammer und UBS stand ganz im Zeichen der Pandemie-Folgen. Die Solothurner Wirtschaft zeige erfreuliche Anzeichen des Aufschwungs, hiess es dort. Doch für alle war klar: Ein zweiter Lockdown hätte dramatische Folgen.

Urs Mathys
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(Fast) ohne Publikumskulisse, dafür live gestreamt: Forum im Hotel Weissenstein.

(Fast) ohne Publikumskulisse, dafür live gestreamt: Forum im Hotel Weissenstein.

zvg

Die Corona-Krise prüft die Robustheit der Solothurner Wirtschaft massiv. Und dem Virus geschuldet ist auch die Tatsache, dass das zweite «Weissenstein-Forum» von Solothurner Handelskammer (SOHK) und UBS «nur» vor einem virtuell, per Livestream anwesenden Publikum über die Bühne ging. «Wie fasst die Wirtschaft wieder Tritt?» war die zentrale Frage.

SOHK-Präsident Hansjörg Stöckli und Direktor Daniel Probst verglichen in ihrer Begrüssung die Solothurner Wirtschaft zwar mit einem «Haus, das nach dem Erdbeben noch steht». Aber sie konnten gestützt auf die neuste Umfrage in Industrie und Gewerbe doch von einem vorsichtigen Optimismus sprechen.

(Noch) keine Maskenpflicht in Geschäften

Eine Einschätzung, die auch Volkswirtschaftsdirektorin Brigit Wyss zuversichtlich stimmt, wie sie gegenüber Moderator Rolf Schmid erklärte. Allerdings, so Wyss, werde wegen Corona insbesondere der Anstieg der Zahl der Stellensuchenden zu einer grossen Herausforderung.

Für den Regierungsrat sei die Einführung der Maskenpflicht in Läden (noch) kein Thema, erklärte Frau Landammann Brigit Wyss:

Es braucht eine weitere Eskalationsstufe, bis strengere Massnahmen verhängt werden.

Und: «Ein zweiter Lockdown ist für die Regierung keine Option». Als positive Erfahrung in der Krise bezeichnete sie das gewachsene Bewusstsein gegenseitiger Abhängigkeiten.
In der Krise schritten die Staaten zu massiven Stützungs- und Fiskalmassnahmen für die Wirtschaft – auch die Schweiz.

Diese rasche und unbürokratische Hilfe – etwa mit den staatlich verbürgten Covid-Krediten – wurde von den Teilnehmenden eines Panels durchaus positiv und als hilfreich gewürdigt. «Man musste das machen, um eine drohende Massenarbeitslosigkeit zu verhindern», erklärte etwa UBS-Chefökonom Daniel Kalt. Er wies allerdings darauf hin, dass mit den Krediten «auch Firmen über Wasser gehalten wurden, die möglicherweise keine Zukunft haben werden».

Es werde deshalb noch eine «weitere Strukturbereinigung geben und wohl auch etwas mehr Arbeitslose», blickte Kalt in die Zukunft. Klar sei aber, dass die staatlichen Aktivitäten nun wieder abgebaut werden müssten. Schon gar nicht sei ein Konjunkturprogramm des Bundes nötig.

Das «süsse Gift des Etatismus»

Peter Grünefelder, Direktor der Wirtschafts-nahen Denkfabrik Avenir Suisse, sprach im Zusammenhang mit den Hilfsmassnahmen gar vom «süssen Gift des Etatismus, das sich ausgebreitet hat». Das habe bis zu Eingriffen in die Eigentumsrechte geführt. Nun müsse «der Staat wieder zurückgefahren» werden, das Unternehmertum solle wieder Platz greifen und liberale Werthaltungen wieder zum Zuge kommen, forderte Grünenfelder. Schliesslich sei es «die Wirtschaft, die Arbeitsplätze schafft und Steuern bezahlt.»

Mit Grünenfelder und Kalt unterstrichen auch die beiden weiteren Panel-Teilnehmenden – Anita Stebler und Simon Michel –, dass ein zweiter Lockdown unbedingt verhindert werden müsse. Und welche Lehren ziehen sie aus der Krise?

Laut Simon Michel, CEO Ypsomed AG (Solothurn/Burgdorf) hat die Krise deutlich gemacht, dass die Zulieferketten mit grösseren Lagern und alternativen Lieferanten besser gesichert werden müssen. Ebenso seien «grössere Liquiditätspolster nötig, um etwa auch eine sechsmonatige Durststrecke überstehen zu können». Jüngst hat Ypsomed gemäss Michel ein eigenes Software-Center in Barcelona gegründet, um dem Fachkräftemangel aktiv zu begegnen. Gleichzeitig sei die Geschäftsreisetätigkeit praktisch zum Erliegen gekommen, erklärte Michel: «Wir haben gemerkt, dass es auch auf dem virtuellen Weg geht.»

Mit der Digitalisierung ernst machen

Anita Stebler, Geschäftsleiterin der Oensinger Metallbaufirma Stebler, erklärte, dass sich die bereits früher eingeleiteten Schritt zur Internationalisierung und Digitalisierung bewährt habe. Sie bezeichnete Corona als «Wake-up-Call», mit der Digitalisierung ernst zu machen. Ihre Firma wolle stark und innovativ bleiben und strebe deshalb einen Zukauf im wichtigen Bereich Software an.

Der zaghafte Aufschwung sei nicht zuletzt von der weltweiten Entwicklung abhängig, unterstrich Peter Grünenfelder. Aber: «Was die globale Zusammenarbeit betrifft, stimmt mich die wachsende Re-Nationalisierung pessimistisch.» Auch ohne diese explizit beim Namen zu nennen, bezeichnete Grünenfelder die Begrenzungsinitiative der SVP als Beispiel für nachteilige Abschottungsbestrebungen und auch Daniel Kalt warnte vor den negativen Auswirkungen «populistischer Tendenzen».

Das Forum ist nachzusehen unter www.ubs.com/weissenstein-forum