Staatsfinanzen
Neue Berechnungsgrundlagen für die Solothurner Defizitbremse

Solothurn kennt seit 2013 das Instrument der Defizitbremse, das zu Sparmassnahmen zwingt, wenn die Staatsfinanzen aus dem Ruder laufen. Die Voraussetzungen, wann sie gezogen werden muss, sollen neu geregelt werden.

Urs Moser
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Das Gesetz verlangt von Regierung und Parlament, die Defizit-Notbremse zu ziehen.

Das Gesetz verlangt von Regierung und Parlament, die Defizit-Notbremse zu ziehen.

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Der Regierungsrat schlägt technische Anpassungen für die Defizitbremse vor, die als Nebeneffekt auch etwas mehr finanzpolitischen Spielraum lassen würden.

Defizitbremse: Der Begriff hängt wie ein Damoklesschwert über jeder Debatte, ob und in welchem Umfang sich der Kanton Steuererleichterungen für seine Bürger und damit den Ausfall von Einnahmen leisten kann. Er benennt das Konstrukt, dass es dem Kantonsrat im Prinzip gesetzlich verbietet, eine Defizitwirtschaft zu tolerieren. Das heisst: Das Parlament darf nur «ausnahmsweise» einen Voranschlag beschliessen, der mit einem Aufwandüberschuss rechnet. Und daraus resultierende Verluste sind dann ab einer bestimmten Grenze innert vier Jahren wieder auszugleichen.

Das geht einerseits kaum ohne Sparprogramm mit einschneidenden Beschränkungen im staatlichen Leistungsangebot. Anderseits würde selbst ein solches Programm ohne gleichzeitige Massnahmen auf der Einnahmenseite wahrscheinlich nicht in der gesetzlich gebotenen Frist zu Verbesserungen im geforderten Umfang führen. Will heissen: Durch die Defizitbremse gezwungen, müssten wohl auch neue Einnahmen beschlossen werden, Entlastungen durch Anpassungen in der Tarifstruktur würden zumindest zum Teil über einen höheren Steuersatz wieder aufgefressen. Das wird der springende Punkt in der Diskussion um die Steuersenkungsinitiative «Jetz si mir draa» und den Gegenvorschlag sein, den ihr der Kantonsrat gegenüberstellen will: Was liegt drin, ohne damit die Defizitbremse auszulösen?

Gleiches Prinzip, aber neue Berechnungsgrundlagen

Nun schickt der Regierungsrat eine Gesetzesanpassung in die Vernehmlassung, mit der neu definiert werden soll, wann denn nun ein «Verlustvortrag» vorliegt, der nach den Bestimmungen über die Defizitbremse innert vier Jahren abgetragen werden muss. Anlass dazu sind etwa das neue Rechnungslegungsmodell HRM2 (das den Saldo der Strassenrechnung im Eigenkapital und nicht mehr ausserhalb der Bilanz ausweist und die Strassen als Teil des Verwaltungsvermögens bilanziert) und die Abschaffung von Spezialfinanzierungen. Der Begriff «Verlustvortrag» kommt dabei übrigens nicht mehr vor.

Der Grundgedanke bleibt bestehen: Weist die Bilanz einen Fehlbetrag auf, greift die Defizitbremse und der negative Saldo muss innert vier Jahren ausgeglichen werden. Präzisiert werden nun aber die Grundlagen zur Berechnung des für die Defizitbremse massgebenden Kapitals. Die Formel heisst: Aktiven gemäss Bilanz abzüglich Fremdkapital gemäss Bilanz abzüglich Spezialfinanzierungen im Eigenkapital zuzüglich verbleibende Verpflichtung aus der Ausfinanzierung der kantonalen Pensionskasse. Im Rechnungsabschluss 2019 wäre so ein für die Defizitbremse massgebliches Kapital von 593 statt 537 Millionen ausgewiesen worden.

Ein etwas dickeres Polster käme gelegen

Ganz unerheblich ist das um 56 Millionen Franken dickere Polster bis zur Auslösung der Defizitbremse nicht. Der Regierungsrat hat die kritische Grenze für das Auslösen von Gegenmassnahmen, sprich einem Sparprogramm, bei einem Absinken des für die Defizitbremse massgeblichen Kapitals auf 100 Millionen angesetzt. Und nach dem aktuellen Finanzplan würde diese Grenze ohne Gegenmassnahmen schon bald unterschritten.

Der Rechnungsabschluss 2020 und der neue Finanzplan werden heute Donnerstag präsentiert. Man darf zwar davon ausgehen, dass Finanzdirektor Roland Heim vor allem wegen der höheren Gewinnausschüttung der Nationalbank noch einmal einen schönen Überschuss, damit ein höheres Eigenkapital und auch einen etwas weniger düsteren Ausblick als noch im vergangenen September wird vorlegen können. Aber ein etwas dickeres Polster könnte sicher nicht schaden.