Erstmals duellierten sich die Regierungsratskandidatinnen Marianne Meister (FDP) und Brigit Wyss (Grüne). Trotz unterschiedlicher Meinung zur Unternehmenssteuerreform teilen sie eine gewisse Kritik an der Regierung.
Sie war ganz alleine. Aber davon liess sich Marianne Meister nicht beeindrucken. Am Montagabend warb die FDP-Regierungsratskandidatin vor einem Saal Grüner Parteimitglieder energisch für die Unternehmenssteuerreform III. Am Ende holte Meister bei den Grünen zwar keine einzige Stimme.
Sie dürfte trotzdem gepunktet haben: Meister, die von ihren Gegnern oft als rechtsfreisinnige Gewerbevertreterin verortet wird, überraschte im Duell mit der Grünen Regierungsratskandidatin Brigit Wyss: Sie zeigte weiche Seiten und schien plötzlich mit ungewohnt gelassener Distanz auf «ihr» eigenes politisches Lager rechts der Mitte zu blicken: Die FDP-Frau schien streckenweise schon fast zu bedauern, dass mit dem rechtsbürgerlichen Parlament in Bern «eine andere Lösung nicht möglich ist.»
Schliesslich warb die Gewerbeverbandspräsidentin schon fast für ihre Konkurrentin Wyss: «Ich gratuliere euch zur Wahl von Brigit Wyss als Regierungsratskandidatin. Wir Frauen müssen zusammenhalten», so Meister. Ob dieser Kurs allen Freisinnigen gefallen würde?
Mit dem Duell Meister - Wyss feierten die Grünen am Montag in der Solothurner Jugendherberge quasi Wahlauftakt. Erstmals trafen die beiden Kandidatinnen aufeinander. In der Sache waren sie klar anderer Meinung. Streiten aber wollten sie trotzdem nicht. Auch Wyss erwiderte Komplimente und schwärmte – in klassisch-solothurnischer Politdoktrin, niemandem wehtun zu wollen – von ihrem Auftritt vor den FDPDelegierten, wo sie – vergeblich – für den Atomausstieg geworben habe.
Ob man mit der Vorlage zur Unternehmenssteuerreform nicht zu hoch gepokert habe, wollte Moderator Daniel Urech, Grünen-Kantonsrat aus Dornach, wissen. «Das ist möglich», sagte Meister. Ihr Credo aber war: Es gibt keinen Plan B. «Es geht um viel mehr als Steuereinbussen für Gemeinden. Es geht um die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz», so Meister. Die betroffenen Firmen würden viel zum Forschungsplatz Schweiz beitragen. Und es gehe um 5000 Arbeitsplätze allein im Kanton. «Brigit. In den Grundzügen haben wir die gleiche Haltung. Wir wollen, dass es allen gut geht», so Meister zu Wyss.
«Beim grundsätzlichen Handlungsbedarf sind wir uns einig», erwiderte Wyss. Sie sage trotzdem aus Überzeugung Nein zur Vorlage. «Wir wollen Firmen behalten», so Wyss. «Aber wenn der Steuerwettbewerb so angeheizt wird wie hier, fehlen uns Einnahmen für die Bildung und die Infrastruktur.»
Wyss zeigte sich überzeugt, dass die natürlichen Personen mehr zahlen werden. Meister pflichtete Wyss in zwei Punkten bei: Auch sie wolle weder bei den natürlichen Personen die Steuern erhöhen noch bei der Bildung sparen. Während sich Wyss überzeugt zeigte, dass bei einem Nein bald eine bessere Lösung auf dem Tisch stehe, glaubte Meister dies nicht. Das sei mit «diesem Parlament» in Bern nicht möglich.
Wyss betonte: Was die Schweiz bisher mit den Steuerprivilegien für Holding-Gesellschaften gemacht habe, sei nicht korrekt. «Wir wollen kein Dumpingstaat mehr sein. Aber jetzt werden Privilegien nicht abgeschafft, sondern ersetzt.» Auch Marianne Meister sah international einen «ganz ‹gruusigen› Kampf um Steuergelder» im Gange. Sie zog aber ganz andere Konsequenzen daraus: «Wir als kleine Schweiz können da nicht nicht mitmachen.»
Dann ging es auch konkret um den Kanton: Sowohl Meister als auch Wyss bezeichneten es als Fehler, dass die Gemeinden bisher nicht besser einbezogen worden seien. Konkrete Kritik übte Meister an der Solothurner Kantonsregierung, in die sie im März einziehen will. «Eine Standort- und Wirtschaftsstrategie fehlte bisher.»
Sie wolle die Regierung nicht kritisieren, fuhr Meister fort. «Aber es gibt kommunikative Fehler.» Es sei schlicht «nicht bis ans Ende gedacht», einerseits den schweizweit tiefen Gewinnsteuersatz von 12,9 Prozent für den Kanton zu propagieren, aber andererseits nicht zu erklären, wie man die Steuerausfälle kompensieren wolle. Denn es gebe Lösungen für die Gemeinden: «Die Papiere bestehen. Ich durfte reinschauen. Man sollte sie kommunizieren.»
Meister betonte, dass es im Kanton eine «ausgewogene Lösung» brauche. Die 12,9 Prozent bezeichnete sie als einen «guten Ansatz, um wettbewerbsfähig» zu bleiben. «Die Regierung hat die 12,9 Prozent als Strategie auf den Tisch gelegt. Wo wir uns treffen, entscheidet dann die politische Diskussion.» Und dann folgte wiederum ein Umwerben der Grünen Kandidatin Wyss: «Ich würde das gerne mit dir gemeinsam lösen.» Dabei, so Meister, biete auch die Wirtschaft Hand: Diese sei bereit, 20 Mio. Fr. für Ausgleichsmassnahmen zu bezahlen. Der Kanton fordere derzeit noch 30 Mio. Fr.
Trotzdem wenig Begeisterung zeigte Iris Schelbert. «Olten steht finanziell am Abgrund. Und jetzt machen wir einen grossen Schritt vorwärts», hielt die Grüne Oltner Stadträtin lakonisch fest. Schelbert sprach von schlaflosen Nächten ihres Finanzverwalters und bis zu 11 Mio. Franken Steuerausfällen für die Drei-Tannen-Stadt. Noch nie habe sie bei einer politischen Vorlage so sehr die Katze im Sack kaufen müssen. Marianne Meister konterte: Aus gut unterrichteten Quellen wisse sie, dass die Ausfälle in Olten bis zu 5 Mio. Franken betrügen und nicht 11 Mio. «Dann hast du den Finanzdirektor gefragt und nicht den Finanzverwalter, der weiss, wie es geht», blieb Schelbert lakonisch.