2018 vergewaltigte ein junger Mann eine 17-Jährige. Er wurde nun zu einem Jahr Gefängnis unbedingt verurteilt. Das Amtsgericht Olten-Gösgen schloss eine höhere Strafe aus, weil die Vergewaltigung gemäss Richter nur kurz gedauert habe.
In einer Februarnacht 2018, in einem Stuttgarter Hotelzimmer, kommt es zwischen dem 24-jährigen Bekir* und der 17-jährigen Anthea* zum Geschlechtsverkehr. Alles sei «normal» verlaufen, der Sex einvernehmlich passiert, sagt er. Sie aber wirft ihm Vergewaltigung vor. Er habe ihre Handgelenke fest umklammert, sie auf das Bett gedrückt und ihre Hose runtergezogen. Dann sei er gegen ihren Willen ungeschützt in sie eingedrungen. Anlässlich der Hauptverhandlung Ende Oktober forderte die Staatsanwaltschaft deshalb drei Jahre Gefängnis und einen Landesverweis von zehn Jahren; die Verteidigung plädierte auf Freispruch.
Nun hat das Amtsgericht Olten-Gösgen Bekir schuldig gesprochen und ihn zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 28 Monaten verurteilt; zwölf Monate muss er hinter Gitter, auf den Rest steht eine Probezeit von drei Jahren. Darüber hinaus sieht sich der heute 27-jährige Türke mit einem Landesverweis von sieben Jahren sowie der Zahlung einer Genugtuung und der Übernahme der Verfahrenskosten konfrontiert.
Insgesamt schätzt das Gericht die Aussagen des Opfers als glaubhaft ein, während es jene des Beschuldigten als «lückenhaft und oberflächlich» einstuft, zumindest wenn es um das Kerngeschehen geht. In der zentralen Frage, ob der Sex einvernehmlich geschehen sei oder nicht, äusserte sich Amtsgerichtspräsident Valentin Walter an der mündlichen Urteilseröffnung klar: «Für uns besteht kein Zweifel, dass es tatsächlich zu einer Vergewaltigung der Geschädigten gekommen ist.» Das Opfer habe konstante Aussagen gemacht und das Geschehen immer gleich geschildert, während gewisse Formulierungen des Beschuldigten den Schluss zuliessen, dass in der Nacht etwas Gravierendes passiert sein musste.
Als einziges objektives Beweismittel betrachtet das Amtsgericht einen in der Tatnacht vom Opfer gemachten Handy-Screenshot vom Profil des Beschuldigten. Die Frau wollte so seine Handynummer sichern, falls Bekir seine Spuren hätte verwischen wollen. Nicht zuletzt wegen des Fotos befand das Gericht, dass die Dinge aus dem Ruder gelaufen sein mussten. «Warum hätte die Geschädigte einen Screenshot des Profils der Person, die sich im selben Zimmer befand, machen sollen?», fragte Walter rhetorisch.
Das Gesetz sieht für eine Vergewaltigung eine Freiheitsstrafe von ein bis zehn Jahren vor. Die 28 Monate sieht das Gericht in Bekirs Fall als «dem Verschulden angemessen». Verschiedene Überlegungen führten zu diesem Schluss: Etwa habe die Tat im Vergleich zu anderen Fällen nur kurz gedauert und sei mit dem Minimum an nötiger Gewalt begangen worden. «Es war eine relativ milde Vergewaltigung, wenn man das überhaupt so sagen kann», stellte der Amtsgerichtspräsident fest.
*Namen geändert