Nationalhelden
Ein Nashorn als Lastesel? Globi und Roger Federer geraten in die Tierschutz-Kritik

Im neusten Kinderbuch der berühmten Schweizer Zeichentrickfigur gibt es eine Geschichte, die bei Tierschützern nicht gut ankommt. Der Verlag verteidigt sich - und erhält prominente Rückendeckung.

Benjamin Weinmann
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Zwei Nationalhelden vereint: Die Zeichentrickfigur Globi und Tennis-Maestro Roger Federer.

Zwei Nationalhelden vereint: Die Zeichentrickfigur Globi und Tennis-Maestro Roger Federer.

20 Grand-Slam-Titel, Olympiagold, Davis-Cup-Sieg – Roger Federer hat viel erreicht in seiner langen Karriere als Tennisspieler. Doch das neue Globi-Buch, das vor wenigen Wochen erschienen ist, war auch für die ehemalige Nummer 1 eine Premiere. Denn in «Globi und Roger» gehen der Sportler und der sprechende Papagei gemeinsam auf Abenteuer. Ein Traum sei für ihn damit in Erfüllung gegangen, schreibt Federer im Vorwort. Denn Globi sei ein Held seiner Kindheit.

Doch eine Episode aus dem Kinderbuch sorgt nun für Kritik bei Tierschützern. Die Geschichte spielt sich auf Seite 71 ab. Globi und die Familie Federer sind nach Sambia gereist und nehmen am Flughafen Lusaka einen kleinen Bus: «Unterwegs in der Savanne, wünscht sich niemand eine Panne», heisst es neben den Zeichnungen. Doch genau das passiert. Der Motor des Gefährts fällt aus, das Auto bleibt stehen.

«Abgeschleppt mit Nashornkraft!»

Doch Globi und Anhang haben Glück. «Während die Erwachsenen klagen, über den defekten Wagen, sehn die Kinder es sofort: Schaut doch mal, ein Nashorn, dort!» Die Nashorndame Najma, die Globi aus Band 75 («Globi bei den Nashörnern») kennt, nähert sich der Pannen-Truppe. «Rogers Kinder und auch Mirka, nähern sich behutsam zirka, für Minuten später auch, streicheln sogar Najmas Bauch.»

Ausriss aus dem neuen Kinderbuch «Globi und Roger» - mit der Nashorn-Episode auf Seite 71.

Ausriss aus dem neuen Kinderbuch «Globi und Roger» - mit der Nashorn-Episode auf Seite 71.

Das Wildtier zeigt sich darauf grosszügig. Denn: «Für so grosse Nashornkühe, ist es keine grosse Mühe, einmal Lastesel zu sein. Najma springt hier gerne ein.» Im Bild wird dem lachenden Dickhäuter ein Seil über den Hals gespannt, mit dem es den Bus abschleppt – mit Globi auf dem Autodach und den Federer-Eltern auf den Rücksitzen, ihre vier Kinder auf Najmas Rücken. «Seht, sie haben es geschafft, abgeschleppt mit Nashornkraft!»

Geschichte vermittelt Kindern ein falsches Bild

Bettina Ebner von der Stiftung Pro Tier ist über diese Darstellung nicht erfreut. «Weder Nashörner noch andere Wildtiere sind dazu da, dem Menschen in irgendeiner Form zu dienen.» Wie es der Name schon sagt, gehörten sie in die Wildnis. «Sie sollen und können nicht vom Menschen domestiziert werden.» Aus Tierschutz-Sicht vermittle diese Episode im Buch den Kindern ein falsches Bild.

Ebner sagt, schöner wäre es, wenn sich Globi bei seinen Abenteuern für den Schutz der immer seltener werdenden Wildtiere einsetzen würde. Denn diese bräuchten den Schutz des Menschen. «Sie sollen nicht für unsere Zwecke ausgebeutet werden, weder für ihr Horn, noch als Schlepptier.»

Umstrittener Einsatz von Elefanten als Lasttiere

Heinz Lienhard, Präsident des Schweizer Tierschutzes, glaubt zwar nicht, dass Kinder durch solche Geschichten stark geprägt würden. «Trotzdem finde ich es ein Armutszeugnis, wenn den Machern des Globi-Buches nichts Gescheiteres und Kindergerechteres eingefallen ist, als die Idee des Nashorns als Lastesel.» Erstens sei es gar nicht möglich sei, ein Nashorn dazu abzurichten. Und zweitens sei diese Art der «Domestizierung» wie zum Beispiel von Elefanten als Lasttiere in Thailand aus Sicht des Tierschutzes umstritten.

Eine Sprecherin des Orell-Füssli-Verlags verteidigt die Geschichte. Die Nashorndame Najma sei mit Globi befreundet und helfe der Reisegruppe aus der Patsche. «Sie wird weder missbraucht noch sonst wie gezwungen, das zu tun.» Roger Federer habe gewisse autobiografische Episoden zum Buch beigesteuert. «Diese gehört nicht dazu.» Zudem verweist die Sprecherin auf Bücher, in denen Globi Tieren hilft, wie «Globi und Panda reisen um die Welt», «Globi und der Polarforscher» oder «Globis Zoo».

WWF verteidigt die Nashorn-Episode

Rückendeckung gibt es zudem vom WWF Schweiz: «Wir sind der Meinung, dass man sich in einem Kinderbuch so viel Freiheit nehmen darf. Auch Globi ist ja ein Papagei, der sich im Buch wie ein Mensch benimmt.» Kenntnis von einem Land, in dem Nashörner als Schlepptiere eingesetzt werden, habe man keine.

Seiner grossen und anhaltenden Beliebtheit zum Trotz: Globi hat wie viele andere, langlebige Cartoon-Figuren keine unproblematische Vergangenheit. Im Buch «Freund Globi im Urwald» aus dem Jahr 1950 reist die Figur ins koloniale Afrika und spaziert mit einem Affen und einem Ureinwohner durch den Dschungel: «Und auch hier im Urwaldleben, wird das Jungvolk mich umgeben, alle lieben Negerlein, sollen mir willkommen sein», lautete der Vers dazu.

Plakat aus Globis Anfangszeiten, als er als Werbefigur des Warenhauses Globus agierte.

Plakat aus Globis Anfangszeiten, als er als Werbefigur des Warenhauses Globus agierte.

Schweizerisches Nationalmuseum /

Damals war der Charakter des blauen Vogels noch ein anderer. Globi war ein Spitzbube, der sich fragwürdige Spässe erlaubte und dabei zuweilen auch Tiere quälte. Heute ist er vor allem ein guter Verkäufer des Orell-Füssli-Verlags. Pro neuer Ausgabe gehen rund 25'000 Bücher über den Tisch. Ebenfalls im Sortiment: Globi-Glacé, Globi-Uhren, Globi-Sachbücher und in Adelboden BE hat Globi sogar eine eigene Luftseilbahn. Zur Welt kam Globi 1932, als ihn Zeichner Robert Lips im Auftrag des Warenhauses Globus als Werbefigur kreierte.