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Gemäss einer Schätzung der Fachhochschule Nordwestschweiz müssen ab Montag 2,4 Millionen Erwerbstätige von zu Hause aus arbeiten. Arbeitsrechtlerin Leena Kriegers-Tejura beantwortet die drängendsten Fragen.
Gemäss der neuen Covid-19-Verordnung ist Homeoffice eine Pflicht, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind. Erstens muss Homeoffice aufgrund der Art der Aktivität möglich sein. Sehr pauschal ausgedrückt geht es um Büroarbeit. Wenn die Tätigkeit an Maschinen oder Menschen erfolgt, ist Homeoffice natürlich nicht möglich. Zweitens muss die Umsetzung des Homeoffice für den Arbeitgeber mit einem verhältnismässigen Aufwand verbunden sein.
Die vage Formulierung lässt in der Tat gewissen Spielraum offen. Wenn ein Arbeitgeber die ganze IT-Infrastruktur zügeln müsste, ist das wohl nicht mehr verhältnismässig. Wenn die Arbeit zum Beispiel nur möglich ist mit Zugriff auf Server und diese Installationen nicht vorhanden sind, muss auch geprüft werden, ob dies so rasch überhaupt realisierbar ist und mit welchen Kosten zu rechnen wäre. Aber das ist eben eine Frage der Definition. Das Problem ist, dass die Verordnung brandneu ist, und die praktischen Fragen, die sich daraus stellen, noch nicht alle restlos geklärt sind. Gerichtspraxis gibt es selbstredend noch keine dazu. Wichtig ist deshalb, dass Arbeitnehmer und Unternehmer gesunden Menschenverstand walten lassen.
Braucht es für die Tätigkeit beispielsweise verschiedene Bildschirme, könnte es gemäss Aussagen des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) unverhältnismässig sein, die ganze IT-Infrastruktur nach Hause zu zügeln. Kann die Arbeit also ohne verhältnismässig grossen Aufwand nicht zu Hause ausgeführt werden, bleibt es bei der Arbeit im Büro. Dann steht aber wiederum der Arbeitgeber in der Pflicht, dass die Schutzmassnahmen vor Ort greifen. Neu gilt zum Schutz von Arbeitnehmenden in Innenräumen überall dort eine Maskenpflicht, wo sich mehr als nur eine Person in einem Raum aufhält. Ein grosser Abstand zwischen Arbeitsplätzen im gleichen Raum genügt nicht mehr.
In normalen Zeiten regeln der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, ob die Firma etwa einen Teil der Strom- oder Mietkosten übernimmt, wenn Homeoffice verrichtet wird. Diese Auslagenentschädigungen hat der Bund in der Verordnung ausgeschlossen, weil die Homeofficepflicht nur begrenzt gilt, vorerst bis Ende Februar 2021.
Der Bund nennt in seinen Erläuterungen ausdrücklich Strom und Miete, die ohnehin anfallen, die nicht bezahlt werden müssen. Effektive Auslagen, die eigens wegen Homeoffice zu Hause anfallen, wie z.B. Papier und Druckerpatronen, spricht die Verordnung nicht an. Wenn der Arbeitnehmer extra Papier kaufen muss, tätigt er eine effektive Auslage und kann das Geld meines Erachtens vom Arbeitgeber zurückfordern. Würde der Arbeitnehmer im Büro arbeiten, müsste er diese Kosten ja auch nicht bezahlen. Auch hier gilt: Es braucht gesunden Menschenverstand.
Wenn bereits eine Homeofficevereinbarung besteht, welche die Kostenfrage regelt, gilt diese weiterhin.
Gemäss der aktuellen Rechtslage gilt tatsächlich wo immer möglich eine Homeofficepflicht. Das heisst, der Arbeitgeber darf den Arbeitnehmer nicht ins Büro zitieren, nur weil ein Einzelbüro vorhanden ist. Präsenz im Büro ist dort erlaubt, wo Homeoffice nicht umsetzbar ist.
Wenn die Arbeit zu Hause nicht verrichtet werden kann, z.B. aufgrund der Wohn- oder Familiensituation, mag dies ein Grund dafür sein, dass Homeoffice in diesem konkreten Fall nicht umsetzbar ist. Wenn der Arbeitnehmer unter diesen Umständen bereit ist, ins Büro zu gehen, und der Arbeitgeber alle Schutzmassnahmen trifft, sollte das meines Erachtens möglich sein. Die Idee dieser Massnahme ist, dass möglichst viele Leute sich nicht mehr gross bewegen und den ÖV nicht nutzen. Wenn noch vereinzelte Personen mit einer guten Begründung doch noch ins Büro gehen, müsste das akzeptiert werden können.
Will der Arbeitnehmer ohne vernünftigen Grund unbedingt ins Büro, scheint mir das aufgrund der epidemiologischen Lage eher nicht akzeptabel.
Die Arbeitnehmer sollen das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen und ihm erklären, dass er die Covid-19-Verordnung des Bundes verletze.
Darauf gibt es keine generelle Antwort. Die Frage ist, was der Arbeitgeber macht, wenn sich ein Arbeitnehmer weigert, ins Büro zu gehen. Je nachdem, wie der Arbeitgeber reagiert, müssen die nächsten Schritte geprüft werden.
Sie haben Anrecht auf Homeoffice oder einen gleichwertigen Schutz am Arbeitsplatz. Ist dies nicht möglich, müssen sie beurlaubt werden. Sie erhalten aber weiterhin den vollen Lohn; dafür gibt es den Corona-Erwerbsersatz.
Ich würde diese Frage verneinen. Falls eine Instruktion notwendig ist, soll diese wenn immer möglich online erfolgen.
Zwar kann man zu Hause nicht stempeln, die Arbeitszeit ist dennoch zu erfassen.
Nein, das wäre zu viel verlangt und ist wohl bei Präsenz im Büro auch nicht so. Der Arbeitgeber darf den Arbeitnehmer nicht überwachen. Möglich ist aber, dass fixe Zeiten abgemacht werden, wo der Arbeitnehmer erreichbar sein muss.
Ja, das Arbeitsgesetz mit den Arbeits- und Ruhezeiten gilt auch im Homeoffice. So darf man auch nicht nachts oder am Sonntag arbeiten.
Ja, solange die Kontrolle nicht schikanös ist. Es geht darum, den Kontakt mit dem Arbeitnehmer aufrechtzuerhalten und letztlich auch die Aufträge zu verwalten. Im Büro darf der Arbeitgeber schliesslich auch fragen, mit welchen Arbeiten der Arbeitnehmer beschäftigt ist und wie weit diese fortgeschritten sind.
Der Datenschutz und die Geheimhaltungsregeln gelten auch im Homeoffice. Vertrauliche Dokumente darf man nicht etwa auf dem Küchentisch liegen lassen oder vertrauliche Telefongespräche im Garten führen (was zum jetzigen Zeitpunkt wohl kaum der Fall sein wird...).